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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0194

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2.3. Politische Dichtung und städtisches »Image'

193

Fehde zugunsten der gerichtlichen Entscheidung von Konflikten abzuschaffen
suchten/" Der Meinungsbitdungsprozess, der trotz dieser Bemühungen eher
zu einer Verschärfung der Positionen denn zu einer Kompromissfindung führ-
te, soll im Folgenden an den Nürnberger Beispielen nachvollzogen werden.
Hier soll es weniger um die konkreten Anlässe und Streitfälle als vielmehr um
die Argumente oder Vorstellungen gehen, die die Rechtmäßigkeit dieser Feh-
den behaupteten oder aber bestritten. Der Inhalt der Dichtungen wird zuerst
- grob orientiert an den Entstehungsdaten der Fieder und Reden und flan-
kiert beziehungsweise kontrastiert mit dem Blick in die historiographischen
Zeugnisse - näher vorgestellt. Diese eng an den Texten orientierte Paraphrase
soll deutlich machen, wie ambivalent diese Gewaltakte sogar selbst in ein und
demselben Text eingeordnet und beurteilt wurden. Insbesondere die städtische
Seite hatte offenbar erst Argumente für den eigenen Standpunkt zu finden und
diese im Diskurs zu etablieren.
Schon das erste zu Nürnberg überhaupt erhaltene Fied in Filiencrons chro-
nologisch angelegter Edition beschäftigt sich mit diesem Thema. Es geht auf
ein Ereignis aus dem Ende des 14. Jahrhunderts zurück: Doch der anonyme
Text mit der Anfangszeile Es was An/nsc/i/h/w TTMtersmaym (86 Verse)/' der die
Übergriffe des Adligen Eppele von Gailingen auf Nürnberger Bürger, seine Ge-
fangennahme und Enthauptung schildert, basiert zwar auf den Ereignissen der
Jahre bis 1381. Das Fehlen von Zeitangaben und die vagen Ortsnennungen/^
die unpolitische Erzählsubstanz und das typisierte Personal anstelle nament-
lich genannter historischer Personen^ sind allerdings Signale für Ereignisferne

70 Vgl. einführend HARTMUT BoocKMANN, Art. Fehde, Fehdewesen, in: Lexikon des Mittelalters,
Bd. 4, München, Zürich 1989, Sp. 331-334. Gerade zu Franken sind in den vergangenen Jahren
zahlreiche exemplarische Studien zum Fehdewesen des späten Mittelalters und der frühen
Neuzeit erschienen. Neben der im Folgenden wie auch im Kap. 3.2.1. genannten Literatur vgl.
auch HiLLAY ZMORA, Adlige Ehre und ritterliche Fehde. Franken im Spätmittelalter, in: Ver-
letzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, hg. von
KLAus ScHREiNER und GERD ScHWERHOFF, Köln, Weimar, Wien 1995 (Norm und Struktur 5),
S. 92-109; PETER RiTZMANN, »Plackeray in teutschen landen«. Untersuchungen zur Fehde-
tätigkeit des fränkischen Adels im frühen 16. Jahrhundert und ihrer Bekämpfung durch den
Schwäbischen Bund und die Reichsstadt Nürnberg, insbesondere am Beispiel des Hans Tho-
mas von Absberg und seiner Auseinandersetzung mit den Grafen von Oethngen (1520-31),
München 1995.
71 Ed. Lil. 1, Nr. 28, S. 92-95.
72 So werden in Lil. 1, Nr. 28, Str. 3, das Haus eines Schmiedes oder in Str. 8 ein Wechselhaus
innerhalb der Nürnberger Stadtmauern genannt, topographisch konkreter dagegen sind in
Str. 9 der Geiersberg, in Str. 13 das Frauentor und in Str. 42f. der »Rabenstein«, die Richtstätte
der Stadt. An geographischen Namen außerhalb Nürnbergs nennt das Lied lediglich vage den
Main (Str. 21), den Eppele auf der Flucht vor den städtischen Söldnern durchquert, und den
Ort Farnbach (heute Burgfarrnbach) in Str. 34, wo er gefangen genommen worden sei.
73 Statt konkreter Namen ist das Personal des Liedes nach dem Beruf beziehungsweise sozialen
Stand benannt, vgl. Lil., 1, Nr. 28, S. 92-95: In Str. 3-7 erscheint ein namenloser Schmied, der
dem reMUrswMMM Eppele das Pferd beschlägt, in Str. 10-12 führt er einen Dialog mit einem
ungenannten Boten, in Str. 14—18 schlägt Eppele als Provokation der Städter einem ihrer Tor-
wächter mit einem Paar rcMfcrsü/ci ins Gesicht, Str. 19-23 berichten von einem Trupp Söldner,
denen er entkommt, Str. 24—27 von einem Kaufmann, den er ausplündert, Str. 28-33 von ei-
ner Bäuerin, die er misshandelt, bevor ihn in Str. 34—38 ein ebenfalls namenloser Wirt an die
 
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