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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0273

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272

2. Nürnbergs verschiedene (Er-)Fassungen

voran.'"''' Auch für Piccolomini ist damit das im Verlauf dieser Studie bereits
mehrfach - etwa bei Meisterlin, besonders stark jedoch im Bereich der »Jahr-
bücher« - konstatierte Prinzip gültig, für das die Forschung die Kunstbegriffe
der »fluiden Texte« oder »living texts« vorgeschlagen hat. Schon an seiner in
die Hzsfon% Atzstnafzs eingefügten Nürnbergbeschreibung lässt sich exempla-
risch diese Form des »work in progress« nachvottziehen.'""
Piccolominis Anlass für die Inserierung einer Stadtbeschreibung über
Nürnberg war in allen drei Redaktionen die zentrale Stellung der Stadt beim
Ausbruch des so genannten Städtekrieges, der weit über die Region hinaus auf
ganz Süddeutschland Auswirkungen hatte. Dtuzi /zoc agzuztzu; grauzs in Sttcuza
ahyttc Tzxzticotiza cxorfa csf ftzz4zafzo, ^tzatzz tzzuzc cxpcdzrc CMralzzziztzs/^ so leitet der
Autor in der ersten Redaktion daher die Nürnbergbeschreibung ein. Einge-
fügt wird der Themenblock über den Städtekrieg hier - der chronologischen
Ordnung folgend - vor der Darstellung vom Romzug und der Kaiserkrönung
Friedrichs III. 1452, etwa eineinhalb Jahre vor der Niederschrift dieser ersten
Fassung. In der zweiten und dritten Redaktion rückte Piccolomini den erwei-
terten und sprachlich stark überarbeiteten Block dagegen weiter gegen das
Ende des Gesamttextes.
In allen Bearbeitungsstadien beginnt Piccolomini seine Stadtbeschreibung
mit einer etymologischen Erörterung des Stadtnamens und einer Darstellung
vom naturräumlich-geographischen szftzs Nürnbergs. Nürnberg, dessen Name
als Berg der Noriker gedeutet werden könne, sei eine berühmte und bedeu-
tende Stadt, an einem Flusse gelegen, welcher Pegnitz genannt werde und von
den Bergen Böhmens herabströme. Während Piccolomini die Stadt in der ur-
sprünglichen Fassung noch klar in der Bratzcotzza lokalisierte, berichtigt er in
der dritten Redaktion, sie liege zwischen den politischen Gebieten Bayerns und
Frankens. Er nimmt damit Bezug auf seine Ausführungen gleich zu Beginn der
Fassung letzter Hand, in der er die Lage und die Grenzen des antiken Noncttm
zu bestimmen gesucht hatte. Als Teil dieser Region hatte er die Städte Regens-
burg und Nürnberg bestimmt: Et tzos zyttzdcm Rafzspotzzam in Nozico szfatzz aptzd
ztzuctzzzizMS, cf NorztzzBcrga tzs^tzc ad /zodzc Motzs Noncornm uocafttr, cx tpio^zY,
nf tytzac tzzuzc Bazoarza dzczhzr, oü'rzz Nozicaytzczif zvyzo.'"" Die Lage Regensburgs in-
mitten des Nozicttat und der Stadtname Nürnbergs gelten für Piccolomini also
als Indizien, um die antiken Noriker mit den zeitgenössischen Bayern zu iden-
tifizieren, auch wenn - wie er im folgenden Satz erklärt - diese Gleichsetzung
den Ansichten des Ptolemaeus entgegen stehe.

103 Vgl. JunA KNÖDLER, Überlegungen zur Entstehung der >Historia Austrialis<, in: Enea Silvio
Piccolomini nördlich der Alpen. Akten des interdisziplinären Symposions vom 18. bis 19. No-
vember 2005 an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hg. von FRANZ FucHS, Wies-
baden 2008 (Pi rckhei mer-Jah rbuch 22), S. 53-76.
104 Die erste Redaktion entspricht Enea Silvio Piccolomini, HisZoria Anstrichs, ed. KoLLAR, S. 164—
168, die zweite und dritte Redaktion entsprechen ebd., S. 418-421. Zu den Nürnberg-Passagen
in der HistorM Anstrichs vgl. auch ANDERS, 1960, S. 107-110, und VoiGT, 1973, S. 126f. Für eine
Edition von zwei der drei Fassungen im Ausschnitt vgl. LoMBARDi, 1991, S. 142-144.
105 Enea Silvio Piccolomini, Historie Anstrichs, ed. KoLLAR, 1762, Sp. 164.
106 Ed. SARNOwsKY, 2005, S. 12.
 
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