tuation widmeten sich die Arbeitsprogramme, aus denen ich, ohne zu werten, als mir besonders
eindrücklich die kontrovers diskutierten Vorstellungen aus dem Arbeitskreis „Die Alten Sprachen
und der neue Schüler" empfand, nicht zuletzt deshalb, weil sich hier Vertreter der jungen Alt-
sprachlergeneration engagierten.
Als besonders verdienst- und in Richtung Öffentlichkeit wirkungsvoll erschienen mir zwei schon
durch ihre Referenten bemerkenswerte Vorträge. Der erste war derjenige von Marion Giebel „Wem
gehört die Antike? oder: Der Kampf extra muros", die schon durch ihre Person und durch ihre pu-
blizistische Tätigkeit mehr für die Weitergabe der Antike extra muros leistet, als es den meisten von
uns Lehrern vergönnt ist. In die gleiche grenzüberschreitende Richtung, aber diesmal aus unseren
eigenen Reihen kommend, zielte der Abschlußvortrag Albert von Schirndings, des bayerischen Leh-
rers, Schriftstellers und Publizisten, „Kam Odysseus nach Ithaka? 50 Jahre Erfahrung mit dem Hu-
manistischen Gymnasium". Ob Odysseus heute ans Ziel kommt, ob Latein die 2000 erreicht - von
Schirnding ließ es offen, aber die Reise selbst möchte er nicht missen.
Gemeinsames Kennzeichen all dieser eigens hervorgehobenen Veranstaltungen war dreierlei:
1. sie zielten erfolgreich auf das größere Publikum extra muros und durchbrachen mit zeitbezoge-
nen Mitteln das Pomerium unserer tradierten altsprachlichen Welt;
2. sie verzichteten konsequent auf eine fremdwortgespickte Fachsprache und erreichten somit
überhaupt erst das Ohr der Öffentlichkeit, die „Latein 2000" als Realität erhalten soll,
3. sie bedienten sich des wirkungsvollsten Mittels, um Gehör zu gewinnen und - vielleicht - Denk-
anstöße zu geben, nämlich des horazischen Humors „r/'denfem d/'cere verum", wobei zu hoffen ist,
daß das „verum" auch wirklich verstanden wird.
In der Grenzüberschreitung, die der DAV mit den zuletzt genannten Veranstaltungen vollzogen
hat, sehe ich einen richtigen Weg, der auch weiterhin und vielleicht immer bewußter beschritten
werden sollte.
Die schönste Königsidee, auf die der Vorsitzende Maier als auf seine ureigene mit Recht stolz sein
kann, war auch die letzte, die ganz am Ende des Kongresses verwirklicht wurde, „i/'/enf arma fr e.
rab;'esph//o/ogortvm? mferMusas" möchte man sie in Abwandlung des Gicerozitats überschreiben
Statt der frühere Kongresse abschließenden, oft kontroversen Podiumsdiskussion mit Prominenten
aus dem öffentlichen Leben, - die diesmal natürlich auch nicht ausfiel, aber schon am zweiten Tag
stattfand mit dem erfreulichen Ergebnis, daß Alt- und Neuphilologen keine Gegner sein müssen -,
statt dieses Abschlusses wurde ein musikalischer Leckerbissen erster Klasse angeboten: das Blä-
seroktett der berühmten Bamberger Symphoniker krönte mit seinem in virtuoser Eleganz vorgetra-
genen Klassik-Programm die viertägige Veranstaltung und entließ die Teilnehmer in der heiter-
zuversichtlichen Stimmung, die den ganzen Kongreß getragen hatte Maier gratias!
So darf man post festum hoffen, sich in zwei Jahren nicht nur dem Jahr 2000 um weitere zwei Jah-
re genähert zu haben, sondern auch mit den jetzt erprobten Mitteln das „Latein 2000" attraktiver
und in seinem Bestand sicherer zu sehen. Mögen wir uns dessen 1996 im Dresdener Barock, viel-
leicht in der Semperoper, erfreuen können!
„Ridentem dicere verum" könnte, auf die Bamberger Präsentation bezogen, nach meinem Eindruck
bedeuten: der Inhalt des „verum" ist das, was das Arbeitsprogramm als „die Schlüsselqualifikatio-
nen durch die Alten Sprachen" aufzuweisen versuchte, die zeitgemäße Form, dies zu tun, war in
Bamberg eine Darbietung, die neben allem Ernst und historischen Gewicht auch dem Humor, der
Leichtigkeit, der Neugier, der leisen Selbstironie, dem Heraustreten aus dem festgemauerten Elfen-
beinturm eine Gasse öffnete
GOTTFRIED KIEFNER, Tübingen
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eindrücklich die kontrovers diskutierten Vorstellungen aus dem Arbeitskreis „Die Alten Sprachen
und der neue Schüler" empfand, nicht zuletzt deshalb, weil sich hier Vertreter der jungen Alt-
sprachlergeneration engagierten.
Als besonders verdienst- und in Richtung Öffentlichkeit wirkungsvoll erschienen mir zwei schon
durch ihre Referenten bemerkenswerte Vorträge. Der erste war derjenige von Marion Giebel „Wem
gehört die Antike? oder: Der Kampf extra muros", die schon durch ihre Person und durch ihre pu-
blizistische Tätigkeit mehr für die Weitergabe der Antike extra muros leistet, als es den meisten von
uns Lehrern vergönnt ist. In die gleiche grenzüberschreitende Richtung, aber diesmal aus unseren
eigenen Reihen kommend, zielte der Abschlußvortrag Albert von Schirndings, des bayerischen Leh-
rers, Schriftstellers und Publizisten, „Kam Odysseus nach Ithaka? 50 Jahre Erfahrung mit dem Hu-
manistischen Gymnasium". Ob Odysseus heute ans Ziel kommt, ob Latein die 2000 erreicht - von
Schirnding ließ es offen, aber die Reise selbst möchte er nicht missen.
Gemeinsames Kennzeichen all dieser eigens hervorgehobenen Veranstaltungen war dreierlei:
1. sie zielten erfolgreich auf das größere Publikum extra muros und durchbrachen mit zeitbezoge-
nen Mitteln das Pomerium unserer tradierten altsprachlichen Welt;
2. sie verzichteten konsequent auf eine fremdwortgespickte Fachsprache und erreichten somit
überhaupt erst das Ohr der Öffentlichkeit, die „Latein 2000" als Realität erhalten soll,
3. sie bedienten sich des wirkungsvollsten Mittels, um Gehör zu gewinnen und - vielleicht - Denk-
anstöße zu geben, nämlich des horazischen Humors „r/'denfem d/'cere verum", wobei zu hoffen ist,
daß das „verum" auch wirklich verstanden wird.
In der Grenzüberschreitung, die der DAV mit den zuletzt genannten Veranstaltungen vollzogen
hat, sehe ich einen richtigen Weg, der auch weiterhin und vielleicht immer bewußter beschritten
werden sollte.
Die schönste Königsidee, auf die der Vorsitzende Maier als auf seine ureigene mit Recht stolz sein
kann, war auch die letzte, die ganz am Ende des Kongresses verwirklicht wurde, „i/'/enf arma fr e.
rab;'esph//o/ogortvm? mferMusas" möchte man sie in Abwandlung des Gicerozitats überschreiben
Statt der frühere Kongresse abschließenden, oft kontroversen Podiumsdiskussion mit Prominenten
aus dem öffentlichen Leben, - die diesmal natürlich auch nicht ausfiel, aber schon am zweiten Tag
stattfand mit dem erfreulichen Ergebnis, daß Alt- und Neuphilologen keine Gegner sein müssen -,
statt dieses Abschlusses wurde ein musikalischer Leckerbissen erster Klasse angeboten: das Blä-
seroktett der berühmten Bamberger Symphoniker krönte mit seinem in virtuoser Eleganz vorgetra-
genen Klassik-Programm die viertägige Veranstaltung und entließ die Teilnehmer in der heiter-
zuversichtlichen Stimmung, die den ganzen Kongreß getragen hatte Maier gratias!
So darf man post festum hoffen, sich in zwei Jahren nicht nur dem Jahr 2000 um weitere zwei Jah-
re genähert zu haben, sondern auch mit den jetzt erprobten Mitteln das „Latein 2000" attraktiver
und in seinem Bestand sicherer zu sehen. Mögen wir uns dessen 1996 im Dresdener Barock, viel-
leicht in der Semperoper, erfreuen können!
„Ridentem dicere verum" könnte, auf die Bamberger Präsentation bezogen, nach meinem Eindruck
bedeuten: der Inhalt des „verum" ist das, was das Arbeitsprogramm als „die Schlüsselqualifikatio-
nen durch die Alten Sprachen" aufzuweisen versuchte, die zeitgemäße Form, dies zu tun, war in
Bamberg eine Darbietung, die neben allem Ernst und historischen Gewicht auch dem Humor, der
Leichtigkeit, der Neugier, der leisen Selbstironie, dem Heraustreten aus dem festgemauerten Elfen-
beinturm eine Gasse öffnete
GOTTFRIED KIEFNER, Tübingen
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