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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0223

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222

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

berg wieder verstärkt auf. Während man im Jahr 1502 eigentlich gerade aber-
mals um Frieden verhandelte, kam es zum Streit um den Kirchweihschutz in
Affalterbach, der in die Schlacht in den Nürnberger Wäldern mündete. Gleich
sieben Texte zu diesem Ereignis haben sich erhalten, bis auf einen wurden sie
alle anonym verbreitet. Vier davon spiegeln die pro-nürnbergische Perspek-
tive, drei sind aus markgräflicher Sicht verfasst.
Die große Aufmerksamkeit, die diesem Zusammenstoß zuteil wurde, lässt
sich mit den hohen Opferzahlen^ und der besonderen Brutalität und Erbar-
mungslosigkeit auf beiden Seiten erklären. Schon vorab, so statuiert etwa die
pro-nürnbergische Reimrede mit der Anfangszeile Hort zu dar c/ag
(200 Verse)/^ habe die gegnerische Partei vereinbart, keine Gefangenen zu
nehmen, sondern alle zu erschlagen.^" Am Ende der Rede steht folgerichtig
der Bericht, dass alle Nürnberger Gefangenen in Schwabach erhängt worden
seiend' Doch schon zuvor in den Versen 124 bis 126 lässt der Autor den Nürn-
berger Hauptmann Ulman Stromer im Schlachtengetümmel ausrufen, er sei
zwar schon in vielen Kriegen gewesen, aber er habe sein Lebtag noch nie ge-
hört, dass das Volk so jämmerlich ermordet werde.^ In den Versen 166 bis 169
wiederholt der anonyme Autor die zuvor Stromer in den Mund gelegte An-
klage noch einmal verallgemeinernd: /(am menscl? /Mi ge/totd nie / das L/nrcc/ü, so
HM71 dOTl 0071 N07M7/707"y in/. / GoTl /177170/ SC/lTTÜ das 717071SC/l071 p/nf / M&or d/s ;%7HOr/7C/lO
7i7ordo7i. Auch in hundert Jahren, so fügt er an, werde die Klage der zahllosen
Witwen und Waisen darüber nicht verstummt sein, noch am joTiysioTi ganc/ü
mo/Zans darn/tar c/agaTi, denn ihre Ehemänner und Väter seien nicht Zn rod//c/i07i
raZssan gefallen.^
In modernen völkerrechtlichen Termini könnte man die Anklagepunkte des
anonymen Dichters also als »Kriegsverbrechen« beziehungsweise »Verstoß ge-
gen die Kriegsgebräuche« zusammenfassen. Sie lassen sich mit dem ebenfalls
pro-städtischen Lied C/agZ sic/i die gamaZTi 0071 NnrmZtarg (34 Strophen ä 4 Verse,
bi Ziarzogs C/in's/o/s ioTi)^ um den Vorwurf eines unangekündigten und damit
widerrechtlichen Angriffskrieges ergänzen, wie die folgende Apostrophe an
Markgraf Kasimir belegt: He/ ir der sie/ oor ahgasagZ, / das siiiTid enc/i ^irsf/ic/i
an.^ Statt dessen, so lässt sich diese Aussage wiederum mit dem Lied So ioZ/Z

288 Vgl. etwa Lil. 2, Nr. 225, Str. 44, und Lil. 2, Nr. 226, Str. 31f.
289 Lil. 2, Nr. 224, S. 465-469; zur Nürnberger Überlieferung vgl. Kurras, 1983, S. 4.
290 Lil. 2, Nr. 224, V. 79-81. Derselbe Bericht vgl. im ebenfalls pro-städtischen Lied Lil. 2, Nr. 227,
Str. 1, V. 5.
291 Lü. 2, Nr. 224, V. 195f.
292 Vgl. ähnliche Berichte in Lil. 2, Nr. 225, Str. 21.
293 Lil. 2, Nr. 226, Str. 31, V. lf., vgl. auch Lil. 2, Nr. 224, V. 174 und V. 172, sowie Lil. 2, Nr. 224,
V. 175: Gott möge dies daher nicht ungerächt lassen. Viele der Witwen wüssten nicht einmal
den Ort des Begräbnisses (V. 142-152), das Sprecher-Ich wünscht den Gefallenen das ewige
Leben (V. 157-159). S. auch die Klage der Nürnberger Kinder über ihre toten Väter, Hand-
werksleute wie treue Knechte, im Lied Lil. 2, Nr. 226, Str. 1-3.
294 Lil. 2, Nr. 226, S. 475-478, für ein Faksimile des Einblattdruckes vgl. EcKER, 1981, Abb. 44,
Nr. 144.
295 Vgl. auch im selben Lied Lil. 2, Nr. 226, Str. 3, V. 3f.: Mf MMS dcr/örsi uor ^gesagt, / so mödü wir
MMS iwiVM WrsbWM.
 
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