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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0076

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2.2. Stadtchronistik als »Identitätserzählung<

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erzählenden Charakter erwarten lassen: in den Rechnungsbüchern des Rates.
Offenbar sollten sie nicht nur Zahlen und Daten, sondern auch historische Er-
eignisse in ihrem Ablauf und ihrer Bedeutung festhalten. Der Kurztitel der
»Stadtrechnungen«, unter dem sie in der Forschung zumeist firmieren, wird
ihrer Bedeutung und Funktion als Hauptbücher der Finanzverwaltung kaum
gerecht. Denn einerseits führte man zwar in den »Kleinen Registern«, für jede
Rechnungsperiode neu angelegt, die Ausgaben und Einnahmen aller städti-
schen Ämter und Amtmänner detailliert zusammen.^ Doch zugleich bediente
man sich der so genannten »Großen Register«, in denen pro Band die Rechnun-
gen von etwa 12 bis 13 Jahresregistern übersichtlich zusammengefasst waren,^
wenn die Fosunger einmal jährlich kurz vor dem Ende der jeweiligen Ratsperi-
ode vor dem Ausschuss der Rechenherren über die Gesamteinnahmen Rechen-
schaft ablegen mussten.^
Die Funktion dieses Rechenschaftsberichtes ist auch den in die »Großen
Register« eingeschalteten erzählenden Passagen deutlich anzumerken: Zwar
sind sie in ihrer narrativen Ausformung orientiert an historiographischen No-
tizen und könnten dementsprechend auch ohne weiteres als Nachricht in einer
Chronikkompilation erscheinen. Doch ihren eigentlichen Zweck signalisieren
sie schon durch die charakteristische Formel zu Beginn Es ist czn zeigen do man
zaÜ auf die die Nennung des Jahres oder eines konkreten Datums folgt.
Noch deutlicher wird er in der stereotypen Schlussformel, hier am Beispiel ei-
nes in das Rechnungsbuch Nr. 6 auf Blatt 37a eingeschalteten Berichts über
Anlass, Durchführung und Teilnehmer eines Zuges gegen die Böhmen und
Hussiten zum Jahr 1421: J...J und &ot/ der mdiming ist gewesen von des rats wegen
der Kart Etoizscdnder nnd der Sedoit P^'ntzing. ActnmÄna 5" in die Sancti Gaiii anno
1421.^
Aber nicht nur Kriegshandlungen waren offenbar besonders rechtferti-
gungsbedürftig und konnten demnach nicht allein durch Zahlen und Daten
beschrieben werden. Ebenso fasste man die Überführung der Reichskleinodien
im Jahr 1424, die der Stadt erhebliche Kosten verursacht hatte, in einem Ereig-
nisbericht zusammen.^ Ein Jahr später erfolgte ein weiterer Rechenschaftsbe-
richt anlässlich zusätzlicher Kosten für die Verwahrung des Schatzes, die unter
der Überschrift Daz anJ?go&OM ZM dom wwdzgon /wd/gütm eingetragen wurden.^

81 Vgl. PAUL SANDER, Die Reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs, dargestellt auf Grund ihres
Zustandes von 1431 bis 1440, Leipzig 1902, S. 289-294.
82 Vgl. ebd., S. 295. S. eine Übersicht über die erhaltenen Bände bei PiTz, 1959, S. 200, Anm. 24.
83 Vgl. ebd., S. 200.
84 CDS 2, III, Beilagen I, S. 33-35, hier S. 33.
85 CDS 2, III, Beilagen I, S. 33-35, hier S. 35. Auch zum Jahr 1427 hielten die Losunger oder
ihre Schreiber anlässlich eines Feldzuges gegen die Hussiten zusätzlich zur Kostenaufstel-
lung einen erklärenden Bericht im Rechnungsbuch der Stadt für notwendig, ed. CDS 2, III,
Beilagen III, S. 46-48, mit den typischen Einleitungsworten Es ist CZM zA/An, als J...J und der
Rechnungslegungsfloskel am Schluss.
86 CDS 2, III, Beilagen II, S. 43f.
Ebd., S. 44f.

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