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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 29.1986

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Nr. 4
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Aufsätze
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Jöhrens, Otto: Noch einmal: Adverbial und adverbal
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https://doi.org/10.11588/diglit.35877#0115

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Noch einma!: Adverbia) und adverba!

Aus verschiedenen Gründen bin ich erst jetzt - sehr verspätet - dazu gekommen, das
Mitteiiungsblatt 2/85 zu lesen, in dem Dr. Raimund Pfister auf S. 44 f. meinen Aufsatz
über Attribute in Heft 1/85 besprochen hat. Seine Annahme (S. 46, Anm. 2), ich hätte
etwas Falsches gesagt oder es läge ein Druckfehler vor, wenn ich behaupte, daß in der
4. Aufl. der Duden-Grammatik der Begriff,,adverbial" nicht mehr aufgeführt werde,
ist mir einfach unbegreiflich. Es handelt sich ja nicht darum, ob die Duden-Grammatik
mit dem Begriff ,,adverbial" irgendwo arbeitet, sondern darum, ob in der Duden-
Grammatik in der 4. Aufl. (1984) auf S. 765 im Verzeichnis der Fachausdrücke der Be-
griff ,,adverbial" erklärt wird, wie das noch in der 3. Aufl. (1973) geschehen ist. Das ist
in der Tat nicht der Fall; ich habe also nichts Falsches behauptet.
Pfister hat recht, wenn er fordert, die Begriffe adverbial und adverba! nicht gleichzu-
setzen. Ein Akkusativ-Objekt ist zwar ein adverbaler Kasus, aber kein adverbialer (kein
Adverbialakkusativ). Andererseits ist aber eine adverbiale Bestimmung auch eine ad-
verbale (zum Verb hinzutretend, zu ihm gehörig, von ihm syntaktisch abhängig), was
man in manchen Fällen bei Unklarheit der Begriffe ausdrücklich betonen muß. ,,Ad-
verba!" ist der weitere Begriff, ,,adverbial" der engere; eine adverbiale Struktur ist ein
besonderer Fall von adverbaler Struktur.
Pfister verweist (S. 44) für meine Gegenüberstellung von memoria eorum facinorum /
facinorum eorum (Erinnerung an diese Taten / ihre Taten) auf die Voranstellung des
substantivischen eorum bei Caesar BG I 16,6 (eorum precibus). Ich habe nie behaup-
tet, daß die Voranstellung substantivischer Attribute im Lateinischen ungewöhnlich
sei. Im Gegenteil: solche Attribute stehen im Lateinischen häufiger vor ihrem Bezie-
hungswort als im Deutschen, und diese in der deutschen Alttagssprache seltene
Voransteiiung macht Schülern, wie die Praxis zeigt, erhebliche Schwierigkeiten. Pfi-
sters Hinweis auf Wendungen wie eorum precibus bei Caesar trägt aber m.E. zu dem
Problem nichts bei, denn das adjektivische Attribut müßte iis precibus lauten. Eine
Verwechslungsmögiichkeit von adjektivischem und substantivischem Gebrauch des
Pronomens liegt also gar nicht vor. Sogar bei zwei Genitiven, die nicht kongruieren, ist
die Voranstellung eines substantivischen eorum möglich, etwa in einer Wendung eo-
rum precum pertinacia (Hartnäckigkeit ihrer Bitten); ob aber bei Kongruenz im Genus
mit earum precum gemeint sein kann ,,ihrer (der Frauen) Bitten" - statt,,dieser Bitten"
-bezweifle ich. Theoretisch mag das in einem seltenen Fall bei ganz eindeutigem Kon-
text möglich sein. Aber wäre der Autor nicht ein schlechter Stilist? Im allgemeinen
steht das adjektivisch gebrauchte Pronomen is voran, als ea res (und nicht res ea).
Wenn in einer Wendung earum rerum (precum) das Attribut als substantivisch aufge-
faßt werden soll, so würde der Kodierer den Dekodierer arg aufs Glatteis führen.
Nachweise für solche wohl sehr seltene Fälle wären zu führen.
DR. Oiio JöHRENs, Hardenbergstraße 38, 6330 Wetzlar

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