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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0066
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mögen bedenken, daß dieß alles zur Zeit der wachsenden Aufklärung
(D) geschieht; die um diese Zeit gestutzten Haare wachsen nach einer be-
zannten Bauernregel bald wieder nach.
Der Mann trägt über seine Stellung, seinen Charakter und sein
Alter einen Barometer mit sich, und das sind die Haare. Ueppige Lockeu
zeigen eine unabhängige Stellung und gesunde SLfte; graue Haare mel-
dcn Alter oder Sorgen; dünne Haare weisen oft auf stürmische und un-
beständige Lebensart. Sieht ein Frauenzimmer, daß einem Mann bei
ihrem Anblick die Haare zu Berg stehen, dann darf fie auf große KLlte
rechncn. — Sobald ein dünner Flaum das Haupt des Kindes bedeckt,
fängt es an zu lächeln und fröhlich zu sein, und sobald die Haare ihre be-
stimmte Farbe, haben auch die Neigungen ihre Richtung gewonnen, die Haare
wurzeln in der Heiterkeit des Gemüthes; dasAlter läßt fie absterben und
der Gram streut Salz auf die Stätte; wahrlich, die Völker Europa's ver-
dienten Schonung um ihrer ehrwürdigen Kahlheit willen!
Lange Haare waren schon vor Alters ein Bild dcr Freiheit. Wenn
sich Fürsten und Völker in dcn Haaren liegen, so ist Gcfahr, daß sie sich
die Freiheit ausraufen. — Anarchisch aufgelöste Haare und völlig ungebun-
dene Freihcit finden sich nur in Momenten der höchsten Leidenschaft. —
Gewahrt die Reaktion in irgend einer Verfaffung eine Freiheit, so hat sie
schon cin Haar darin gefunden. —
Herr Sepp theilt die Geschichte bekanntlich in die sieben Gcheimniffe:
Taufe, Firmiing u. s. w. Die Foderungen seiner Parthei gehen dahin,
bald möglichst die Epochc der allgemeinen „Priesterweihe" herbeizuführen,
das heißt der ganzen Menschheit die kirchlich-politische Tonsur zu scheeren.
Die Nationen haben je nach ihrer eigenthümlichen Natur verschiedene
Haare und Freiheiteu. Wir verlangen nicht die struppige Freiheit der
Wilden, nicht daS Borstige der Sozialisten, sondern die der gemäßig-
ten Zone angeborne schlichte Freiheit. — Manchc absolutistisch-kahle
Regierung, die aber dcr öffentlichcn Meinnng gegenübcr noch eine kleine
Spiir dcr Eitelkeit besitzt, trägt bei Tage die Perücke deS Scheinconsti'tu-
tionalismus. Freilich, wenn es völlig Nacht ist, uud dic ermatteten Völ-
ker sich zum Schlafen nicderlegcn, kann man auch diese nngenirt wcgthun:
Jch will nun meine Gedanken schließen, und den Leser ermahnen,
sich, wenn auch cine graue Freiheit, doch kein graues Haar wachsen zu
laffen.
mögen bedenken, daß dieß alles zur Zeit der wachsenden Aufklärung
(D) geschieht; die um diese Zeit gestutzten Haare wachsen nach einer be-
zannten Bauernregel bald wieder nach.
Der Mann trägt über seine Stellung, seinen Charakter und sein
Alter einen Barometer mit sich, und das sind die Haare. Ueppige Lockeu
zeigen eine unabhängige Stellung und gesunde SLfte; graue Haare mel-
dcn Alter oder Sorgen; dünne Haare weisen oft auf stürmische und un-
beständige Lebensart. Sieht ein Frauenzimmer, daß einem Mann bei
ihrem Anblick die Haare zu Berg stehen, dann darf fie auf große KLlte
rechncn. — Sobald ein dünner Flaum das Haupt des Kindes bedeckt,
fängt es an zu lächeln und fröhlich zu sein, und sobald die Haare ihre be-
stimmte Farbe, haben auch die Neigungen ihre Richtung gewonnen, die Haare
wurzeln in der Heiterkeit des Gemüthes; dasAlter läßt fie absterben und
der Gram streut Salz auf die Stätte; wahrlich, die Völker Europa's ver-
dienten Schonung um ihrer ehrwürdigen Kahlheit willen!
Lange Haare waren schon vor Alters ein Bild dcr Freiheit. Wenn
sich Fürsten und Völker in dcn Haaren liegen, so ist Gcfahr, daß sie sich
die Freiheit ausraufen. — Anarchisch aufgelöste Haare und völlig ungebun-
dene Freihcit finden sich nur in Momenten der höchsten Leidenschaft. —
Gewahrt die Reaktion in irgend einer Verfaffung eine Freiheit, so hat sie
schon cin Haar darin gefunden. —
Herr Sepp theilt die Geschichte bekanntlich in die sieben Gcheimniffe:
Taufe, Firmiing u. s. w. Die Foderungen seiner Parthei gehen dahin,
bald möglichst die Epochc der allgemeinen „Priesterweihe" herbeizuführen,
das heißt der ganzen Menschheit die kirchlich-politische Tonsur zu scheeren.
Die Nationen haben je nach ihrer eigenthümlichen Natur verschiedene
Haare und Freiheiteu. Wir verlangen nicht die struppige Freiheit der
Wilden, nicht daS Borstige der Sozialisten, sondern die der gemäßig-
ten Zone angeborne schlichte Freiheit. — Manchc absolutistisch-kahle
Regierung, die aber dcr öffentlichcn Meinnng gegenübcr noch eine kleine
Spiir dcr Eitelkeit besitzt, trägt bei Tage die Perücke deS Scheinconsti'tu-
tionalismus. Freilich, wenn es völlig Nacht ist, uud dic ermatteten Völ-
ker sich zum Schlafen nicderlegcn, kann man auch diese nngenirt wcgthun:
Jch will nun meine Gedanken schließen, und den Leser ermahnen,
sich, wenn auch cine graue Freiheit, doch kein graues Haar wachsen zu
laffen.