2.2. Stadtchronistik als »Identitätserzählung<
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apparat aufzuführen, sondern nur diejenigen, die ihrer Meinung nach »in
sachlicher oder sprachlicher Beziehung irgend eine Bedeutung hatten«."" Das
Pillenreuther Treffen allerdings weiche in der Diktion nicht vom umgebenden
Text ab und bleibe damit deutlich kürzer und nüchterner als sein Äquivalent
in Reihe A.^ Die Herausgeber schließen daraus, dass die beiden Redaktionen
nicht unmittelbar voneinander abhängig sein können, sondern vielmehr auf
einer gemeinsamen Vorlage beruhen müssen, die je unterschiedlich bearbeitet
beziehungsweise erweitert wurde."""
Diese verlorene Vorlage wiederum wird von den Herausgebern in einer »of-
fidellen Aufzeichnung« vermutet, also in einer amtlichen Relation. Als Indiz für
diese These können sie einen Eintrag im Ratsmanual zum 20. August 1449, also
zum Kriegsbeginn, anführen, in dem die Ratsfreunde Jobst Tetzel und Niclas
Groß beauftragt wurden, ding, die sied i/eizMnt ergeen, fznj desedrei-
hen."" Zudem identifizierten sie insgesamt vier so genannte »Relationenbän-
de«, die zum Teil mit größter Ausführlichkeit die zahllosen Verhandlungen,
Besprechungen und Korrespondenzen zwischen den gegnerischen Parteien als
offenbar nachträglich zusammengestellte Kompilation dokumentieren.^
Gabriel Zeilinger dagegen vermutet, dass der an Tetzel und Groß erteilte
Auftrag zur Aufzeichnung der Kriegsereignisse sich nur auf die Geschehnisse
rund um den Tag zu Lauingen bezog."" Auch an Schürstab erging ein solcher
offensichtlich begrenzter Auftrag zur Dokumentation, aus dem die mit seinem
Namen gekennzeichnete Liste hervorging."" Ein Mandat des Rates an Erhärt
Schürstab, wiewohl er als Kriegsherr berufen war, für seine Kompilationsbe-
mühungen insgesamt allerdings lässt sich nicht nachweisen. Stattdessen ent-
sprangen Idee und Umsetzung seines Kriegsbuches offenbar seiner persönli-
chen und privaten Initiative. Das lässt zumindest eine Notiz zur Entstehung
der Kompilation in dem der Redaktion A zugeordneten Codex vermuten, der
von Lexer als frühe und getreue Abschrift der Leithandschrift beschrieben
wird. Auf dem dritten Blatt vermerkte der anonyme Schreiber, an gelehnt an
den oben zitierten Titel der Leithandschrift: Renz das puc/i dal Erdarf SU?Mrsfa&
104 Vgl. LEXER, in: ebd., S. 118.
105 Vgl. VON WEEcn, in: ebd., S. 96f.
106 Vgl. VON WEEcn, in: ebd., S. 97.
107 Zit. nach VON WEEcn, Einleitung, in: ebd., S. 97. Dass es auch in der Familie der Tetzel früh
ein Interesse an Historiographie über den Markgrafenkrieg gab, zeigt das 1464 eigenhändig
angelegte Bücherverzeichnis des Hans Tetzel, geboren 1425, seit 1451 Ratsherr, nach dem Tod
seiner Frau seit 1463 im Dominikanerkloster: Mer ein pned md ei/w //drew coperf, dar/nn stet der
Handel des dr/gs uom mnrggra(7en Mud der sd?f Nnrewderg. Mer gar ein guten /(ölender pogengro^,
dnn /cd se/ds gesedr/den, nnd de/f snsf wancder/ei/ di/sfor/en /nn s/cd [.. J, ed. PAUL RuF (Hg.), Mit-
telalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 3, Teil 2: Bistum Eichstätt,
München 1933, S. 853-855, hier S. 855.
108 Vgl. VON WEECH, Einleitung, in: CDS 2, V S. 105f. Die Handschrift Staatsarchiv Nürnberg,
Rep. 52a, Nr. 59 (ehern. Königliches Archivconservatorium Nürnberg, Fol. Nr. 256) enthält
auch den edierten Kriegsbericht und ist daher unter der Sigle A4 in Lexers Handschriftenbe-
schreibung aufgenommen.
109 Vgl. ZEiLiNGER, 2007, S. 56.
110 Vgl. ebd., S. 56, mit dem Verweis auf CDS 2, V S. 328, Anm. 1.
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apparat aufzuführen, sondern nur diejenigen, die ihrer Meinung nach »in
sachlicher oder sprachlicher Beziehung irgend eine Bedeutung hatten«."" Das
Pillenreuther Treffen allerdings weiche in der Diktion nicht vom umgebenden
Text ab und bleibe damit deutlich kürzer und nüchterner als sein Äquivalent
in Reihe A.^ Die Herausgeber schließen daraus, dass die beiden Redaktionen
nicht unmittelbar voneinander abhängig sein können, sondern vielmehr auf
einer gemeinsamen Vorlage beruhen müssen, die je unterschiedlich bearbeitet
beziehungsweise erweitert wurde."""
Diese verlorene Vorlage wiederum wird von den Herausgebern in einer »of-
fidellen Aufzeichnung« vermutet, also in einer amtlichen Relation. Als Indiz für
diese These können sie einen Eintrag im Ratsmanual zum 20. August 1449, also
zum Kriegsbeginn, anführen, in dem die Ratsfreunde Jobst Tetzel und Niclas
Groß beauftragt wurden, ding, die sied i/eizMnt ergeen, fznj desedrei-
hen."" Zudem identifizierten sie insgesamt vier so genannte »Relationenbän-
de«, die zum Teil mit größter Ausführlichkeit die zahllosen Verhandlungen,
Besprechungen und Korrespondenzen zwischen den gegnerischen Parteien als
offenbar nachträglich zusammengestellte Kompilation dokumentieren.^
Gabriel Zeilinger dagegen vermutet, dass der an Tetzel und Groß erteilte
Auftrag zur Aufzeichnung der Kriegsereignisse sich nur auf die Geschehnisse
rund um den Tag zu Lauingen bezog."" Auch an Schürstab erging ein solcher
offensichtlich begrenzter Auftrag zur Dokumentation, aus dem die mit seinem
Namen gekennzeichnete Liste hervorging."" Ein Mandat des Rates an Erhärt
Schürstab, wiewohl er als Kriegsherr berufen war, für seine Kompilationsbe-
mühungen insgesamt allerdings lässt sich nicht nachweisen. Stattdessen ent-
sprangen Idee und Umsetzung seines Kriegsbuches offenbar seiner persönli-
chen und privaten Initiative. Das lässt zumindest eine Notiz zur Entstehung
der Kompilation in dem der Redaktion A zugeordneten Codex vermuten, der
von Lexer als frühe und getreue Abschrift der Leithandschrift beschrieben
wird. Auf dem dritten Blatt vermerkte der anonyme Schreiber, an gelehnt an
den oben zitierten Titel der Leithandschrift: Renz das puc/i dal Erdarf SU?Mrsfa&
104 Vgl. LEXER, in: ebd., S. 118.
105 Vgl. VON WEEcn, in: ebd., S. 96f.
106 Vgl. VON WEEcn, in: ebd., S. 97.
107 Zit. nach VON WEEcn, Einleitung, in: ebd., S. 97. Dass es auch in der Familie der Tetzel früh
ein Interesse an Historiographie über den Markgrafenkrieg gab, zeigt das 1464 eigenhändig
angelegte Bücherverzeichnis des Hans Tetzel, geboren 1425, seit 1451 Ratsherr, nach dem Tod
seiner Frau seit 1463 im Dominikanerkloster: Mer ein pned md ei/w //drew coperf, dar/nn stet der
Handel des dr/gs uom mnrggra(7en Mud der sd?f Nnrewderg. Mer gar ein guten /(ölender pogengro^,
dnn /cd se/ds gesedr/den, nnd de/f snsf wancder/ei/ di/sfor/en /nn s/cd [.. J, ed. PAUL RuF (Hg.), Mit-
telalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 3, Teil 2: Bistum Eichstätt,
München 1933, S. 853-855, hier S. 855.
108 Vgl. VON WEECH, Einleitung, in: CDS 2, V S. 105f. Die Handschrift Staatsarchiv Nürnberg,
Rep. 52a, Nr. 59 (ehern. Königliches Archivconservatorium Nürnberg, Fol. Nr. 256) enthält
auch den edierten Kriegsbericht und ist daher unter der Sigle A4 in Lexers Handschriftenbe-
schreibung aufgenommen.
109 Vgl. ZEiLiNGER, 2007, S. 56.
110 Vgl. ebd., S. 56, mit dem Verweis auf CDS 2, V S. 328, Anm. 1.