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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0028

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Palnr faßt dieParthie in der edelsten Wcise auf, erst durch siewurden wir
mit der Wahrheit der Gefühle einer liebenden, aufopfernden Mutter, wie
die Fides, vertraut; ihre Crscheinung erst hat den dramatischenWerth die-
ser Rolle in vollem Maaße erkennen laßen. Ergreifend sang sie die Bett-
lerane und zwar mit der schr schönen (von FrauVkala früher weggelaffe-
nen) Reprise derselben. Der Glanzpunkt des Abends war aber unstreitig
das Duett mit Vertha, gleichsalls im 4. Akt, wo neben künstlerischerBra-
vour auch der schon erwähnte Umfang der Stimme einzelne Effekte und
selbst ganze Paffagen hervortreten ließ, mit denen.man früher nicht bekannt
war. Die drastische Kirchenscene gewann durch den Gast das höchste
Interes s e. Gleich vortrefflich war sie in der Arie und dem Duett deS
fünften Aktes. Herr Härtiuger ftand dem Gaste als Prophet würdig zur
Seite; seineAuffassung dieserPartie ist bekanntlich einedurchweg geniale;
er gibt ihr Glanz und Erhabenheit, so viel es bei dieser krankhaften Per-
son des Propheten möglich ist; reichen seine Mittel manchmal nicht aus,
so schreiben wir es ungescheut auf Nechnung des verschrobenen Geschmacks,
unter deffen Einfluß, gestehe sich's jever Kunstfreund offen,
diese Partie geschrieben ist. Der Knabenchor war vießmal ziemlich unsicher;
— Chor, Ballet und Orchester allen Lobes würdig. Frau Palm wurd^
am Schluße lebhaft gerufen; das Publikum hat sich mit ihr bereits ver-
Lraut gemacht, und ein längeres Verweilen unseres Gastes
dürfLe gewiß im Interesse derAnstalt und des Publikums

liegen. — 8t.

Am 9. Iänner. — LucreziaBorgia. — Heute lernten wir unsern
Gast Frau Palm-Spatzer in einer Parthie kennen, in der sie unseres WLs-
sens in Wien mit mäßigem Beifall aufgetreten; wir räumen ihr jedoch,
wenn denn eine Parallele gezogen werden will, auch in dieser Parthie
den Vorrang vor Frau Viala ein. Es ist dieß weniger der Ausführung
ihrer Parthie in den verschiedcnen Einzelheiten zuzuschreiben, — als viel-
mehr dem angenehmen Totaleindruck den der verehrte Gast besordens durch
den großen Umfang der Stimme, durch die Sicherheit Ln Spiel und Be-
weguugen zu crzielen vermag. Mit Effekt sang Frau Palm das Finale
des zweiten Akts (Duett mit Gennaro) dann die Scene im dritten Akte.
Im Altgemeinen aber drängte sich uns die Ansicht auf, daß sie weniger
zum Vortrag des italienischen Gesangs als zu dem deutscher Compositionen
geeignet sei; was wir ihrjedoch nichtzumVorwursmachen, denn wirgehö-
ren nicht zu denen, die an einen Künstler nach allen Seiten chin Anfor-
derungen stellcn. Derselbe Grund bestimmt uns daher auch, an die Lei-
stungen der Herren Kindermann und Vrandes Ln einer italienischen Oper
den Maßstab der Billigkeit anzulegen, denn mag auch das Publikum ein-
zelnen Stellcn seinen Beifall gezollt haben — wir vermögen in deu
übermäßigen, künstlerischen Schliffes entbehrenden, Kraftanstrengungen
derselben nicht die Jntention des Compositenrs wiedergegeben zu finden.
 
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