Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 29.1986

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Lefèvre, Eckard: Horst Holtermann †
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35877#0007

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Horst Hottermann t

Am 2. Juli 1985 ist OStD Dr. Horst Holtermann, Leiter des Kaiser-Wilhelm-Gymnasi-
ums in Hannover, wenige Tage nach der Vollendung seines 60. Geburtstages gestor-
ben. Holtermanns Werdegang, seine herausragenden Leistungen als Lehrer, Schullei-
ter und Kollege, vor allem aber seine eindrucksvolle Persönlichkeit sind von Ulrich Ju-
stus bereits in Heft 3/1985 dieser Zeitschrift gewürdigt worden. Nachtragen darf der
Schreiber dieser Zeilen, daß er in den Jahren 1953-1956 den jungen Assessor Holter-
mann im griechischen Oberstufenunterricht am KWG erleben konnte. Dieser hatte,
wie ein Klassentreffen 1981 lehrte, nicht nur die drei Altphilologen in ihrem Lebens-
weg, sondern auch die anderen ehemaligen Schüler nachhaltig geprägt. In einer denk-
würdigen Ansprache an die "Silberabiturienten« sagte Holtermann am 16. Mai 1981:
"Das Streben nach Glück in der Wahrheitssuche ist ein Grundrecht für jedermann,
weil es naturnotwendig ist. Dem einen, dem Erwachsenen, verbriefen wir es, sofern er
es sich durch Arbeit verdient hat, dem anderen, dem Abiturienten, geben wir es auf
Kredit, in der Hoffnung, daß er mit diesem Pfunde wuchern wird. Sie waren 1956 die
Abiturienten des KWG und erhielten damals den Kredit. Wie ich sehe, haben Sie mit
Ihrem Pfunde gewuchert.« Wenn der letzte Satz zutrifft, so war das entscheidend Hol-
termanns Verdienst.
An dieser Stelle ist vor allem an Holtermanns Arbeit im Vorstand des Deutschen Alt-
philologenverbandes zu erinnern. Nachdem er schon lange Jahre den Landesverband
Niedersachsen geführt hatte, wurde er 1973-1977 Beisitzer im Gesamtvorstand. 1977
unterlag er knapp bei der Wahl zum Vorsitzenden und wurde Stellvertretender Vorsit-
zender bis 1981. Dann zog er sich bis 1985 auf den Beisitz zurück, nachdem er mehr-
fach eine Kandidatur für den Vorsitz abgelehnt hatte. 1984 gelang es der Findungs-
kommission, Holtermann dazu zu bewegen, 1985 für den Vorsitz zur Verfügung zu
stehen. Er freute sich auf dieses Amt — zu Recht, kam ihm doch keiner an Tatkraft, Ent-
scheidungsfreudigkeit und Organisationstalent gleich. Dann traf ihn, ein Jahr vor sei-
nem Tod, die schwere Krankheit. Am 17. Juli 1984 teilte er dem Vorstand mit: "Das
Folgende zu schreiben wird mir schwer: Mein Einverständnis mit einer Kandidatur ...
muß ich leider endgültig zurückziehen.« Er war bereit, Beisitzer zu bleiben, konnte
aber nicht einmal mehr zu der Wahl nach Fulda kommen. Die bedrückte Vertreterver-
sammlung wählte ihn am 2. Februar 1985 im Bewußtsein, daß er sein Amt nicht werde
ausüben können.
12 Jahre hat Holtermann dem Vorstand angehört. 1978 übernahm er die Betreuung
der Fragen des Latinum, woraus sich die arbeitsreiche Kommission "Graecum/Latinum«
entwickelte, die er bis zu seinem Tod leitete. Zahlreiche Stellungnahmen des DAV tra-
gen seine Handschrift. Keine Sitzung, an der er teilnahm, wurde nicht durch seine
energischen und oft unkonventionellen Beiträge entscheidend gefördert (und ver-
kürzt!). Seine scharfe Urteilskraft und die jederzeit erstaunliche Präsenz seines Wis-
sens konnten seine Freunde ebenso bewundern, wie sie seine (bildungspolitischen)
Gegner zu fürchten hatten. Probleme, bei denen sich die meisten in mühseligen Dis-
kussionen abquälten, entschied er blitzschnell mit wenigen Argumenten nach der an-
genehmen wie nach der unangenehmen Seite. Er war zugleich Idealist und Realist.
Wo er es sein mußte, war er hart; wo er es sein konnte, war er herzlich. Wer ihn kann-
te, wird ihn nicht vergessen.
Für den Vorstand: EcxARD LEFEVRE

1
 
Annotationen