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Müller, Franz Hubert
Die St. Catharinenkirche zu Oppenheim: Ein Denkmal teutscher Kirchenbaukunst aus dem 13. Jahrhundert. Geometrisch und perspectivisch dargestellt und mit einem erläuterndem Texte versehen. Mit 24 Kupferplatten Imperialfolio ([Hauptbd.]) — Darmstadt, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.18725#0099

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Das Maass im Lichten der Breite des Chores, nämlich von der Wandsäule bis zur
o-effenüberstehenden, im Grundrisse mit a. b. bezeichnet, ist zweimal in der Höhe bis an
den obersten Punkt des Schildbogens über dem Fenster enthalten; ohne Zweifel aber bestimmte
das Lichtenmaass des Chores ohne die Wandsaulen, doppelt genommen, die Höhe bis unter
den Schlussstein des Gewölbes. Die Wandsäulen aber steigen nur bis zur Hälfte dieser
Höhe mit ihren Knäufen hinan, und das Gewölbe nahm demnach die andere Hälfte ein.
Ebenso sind die Fenster, welche eine unverhältnissmässige Höhe erreicht haben würden,
dadurch modificirt, dass sie in der Mitte durch eine Construction, mit einem Gesims gedeckt,
gewissermaassen in zwei Etagen getheilt sind. Bei genauer Vergleichung der Construction
des oberen Theiles dieser Fenster mit denen der alten Kirche, wird man sich übrigens sehr
bald davon überzeugen, wie Feinheit und Consequenz daran schon zu mangeln beginnen:
besonders ist das der Fall bei dem mittlem oberen Fenster, welches auf dem 34. Blatte
bei Fig. 11 doppelt so gross als der vorliegende Aufriss gegeben ist, bei diesem Fenster
ist auch zugleich bei a der Querdurchschnitt des unteren Theiles dieser Fenster oder
der Fensterbank, bei b der Horizontaldurchschnitt der Seitenglieder auf der Südseite,
und des Pfostens woraus diese Fenster construirt sind (dieser dreimal grösser), sowie
bei c dieselben Theile auf der Nordseite angerissen. Die Glasmalerei aber, womit
diese Fenster geziert waren, und welche leider bis auf einige kleine in der alten Kirche
untergebrachte Fragmente gänzlich zerstört ist, muss, nach diesen zu schliessen, ausser-
ordentlich vollkommen gewesen sein, und eine vorzügliche Wirkung gemacht haben,
wenn man sie aus der alten Kirche durch die grosse fensterartige Oeffnung über dem
Portale erblickte, wodurch ein grosser Theil sichtbar wurde. Besonders zu bemerken
ist noch bei der Construction dieser Fenster, dass da, wo früheiiüu die Kreise an den
äussersten Spitzen sich berührend endigten, hier noch ein Raum dazwischen gelassen
ist, der oft an lVa Zoll breit, diesen Spitzen ein sehr plumpes Ansehen giebt. Der
ganze Bau ist im allgemeinen nichts weniger als genau in seinen Maassen ausgeführt.
Ganz ohne alle Ursache ist die untere Abtheilung, welche an die Thürme anschliesst,
beinahe um einen P'uss kleiner als die mittlere, weshalb dann auch die Diagonalrippen
des Gewölbes, an derselben viel höher schon anschliessen, und dann senkrecht bis auf
die Säule heruntergeführt sind. (Man sieht dieses im Aufrisse an den Resten des
Gewölbes, welche sich über den Wandsäulen noch erhalten haben.) Ganz besonders
autfallend sind jedoch an diesem Baue die kapselartigen Gewölbflächen, welche sich dicht
an den Fenstern hinaufziehen und diese zum Theil bedecken, wie oben im Achtecke,
wo sie-noch erhalten sind, zu sehen ist. Ueberhaupt veranlasste ein so überkünstliches,
aus so mannigfaltigen Durchkreuzungen zusammengesetztes Gewölbe manche Inconse-
quenz, ausserdem dass sein Gewicht ganz ohne Notli um das Doppelte vermehrt wurde.
Die ohnehin schon sehr schwere Rippe, deren Durchschnitt auf dem 34. Blatte bei

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