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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0181

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2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

lassen sich daher Überlieferung, Form und Umfang dieser Gattung fassend Die
Nürnberger Quellensituation für das 15. und beginnende 16. Jahrhundert bietet
hier jedoch insofern eine gute Ausgangslage, als ungewöhnlich viele Zeugnisse
anderer Genres - der Chronistik sowie vor allem des Verwaltungsschrifttums -
die offenbar einst große Zahl und Bedeutung dieser Texte dokumentieren.
Doch auch aus den Sprüchen und Liedern selbst, in denen Nürnberg und die
Nürnberger thematisiert werden und deren Inhalt in den folgenden Kapiteln
im Mittelpunkt stehen soll, lassen sich Informationen zu ihrer Produktion und
Rezeption ziehen.
Diejenigen Lieder und Reimsprüche beziehungsweise -reden, die von der
Existenz dieser Gattung vor der Durchsetzung des Buchdrucks in der zwei-
ten Hälfte des 15. Jahrhunderts zeugen, sind selten als selbstständige Schriften,
sondern hauptsächlich innerhalb von Sammelhandschriften überliefert. Häufig
finden sie sich in thematisch nicht geordneten Handschriften. So haben sich
etwa zwei der drei bekannten Lieder über den triumphalen Sieg der Nürnber-
ger am 11. März 1450 gegen die Truppen des Markgrafen Albrecht Achilles von
Brandenburg an den Pillenreuther Weihern in einer Sammelhandschrift aus
dem Nürnberger Katharinenkloster erhalten, deren Blätter zu vier Fünfteln ein
Bußtraktat füllt, die der sünde genannt.^ Die Handschrift stammt
von dem Patrizier Georg Stromer dem Alteren, der sie der Nonne Klara Keipe-
rin durch mehrere Widmungen zugeeignet hatte.
Bei namentlich bekannten Autoren mit einem umfangreicheren Oeuvre fin-
det sich auch das Prinzip der Autorenhandschrift, die das Gesamtwerk eines
Dichters zu versammeln trachtete. Als Beleg sollen hier zwei Dichter angeführt
werden, deren Werk auch im Folgenden für die Frage nach der Thematisierung
Nürnbergs wichtig sein wird: So entstanden um oder knapp nach 1460, dem
vermutlichen Todesjahr des Nürnberger Handwerkerdichters Hans Rosenplüt,
die beiden großen Autorsammlungen D und L zu seinem umfangreichen und
facettenreichen Werk. Jörn Reichel charakterisiert ihre anonymen Kompilatoren
aus städtischen Kreisen als »Rosenplüt-Liebhaber, die [...] in ihrem Eifer, dem
Autor möglichst viele Gedichte zuzusprechen, des Guten manchmal etwas zu-
viel taten« d Hans Sachs sammelte seine Werke in 33 handgeschriebenen Bän-
den selbst und sorgte auch penibel für ihre Datierung. Schon 1560 hatte er ein

2 Zu dieser Problematik allgemein vgl. SCHANZE, 1999, S. 327f., der einerseits feststellt, dass der
genuine Ort dieser Dichtung in der Mitte und zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts immer noch
die Mündlichkeit darstelle. Andererseits verweist er als klassische Uberlieferungsträger - wie
auch im Folgenden an den Nürnberger Beispielen zu sehen sein wird - auf die Gegenwarts-
chronistik, so genannte »Hausbücher« und literarische Sammelhandschriften.
3 Stadtbibliothek Nürnberg, Cent. VII. 80, vgl. KARIN SCHNEIDER, Die deutschen mittelalterli-
chen Handschriften. Beschreibung des Buchschmucks von HEINZ ZiRNBAUER, Wiesbaden 1965
(Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg 1), S. 395-397. Vgl. auch KELLERMANN, 2000,
S. 164f. und S. 177-179, und SCHANZE, 1999, S. 307f.
4 REICHEL, 1985, S. 38. Rosenplüt selbst scheinen dagegen entweder das Interesse oder die Mög-
lichkeiten gefehlt zu haben, seine Werke in einer Autorsammlung zusammenzuführen. Zu-
dem kennzeichnete er offenbar auch nicht alle seine Texte namentlich. Gerade bei vielen der
Fastnachtstücke, die ihm schon kurz nach seiner Febenszeit zugeschrieben wurden, ist bis
heute seine Autorschaft umstritten, vgl. INGEBORG GnER, Art. Rosenplüt, Hans, in: Verfasser-
 
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