Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Carla; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Stadt als Thema: Nürnbergs Entdeckung in Texten um 1500 — Mittelalter-Forschungen, Band 26: Ostfildern, 2009

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34907#0411

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
410

3. Goldene Zeit oder Krisenzeit?

Kampf kommt, bieten die Fleischhauer und Metzger, die im demoralisierten
Nürnberg die Oberhand gewinnen konnten, ihre Unterwerfung an.
Also /lastM die /nston dos dM/ZdM/s, konstatiert Meisterlin, um im Folgenden
yür&a/? fortzufahren, nt/o d/o sfaf nt/dor in das roc/d rog/monf gosofzf /st, da// s/o dnrcd
pafncios nt/rf gorog/orf.^ Das Ende der Katastrophe und die Wendung zum
Guten werden also als Rückkehr zur alten Ordnung markiert. Kaiser Karl IV.,
so erklärt der Autor, habe sofort alle Zünfte und Zunftbräuche wieder abge-
schafft. Außerdem habe er die stahd nnd ordonnng dos nds nnd dor sdd nnd dio
adon dorron gonanton nnd /osnngdorron so verordnet a/s os nocd istA Einerseits
entsprechen Meisterlins Angaben hier den Urkunden Karls IV./° andererseits
berührt der Autor hier einen heiklen Punkt für seine eigene Gegenwart, das
durch Rugamt und Gewerbeaufsicht scharf und unnachsichtig durchgesetzte
Verbot jeder Form von handwerklicher Selbstorganisation. Durch seine Erzäh-
lung konnte Meisterlin also dieses Verbot historisch von höchster königlicher
Seite legitimieren.
Sigmund Meisterlin formte also den reichsweiten und so auch in Nürnberg
ausgefochtenen Thronstreit zwischen Luxemburgern und Wittelsbachern in
der Retrospektive um zum lokalen Aufstand von Teilen der Gemeinde gegen
die patrizischen Stadtväter. Der Sinn seiner Erzählung ist ganz eindeutig die
Legitimation der noch immer und seit 1348 scheinbar unangefochten herr-
schenden Patrizieroligarchie. Trotzdem war Meisterlins Aufstand kein »Hand-
werkeraufstand«. Diese in der älteren Forschung gebräuchliche Bezeichnung
wird nicht nur den tatsächlichen Ereignissen in der Mitte des 14. Jahrhunderts
nicht gerecht. Sie verkürzt auch Meisterlins Darstellung, wird doch der von
ihm geschilderte Aufstand an erster Stelle von den Müßiggehern, den zu kurz
gekommenen ehrbaren Standesgenossen der alten Ratsherren, getragen.
Erst in den Darstellungen des 16. Jahrhunderts sollte der Aufstand von
1348/49 zur Zunftbewegung gerinnen: In den gereimten Vorreden mit histori-
sierender Ursprungserklärung in vielen der etwa 80 ab der Mitte des 16. Jahr-
hunderts entstehenden Schembartbüchern wird schließlich berichtet, dass
ausschließlich Handwerker unter der Leitung der Schmiede gegen das Patri-
ziat aufbegehrt hätten/' Karl IV. erscheint in diesen Reimtexten lediglich als

88 Ebd., S. 151.
89 Ebd., S. 152f.
90 Vgl. das oben bereits zitierte Privileg Karls IV. vom 2. Oktober 1349, ed. CDS 3, VI, Beilage III,
Nr. 6, S. 332f., das er als Belohnung für die Dienste der Nürnberger, die sie in der Vergangenheit
Mnuerdrnsseniieden geleistet hätten, und zn einer/nrdernng der Stadt ausstellte. Karl IV. erklärte
darin alle vom Aufstandsrat ausgestellten Urkunden, deren Inhalt gegen die nifen gewondeifen
der Stadt gerichtet seien, für unwirksam und gab dem alten Rat freie Hand bei der Bestrafung
und Verbannung der Aufständischen. Dass der Herrscher dem Rat zugleich die Vollmacht
erteilte, alle Urkunden zurückfordern und nidnon zu können, die Karl selbst oder ein ande-
rer den Aufständischen gewährt habe mit ucrgcsscndcif beziehungsweise nnuerdncdfew wnofe,
kann nur bedeuten, dass Karl IV. dem Aufstandsrat nicht durchgehend ablehnend gegen-
überstand. Eventuell hatte er ihn sogar umworben, solange sein Sieg über die Wittelsbacher
Partei noch nicht feststand.
91 kbrrede uon dem scdempnrfMcidn wie soiede^ seinen nn/dng gennwen niied wienii Jnr der scdempnrf
geio//en und wann er sied geendet, ed. nach einem auf 1585 datierten Textzeugen bei HANS-ULRicH
 
Annotationen