Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0202

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2.3. Politische Dichtung und städtisches »Image'

201

eines Täters an einem Opfer zu definieren waren, vor allem jedoch die Reichs-
stadt nicht als selbstverständlich zuständige, den adligen Tätern übergeord-
nete Gerichts- und Vollzugsinstanz gelten konnte.
Die konträre Position, die die adligen Übergriffe zur legalen Form der Selbst-
hilfe erhebt, vertraten - in erstaunlicher Einmütigkeit und ohne jede Einschrän-
kung - die anti-städtischen Dichtungen, die nun auch zu Wort kommen sollen.
In ihnen wird, soviel sei bereits vorausgeschickt, die adlige Solidarität und das
ausgreifende Netz von Stützpunkten in der eigenen Gruppe verständlich, auf
das sich ein Städtefeind verlassen konnte. So wenig man den gesamten Nieder-
adel einer Region mit der wohl eher begrenzten Gruppe der notorischen Feh-
deführenden und Gesinnungstäter gleichsetzen dürfe, so wenig drohte nach
Klaus Graf den Städtefeinden die völlige Isolation und soziale Ächtung durch
die Fürsten und den übrigen Ade).'^ Wie breit das Feld an Sympathisanten und
Gelegenheitstätern gewesen sein mag, lässt sich an politischen Dichtungen aus
adliger Position erahnen, so etwa an den beiden anti-nürnbergischen Fiedern
zur Entführung des Nürnberger Bürgermeisters Paumgartner durch den Ritter
Albrecht von Rosenberg in den Jahren 1544/45, deren Dichter beide anonym
blieben. Das new /iad von A/dracd/ von Rosandary und den Herren von N/irmdary
(14 Strophen ä 9 Verse)'^ beginnt mit dem Appell an den Adel, sich zu Alli-
anzen zusammen zu schließen: Triscd aii/^ du wardar ade/, so hebt der erste Vers
programmatisch an. In der zweiten Strophe folgen allgemeine Schmähungen
gegen die sie/ im raieda, bewohnt von scdnodan /erd, die mit ihrem Stand nicht
zufrieden seien: es jneden sie die den/ / sie werden ada/ yeren.'^ Doch selbst wenn
sie sich ada/ nid ya// so sedwere erkauften, so polemisiert der Dichter, so blieben
sie doch dremer darmied a/s uorÜ" Auch in der dritten Strophe fährt er mit bösem
Spott fort, selbst Tri/z yerder dürfe sich nun ynad /nnder / yeporen uon Te/yensacd
nennen und ein schweres Siegel führen: dar ada/ diimp/ im dara / an/? Ind/a iider me-
ra / uon nmsca/an und naya/ainV Diese stereotypen Vorwürfe schließt der Dichter
mit der Mahnung an den Adel, die Städter wollten sie nmd aar, yid, /eid und /adan
bringen, ja darzn oar/ayan yar,'^ bevor er erst in der fünften Strophe auf Albrecht
von Rosenberg zu sprechen kommt. Nur verklausuliert wird der Anlass für
die Streitigkeiten zwischen dem ada/man wo/ya/dan und Nürnberg genannt.' *'
Nach dem Bericht über die Gefangennahme des Bürgermeisters Paumgartner
schildert der Dichter hämisch den Ärger der Nürnberger und ihren vergeb-
lichen Versuch eines GegenschtagesW A// ir wi/z ui/ wa//^iw/rayan / ir /is/ ui/
da//äii scdon,'^ so höhnt er und erklärt, 8000 Gulden habe Paumgartner für seine
Freiheit zahlen müssen. Dabei verschweigt er allerdings, dass der Kaiser selbst

127 Vgl. GRAF, 1993, S. 135.
128 Lil. 4, Nr. 510, S. 255-258. Zur Nürnberger Überlieferung vgl. KuRRAs, 1983, S. 6.
129 Lil. 4, Nr. 510, Str. 2, V. lf. und 4L
130 Ebd.,Str.2,V.8f.
131 Ebd., Str. 3, V. lf., 5, 7-9.
132 Ebd.,Str.4,V.5f.
133 Ebd., Str. 5, V. 6, und Str. 6f.
134 Ebd., Str. 8 und Str. 9f.
135 Ebd.,Str. ll,V.lf.
 
Annotationen