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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0368

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3.2. Außere Gefahren

367

Wahrnehmung schließlich zwischen Reichsstadt und Reich, repräsentierte es
doch sowohl das Reich in der Stadt als auch die Reichsstadt an sich. Schließ-
lich musste auch die Gegenseite diese Ineinssetzung der Reichsstadt mit dem
Reich wenn nicht anerkennen, so doch zur Kenntnis nehmen, wenn etwa der
anonyme Dichter des antistädtischen Liedes /uZtt/dMS ist u/? vcnr/itittf die Städte
attackiert: Sie Zu&ttt/d cs sei nit ir yieieiz / Mnd nennen sic/7 das rönnsc/7 reic/z / nnn
sind si doc/z nnr panren.^
Das Abstractum »Reich«, so lässt sich aus diesen Beispielen folgern, scheint
also weit vor der regionalen Einordnung^ und auch noch vor dem Zugehö-

Franken. Von der Kaiserburg Nürnberg zu den Residenzen der Hohenzollern und Wettiner,
München, Berlin, London, New York 2003, S. 12) und für den Eingangsbereich des Großen
Rathaussaales (MATTHIAS MENDE, Das alte Nürnberger Rathaus. Baugeschichte und Ausstat-
tung des großen Saales und der Ratsstube, Bd. 1, Nürnberg 1979, S. 51). Eisenbeschlagene
Türen mit dem Stadtwappen, wie sich eine im Germanischen Nationalmuseum erhalten hat
(vgl. Nürnberg 1350-1550,1986, S. 211), befanden sich in mehreren öffentlichen Gebäuden, so
auch im Rathaus, vgl. ein entsprechendes Foto vor dem Zweiten Weltkrieg bei MENDE, 1979,
S. 83, Abb. 52. In der Kaiserburg haben sich zwei große Wappendecken im Innern erhalten,
auf denen ebenfalls der Adler dominiert (für eine Abb. beider Decken aus der Regierungs-
zeit Friedrichs III. beziehungsweise Karls V. vgl. KRÜCKMANN, 2003, S. 10); auch an der durch
Dürer ausgemalten Decke des Großen Rathaussaales war das Stadtwappen vielfach in De-
tails präsent (vgl. MENDE, 1979, Abb. S. 401 und S. 221f.). Billigt man Dürers Darstellungen
Realitätsnähe zu, so waren etwa die Pfeifer der Stadt mit kleinen Plaketten geschmückt, die
das Stadtwappen zeigten (ebd., S. 221f.). Für eine Abb. des Heiltumsschreins im Heilig-Geist-
Spital vgl. Nürnberg 1350-1550, 1986, S. 180f., für den Sebaldusschrein vgl. ebd., S. 390. Auf
Papier und Pergament findet sich das städtische Wappen nicht nur als Hauptsiegel des Rates
auf Urkunden und Mandaten (vgl. FLEiscHMANN, 2000a, S. 104f., Nr. 38). Man verwendete
den Reichsadler auch massenhaft zur Kennzeichnung für bereits versteuerte Handelswaren
(vgl. ebd., S. 106f., Nr. 39). Auch als Holzschnitt auf den Titelblättern zahlreicher in Nürnberg
gedruckter Werke ging er in die Welt (vgl. etwa Nürnberg 1350-1550,1986, S. 230). Auf geo-
graphischen Karten nutzte man ihn als Symbol für Nürnberg (vgl. etwa KuRT BRUNNER, 2001,
S. 44f.), ebenso auf Stadtansichten (etwa der Schedelschen Weltchronik, vgl. Hartmann Sche-
del, DTer CdroiitcarMiw, ed. FüssEL, 2001, fol. 100). Schließlich wurde das Stadtwappen auch in
schriftlichen Quellen geschildert. Neben den bereits zitierten Stellen bei Meisterlin und oben
in der Allegorie des Hans Sachs sei hier auf Conrad Celtis verwiesen, der den Königskopfad-
ler in seiner NordwFerga - wie mehrfach bezeugt - als Jungfrauenadler missversteht und daher
astrologisch zu deuten sucht. Aus dem Tierkreis, so erklärt er, stehe das Sternbild der Jung-
frau in einem besonders engen Verhältnis zu Nürnberg, so sei sowohl durch die natura der
Nürnberger wie auch durch das Wappen der Stadt, einen Adler mit Jungfrauenkopf, bezeugt
(Conrad Celtis, NortwFerga, ed. WERMiNGHOFF, 1921, S. 146f.).
88 Lil. 1, Nr. 90, ed. KELLERMANN, 2000, S. 143-147, Str. 3,1-3, s. auch KELLERMANN, ebd. S. 160,
mit dem Verweis auf ein anonymes Lied ohne Nürnberg-Bezug, in dem ein antistädtisches
Sprecher-Ich gegen die tMiwen tat/en wettert, die sich aufführen. Als oF sic /cii/scr were (V. 192-
195), und GRAF, 1993, S. 131, mit dem Verweis auf das zeitgenössische Sprichwort: Burger Mud
Fawer / sedei/det Neids denn die mawer, ed. Johannes Agricola, Die Sprichwörtersammlungen,
Bd. 1, hg. von SANDER L. GiLMAN, Berlin, New York 1971, S. 190f., Nr. 244; die Erstausga-
be erschien 1529. Ihm entgegen stellen lässt sich das ebenfalls weit verbreitete Wort, das bei
SCHUBERT, 1975, S. 895, nach dem 1493 bei dem Bamberger Drucker Hans Sporer erschienenen
Gedicht Der panrn toF zitiert sei: Do adaw reutet Mud ena span / wer was die zeit ein edetwan, vgl.
JosEFH HELLER, Der paurn lob, in: Berichte des Historischen Vereins Bamberg 6,1843, S. 87.
89 Ein regional bestimmtes Selbstbewusstsein »Franken« ist nach Rudolf Endres ab dem zwei-
ten Viertel des 16. Jahrhunderts durch die allmähliche Durchsetzung der 1495 eingerichteten
Reichskreise nachvollziehbar, vgl. RuDOLF ENDRES, Der Fränkische Reichskreis als regionales
Bindeglied, in: Franken. Vorstellung und Wirklichkeit in der Geschichte, hg. von WERNER K.
BLESsiNG und DiETER J. WEiss, Neustadt a. d. Aisch 2003 (Franconia. Beihefte zum Jahrbuch für
 
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