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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0370

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3.2. Außere Gefahren

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Reichsoberhaupt, der als Stadtherr eigentlich für Schutz und Schirm der Nürn-
berger zu sorgen hatte? Auf Kaiser Friedrich III. war in all diesen Querelen für
die Städte kaum Verlass.^ Trotz vielfältiger Dienstleistungen wie Kriegshilfen
und Darlehen hoffte auch Nürnberg vergeblich auf seine Unterstützung gegen
Albrecht Achilles, der Friedrichs wichtigster fürstlicher Parteigänger war. In
der Chronistik anderer Städte, etwa Augsburgs,^ wurde dem Kaiser folglich
das Image des Städtefeinds erschrieben. Nicht so in Nürnberg: Als Garant für
den Status als Reichsstadt war offenbar keine direkte Kritik an dem Habsburger
denkbar. Subtil wurde höchstens auf seine Absenz hingedeutet, etwa in Hans
Rosenplüts Bild von den Schafen und den sie umschleichenden Wölfen. Wie
Karina Kellermann aufmerksam macht, leitet Rosenplüt seine Metapher zwar
aus der biblischen Tradition her, jedoch ohne deren eigentlich zentrale Figur,
den Hirten. Zugleich besetzt er die Rolle der schutzbedürftigen Schafherde um
mit autarken Stadtbewohnern und verkehrt die Rolle der Wölfe ins Gegenteil,
indem er sie am Ende zu den Opfern der Schafe werden lässt: Der vor
den seda/en Rieden.^ Diese Umdeutungen sprechen eine deutliche Sprache, die
Stadt musste sich aus eigener Kraft vor ihren Feinden schützen. ^
Diese zeitgenössische Wertung entspricht dem Urteil der modernen For-
schung, die Nürnbergs Werdegang als Emanzipationsprozess von der »Kö-
nigsstadt« des 13. und 14. Jahrhunderts zum selbstständigen »Stadtstaat« des
16. Jahrhunderts zeichnet.^ Den Kampf um ihre politische Autonomie in der
Mitte des 15. Jahrhunderts, so urteilte etwa Hirschmann, habe die Stadt gemeis-
tert, ohne vom kaiserlichen Stadtherrn wirksame Hilfe zu erfahren. In dieser
Selbstbehauptung sieht er eine maßgebliche Voraussetzung für die kulturelle
Blüte der Stadt Für diese Forschungsmeinung spricht die Herrscherpräsenz

tum« für die maßgebenden Motive, erst gegen Ende des Jahrhunderts sieht er - »großenteils
allerdings durch die Schuld des Kaisers« [Friedrich III., Anm. d. Verf.] - die Tendenz, dass
die Städte »nicht aus Interesse für das Reich, sondern in der Absicht, sich von ihren Pflichten
gegenüber dem Reich loszusagen, ihre Reichsunmittelbarkeit verteidigten.«
93 Friedrich III. entschied sich damit für eine andere Politik als sein Vorgänger Sigmund, der
die Reichsstädte und unter ihnen besonders Nürnberg auch als taktische Partner begriff, den
Brandenburger Kurfürsten als seinen »einzige[n] ernsthafte[n] Konkurrenten], der Sigmund
die Königskrone hätte streitig machen können«, in Schach zu halten, vgl. dazu FRENKEN, 1998,
u. a. S. 125.
94 So etwa beklagt Burkard Zink in seiner Chronik nicht nur den mangelnden Zusammenhalt
unter den Städten, sondern auch die fehlende Unterstützung durch den kaiserlichen Stadt-
herrn, ed. CDS 5, IV, S. 230: f.. J sic seine? all uon einander Mud liaiid sieii zerfreid, da/? a;d siai ?vi
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wie sie wollen. Bei einem anonymen Augsburger Chronisten findet sich über den zweiten süd-
deutschen Städtekrieg das Resümee, ein Bund an Fürsten, Herren und Edlen habe die Städte
von Meer zu Meer, von Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang wider gof nnd des rieiis
recld bekriegt. König Friedrich, der als unvernünftig gescholten wird, habe dieser Schädigung
der Reichsstädte durch den Adel keinen Einhalt geboten, vgl. Augsburger Fortsetzung der
>Gmünder Kaiserchronik<, zit. nach einer Archivalie bei GRAF, 1993, S. 124f.
95 Hans Rosenplüt, Reimpaarsprüche und Fieder, ed. REICHEL, 1990, Nr. 19, V. 404.
96 Vgl. KELLERMANN, 2000, S. 213.
97 HEiMFEL, 1951, bes. S. 32.
98 HlRSCHMANN, 1971, S. 120.
 
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