Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0169

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
168

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

lieh den Turm, den der Rat 1377 - nach Meister lins Information in nur vierzig
Tagen - am Beginn der hohen Stadtmauer des ehemaligen EgidienViertels hatte
erbauen lassen. Er war ursprünglich als Beobachtungswarte gegen die feindli-
che Burggrafenburg geplant.
Bleibt Meisterlin bei der Schilderung der Rahmenereignisse zu diesem Pro-
zess im Großen und Ganzen bei den Fakten, so ist allerdings auch in diesem
Fall seine Motivierung der Episode aufschlussreich. Um Rat und Gemeinde
nämlich aus der moralischen Verantwortung für diese neuerliche Eskalation zu
nehmen, versucht er den Hergang zu verharmlosen. Als Ursache für die dra-
stischen Maßnahmen der Nürnberger führt er ein, dass Burggraf Friedrich V.
und sein Sohn Johann - als ihr kaiserlicher Herr Karl IV. weit entfernt gegen
England gekämpft habe - ihre vorsätzlich dazu ermunterten, &/? sic
von ircr &nrg in fielen nnd uii MMzncih nnd nmüHiicns fnlvn.""" Der
Kaiser jedoch, als er während des Prozesses den Grund für das rigorose Vor-
gehen der Reichsstadt erahnt habe, habe diese scimöd szze/z besser nider gcdrndd
nnd ziersc/izHgen haben wollen. Meisterlin suggeriert hier also, der Kaiser habe
um Ehre und Leumund der Burggrafen gefürchtet. Daher sei er zu folgendem
salomonischen Urteil gekommen: Ohne ein Wort über die burggräfhehen
&M&CM zu verlieren, habe er als ein iierr des reiciis grnnfs verkünden lassen, dass
die Mauer in seinem Namen auf Reichsboden gebaut worden sei/'"'
Auch die Burggrafen hätten sich zum schweigenden Einverständnis mit
diesem Urteil entschlossen, so erklärt Meisterlin, sie hegten allerdings weiter-
hin die do^hnng, d%J? sie die s%cd eüean nnf reis nnd irrigen zeoifen enden.""" Man
kann diese Bemerkung als Andeutung auf die militärischen Auseinanderset-
zungen des Städtekriegs 1388 deuten, die Meisterlin allerdings nur knapp be-
handelte.""^ Vorerst sollte der Streitfall glimpflicher ausgehen: Statt ihren Sieg
zu feiern, so fährt der Autor nämlich fort, hätten die Nürnberger die s%cd nach
und nach mit geil gelöst, sie hätten also mit der Zeit alle Liegenschaften der
Burggrafen in der Stadt auf gekauft und schleifen lassen. Schließlich sei ihnen
dies auch mit der Burggrafenburg gelungen, die sie erpraeden Mnd sied enidedien
der dürggra/cn gezcaif, aiso da/? man daaaz zeei/?, od ein dnrg da sei gezeesen.""" Wie-
der verschweigt der Autor freilich ein entscheidendes Detail: Als die Zollern
die Burggrafenburg 1427 für 120000 Gulden an die Stadt verkauften, da lag
sie längst in Ruinen. In Flammen aufgegangen war sie allerdings nicht durch
reichsstädtische Truppen, sondern durch einen Überfall des wittelsbachischen
Pflegers von Lauf, Christoph Leininger, in einer Oktobernacht 1420, als Rache-

600 CDS 3, VI, S. 165. Karl IV., einerseits dnred ma^sedag mit den Burggrafen verwandt, doch ande-
rerseits durch nid oerp/iieid dem mied, habe daraufhin einen Tag in Frankfurt einberufen.
601 CDS3,VI,S.165f.
602 Ebd., S. 166. Dank der grqPwMeiig/wii des rnfs habe sich die Zollernpartei schließlich friedlich
mit der Stadt geeinigt: Es sei vereinbart worden, dass die Mauer bleibe, die Tore nicht mit
Porten, sondern nur mit Ketten verschlossen werden, außerdem, dass auch das Hofgesinde
für docdwMf oder sedenfiied wesen nicht anders gesfrng werden als ander dnrger.
603 Ebd., S. 169.
604 Ebd., S. 166.
 
Annotationen