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Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

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https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0384

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3.2. Außere Gefahren

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herausragende Herrscher des 14. und 15. Jahrhunderts, unter denen sicher
Karl IV. heraus sticht. Problematisch freilich bleibt, dass die Aussage dieser
Symbole nur selten oder gar nicht artikuliert wurde. Nur gestellt, jedoch kaum
beantwortet werden kann damit die Frage, ob diese fehlende Thematisierung
in schriftlichen Quellen auf Unverständnis oder vielmehr auf die Selbstver-
ständlichkeit zurückzuführen ist, mit der diese Zeichen und Symbole in der
städtischen Lebenswelt präsent waren.'^
Die Vergegenwärtigungen von Reich und vor allem Königsherrschaft durch
das Ritual und die öffentliche Inszenierung stellen einen anderen, in den schrift-
lichen Quellen explizierten Bereich dar, um die zeitgenössische Wahrnehmung
um 1500 methodisch sauberer zu fassen. Die entscheidenden Anlässe und Funk-
tionen wurden im Verlauf dieser Studie bereits mehrfach thematisiert. Allen vor-
an der Adventus des Herrschers und sein Aufenthalt in der Stadt, deren Zere-
moniell und »Besuchsprogramm« fanden sowohl über halbamtliche Berichte der
beteiligten Ratsherren in die Annalishk Eingang als auch in Reisebeschreibun-
gen, Reimreden oder die humanistische StadtbeschreibungA Erstaunlich dünn
dagegen ist der Niederschlag der zahlreichen Reichstage, die im 15. Jahrhundert
in Nürnberg stattfanden: Die Kompilatoren der »Jahrbücher« hielten zwar des
öfteren das Ereignis an sich, eventuell auch die Namen der hochrangigen Gäste
fest, die dazu in die Stadt reisten. Keine Nachrichten finden sich dagegen über
die Themen, die verhandelt, und die Beschlüsse, die getroffen wurden. Auffällig
schweigsam blieben die Nürnberger Chronisten schließlich auch angesichts des
»Reichsregiments«, das - wie auf dem Augsburger Reichstag 1500 entworfen
und proklamiert - die Figur des Herrschers als alleinigen Regenten im Reich
ablösen und seine Macht auf ein von allen Ständen besetztes zwanzigköpfiges
Gremium verlagern wollte. Obwohl es in der kurzen Zeit seines Bestehens zwi-
schen 1501 und 1502 seinen Sitz im Nürnberger Rathaus hatte,'^ fanden diese

1980, Anm. 35, verweist außerdem noch auf das 1945 zerstörte, auf um 1400 datierte Fresko im
ehemaligen Schultheißhof, das Karl IV. und seine Söhne Wenzel und Sigmund zeigte.
172 Von der Frage nach der »Lesbarkeit« dieser Zeichen freilich hängen maßgeblich Beurteilungen
ab, wie sie aus kunsthistorischer Perspektive von KNAPPE, 1980, S. 167, am Ende seiner langen
Auflistung imperialer Symbole getroffen werden: »das Reich wohnt auch sichtbar in diesen
Städten! So unzuverlässig für sie der Kaiser, so verdächtig oft die Kurfürsten, die Hauptsäu-
len des Reiches auch erscheinen mochten, die Freien und die Reichsstädte fühlten sich als des
Reichs wahrhaft getreue Töchter.«
173 Zu den Nürnbergaufenthalten Friedrichs III. 1442, 1471 und 1496 etwa haben sich sowohl
städtische Dokumentationen, zum Teil umfängliche Notizen in den annalistischen Kompi-
lationen, ein auswärtiger Reisebericht als auch eine Passage in einer humanistischen Stadt-
beschreibung erhalten, vgl. dazu oben S. 370f., Anm. 104—106, und S. 373, Anm. 113. Über
Maximilians Aufenthalt 1491 und das ihm zu Ehren abgehaltene Gesellenstechen auf dem
Marktplatz dichtete Hans Folz eine Reimrede, ed. Hans Folz, König Maximilian in Nürnberg,
in: ders.. Die Reimpaarsprüche, hg. von HANNS FiscHER, München 1961, Nr. 38, S. 319-330.
174 Vgl. dazu allgemein ViCTOR voN KRAus, Das Nürnberger Reichsregiment 1500-1502. Eine
Studie deutscher Verfassungsgeschichte aus dem Zeitalter Maximilians I. nach archivalischen
Quellen dargestellt. Innsbruck 1883, ND Aalen 1969, zu den Nürnberger Voraussetzungen
und der Organisation vor Ort vgl. SEYBOTH, 1992b, S. 101-108, der betont, dass die Nürnber-
ger schon in den Jahrzehnten zuvor mit das gesamte Reich betreffenden Aufgaben betraut
worden waren und sich als ebenso loyale wie effiziente Exekutoren der kaiserlichen Wünsche
erwiesen hatten.
 
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