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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0162

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2.2. Stadtchronistik als »Identitätserzählung<

161

haber sich zweitens aus derselben Schicht rekrutiert hätten A" Schon die erste
Nennung des Präfekten verbindet Meisterlin mit der erklärenden Bemerkung
das zsf uod oder dmpfmdim. In der folgenden Passage wird er diese Aussage
mehrfach wiederholen und konkretisieren: Der nam &Mrggra/e nämlich sei nd
ein nanzen eines ynrsfenfdnnz&s ^nr sied seids, sondern eins ampfs, so statuiert der
Autor.^
Im Folgenden sucht Meisterlin seine Relativierung des Burggrafenranges
weiter mit einem weit ausholenden begriffsgeschichtlichen Exkurs über die Ti-
tel Pfalzgraf, Markgraf und Graf zu untermauern, für die er als Autoritäten
Enea Silvio Piccolomini, Isidor von Sevilla und Flavio Biondo zitiert.^ Erst-
mals sei der Begriff während der Zeit des römischen Kaisertums in Konstanti-
nopel benutzt worden, als zwei gra/dn oder comdos als ampdoid über den Onoyd
und über A^nca eingesetzt worden seien. Sie seien zwar, so führt Meisterlin
aus, ihrem Rang nach sam dd odorsdn ampdoid oder udodomdd, udzioady dos Kai-
sers gewesen, doed adzMsafzon wann dar daisor wod.^ Ihre Macht habe also nur
aus kaiserlicher Gnade und auf Widerruf basiert. Selbiges gelte jedoch auch
für jene pro^dcü, die man dnrggra/dn godo/fdn habe. Nach ihrem Ausscheiden aus
dem Amt aber hätten sie nnfor den dnrgorn gowonof^^ - und sich somit offen-
sichtlich auch als Nürnberger Bürger verstanden.
Diese langen Ausführungen werden von Meisterlin gerechtfertigt als not-
wendige Antwort auf seine Kritiker, nach deren Meinung das rdadsed rodd go-
widmof ond gooosdf sd aM/*ddcd dorzogon, azarggra/dn, gra/dn, sfd, oc.^ Meisterlin
spielt mit dieser Zeile auf die Quaternionentheorie an, eine in Vierergruppen
nach zehn Ständen hierarchisierte Gliederung des Reichs, die - wie er selbst
erklärt - durch dar doworfon maisfor dar yhddod sprdcd ond dar ma/ar gadiedf im
15. Jahrhundert weit verbreitet war.^ Mit den ma/starn dar yraidad bezeich-
nete Meisterlin Herolde beziehungsweise Wappendichter, deren Werke auch
in Nürnberg auf ein interessiertes Publikum stießen:^ Schon der älteste heute
bekannte Spruch über das Quaternionensystem, in den Schlusszeilen datiert
auf das Jahr 1422, ist in einem Nürnberger Textzeugen um 1460 erhalten, der

560 Vgl. dazu die Interpretation von MoEGLiN, 1991a, S. 109: »Meisterlin montre ainsi que le titre
de burgrave n'avait guere de prestige ä l'origine: c'est tout simplement un office royal revoca-
ble dont les titulaires changent par consequent frequemment.« Ebenso gut können Meister-
lins Ausführungen jedoch nicht als Abwertung der Burggrafen, sondern als Aufwertung der
Nürnberger Geschlechter gedeutet werden.
561 CDS3,VI,S.76.
562 Ebd., S. 76f. Nach Isidor komme der Begriff Burg von den Burgundern Enea Silvio erkläre,
die Begriffe Burggraf und Markgraf seien gcMMWCM der fetüseder; ZMMgeM, als derdcd ist, Mud
daivM Iren an/dny den E'tdscdcn /raiscrM. Biondo erkläre, diese Begriffe kenne man allein von
den iwriwri.
563 Ebd., S. 77.
564 Ebd., S. 77.
565 Ebd., S. 78.
566 Ebd., S. 78. Vgl. ERNST SCHUBERT, Die Quaternionen. Entstehung, Sinngehalt und Folgen ei-
ner spätmittelalterlichen Deutung der Reichsverfassung, in: Zeitschrift für historische For-
schung 20,1993, S. 1-63.
567 Vgl. dazu Meisterlins scharfe Polemik gegen Herolde, die er als Bettler und ZMsedmeärder be-
schimpft, CDS 3, VI, S. 109-111.
 
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