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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0270

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2.4. Nürnberg in Städtelob und Stadtbeschreibung

269

zurückgreift. Von der Kaiserburg aus, auf die der Persifant das Sprecher-Ich
geführt hat, zeigt er ihm den Rundblick über Nürnberg, die mächtige Stadt-
mauer und die prächtigen Steinhäuser. Akkurat zählt er ihm vor, wie viele ge-
pflasterte Gassen und Tore, Schöpfbrunnen und Turmuhren vor ihren Augen
liegen.^ Inhaltlich neu im Vergleich zu Rosenplüt wie auch zum Inhalt der bei-
den Meisterlieder ist der breite Raum, den Sachs dem Verfassungskörper Stadt
und seinem Funktionieren widmet. Er zählt sowohl die Institutionen auf, vom
Rat über die Viertelmeister bis hinab zu den einfachen Amtleuten, als auch die
Gesetze und Ordnungen der StadtA Vorbild für Sachs könnte hier die humani-
stische, originär lateinischsprachige Tradition des Nürnberglobs gewesen sein,
so etwa die auch in deutscher Übersetzung sowie im Druck vorliegende Nonm-
des Conrad Celtis oder aber Christoph II. Scheurls ebenfalls zweisprachig
vorliegende ad StaMpdmm von 1516A
Nürnberg war nicht die einzige Stadt, der Hans Sachs einen Lobspruch
widmete. Offenbar war in seiner Epoche die Gattungstradition des gereimten
Lobspruchs schon so geläufig, dass er in den Jahren 1565 bis 1569 eine Serie
von gereimten Texten auf München, Wien, Frankfurt am Main, Nördlingen,
Regensburg, Lüneburg, Lübeck und Hamburg verfasste.^ Wie Kugler salopp
formulierte, produzierte er mit ihnen allerdings »panegyrische Dutzendware«,
da sie - mit Ausnahme eines bereits 1549 datierten Lobspruches auf Salzburg
- alle nach ähnlichem Raster aufgebaut sindü Anders als für seinen /o&sprMc/i
auf Nürnberg griff Sachs hier als Vorlage nämlich auf kosmographische Stan-
dardliteratur zurück. Die Mehrzahl dieser Lobgedichte, etwa auf München,
Frankfurt oder Regensburg, beruhen auf Stadtbeschreibungen in der Sche-
delschen Weltchronik und der Kosmographie des Sebastian Münster.^ Au-
genzeugenschaft oder auch nur eine durch die geographische Nähe beding-
te Affinität, wie man sie mit großer Wahrscheinlichkeit noch für Rosenplüts
Bambergbeschreibung des Jahres 1459 ins Feld führen darf, kann man also für
Sachsens Texte nicht mehr unbesehen annehmen. Stattdessen scheint gelehrt-
chorographisches Wissen über die deutsche Städtelandschaft schon Teil des all-

90 Vgl. Hans Sachs, Lobspruch auf Nürnberg, ed. Hans Sachs, Bd. 4, S. 192, V. 10, bis S. 193, V. 9.
KuGLER, 1978, S. 93, bezeichnet die Veränderungen der Darstellungen im Lobspruch gegen-
über den Meist er liedern in ihrer Gesamttendenz als »Verräumlichung«.
91 Vgl. Hans Sachs, Lobspruch auf Nürnberg, ed. Hans Sachs, Bd. 4, S. 194, V. 12, bis S. 195, V. 5.
92 Vgl. Conrad Celtis, Non'mNrga, ed. WERMiNGHOFF, 1921, S. 181-189, und Christoph Scheurl,
EpisMa ad SfaMpiÜMW, s. dazu Kap. 2.4.9.
93 Alle diese Lobsprüche finden sich ediert in Hans Sachs, Bd. 23, hg. von ADELBERT voN KEL-
LER und EDMUND GoETZE, Tübingen 1895 (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart
207): München S. 264—266, Wien S. 304—308, Frankfurt S. 399-402, Nördlingen S. 412-414, Re-
gensburg S. 325-327, Lüneburg S. 445-447, Lübeck S. 450-452, Hamburg S. 464—467. Sachs'
älterer, 1549 verfasster Lobspruch auf Salzburg (ed. EMiL HAUEis, Ein Lobspruch der Stadt
Salzburg von Hans Sachs, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 34,
1894, S. 227-261) entspricht noch eher dem Muster des Nürnberg-Spruches von 1530. Die
Zuweisung eines Rostock-Spruches an Sachs gilt als unsicher, vgl. KuGLER, 1986, S. 221, und
WEISSHAAR-KlEM, 1982, S. 56.
94 KuGLER, 1986, S. 25.
95 Vgl. WEissHAAR-KiEM, 1982, S. 56 und 221; KuGLER, 1978, S. 83.
 
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