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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0146

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IS8

drohten. Jn diesem nunmehr verwehten nnd verschütteten Deutschl"nd soll
in der grauesten Vorzeit — gelehrteGeschichtssorscher behaupten: es
par im Jahre 1848 — eine Bewegung, eine Art Revolution stattgefunden
haben, wobei mehrere Versprechungen gemacht wurden; was aber ver-
sprochen wurde, weiß man heut zn Tage leider nicht mehr, was bei der
Länge der inzwischen verstoffenen Vergangenheit leicht erklärlich ist. —
So viel, meine Herren, ist gewiß, daß die zerstreuten Horden sich zu ei-
nem Volke zu vereinigen wünschten, und eine gemeinsame Fahne hatten.
Ein alteS Bild, das im Museum zu London aufbewahrt seln soll, zeigt
einen alten preußischen König zu Pferde, wie er eine solche Fahne hält:
dieselbe geht inS aschgraue, blaßrothe und schwefelgelbe. Wahrscheinlich
ist dieß der alte König PriamoS, von dem Dichter HomeruS fingt:

Einst wird kommen der Tag, wo die heilige Allianz hinfinkt!

Das preußische Troja, meine Herren, wurde nämlich von den Lster-
reichischen Diplomaten zehen Monate lang belagert. VergebenS suchtc
Paris Manteuffel an dem schnellfüßigen und schnellfingrigen Schwarzenberg
eine AchilleSferse, um ihn zu verwunden. Es ist dieß derselbe Paris, der
einst unter den drei Göttinnen Revolntion, Constitution und Reaktion die
schönste auSzuwählen hatte, und den PreiS des ZwietrachtsreichsapfelS der
Reaktion zuerkannte. Da nun aber die preußischen Trojaner weder leben
noch stcrben konnten, obwohl der krlegerische Hektor Radowitz bereits an
den Wagen der österreichischen Journalistik gebunden und grausam durch
den Kcth geschleift worden war, so beschloffen die Belagerer, durch eine
List an'S Ziel zu gelangen. Sie verficherten die Trojaner ihrer Freund-
schaft, ließen allenthalben verkünden, der Friede sei gefichert und opferten
ihnen sogar das hohe hölzerne Roß der frelen Conferenzen. Die Troja-
uer wußten fich vor Freude kaum zu faffen, legten ihre constitutionellen
Waffen ab, riffen die Schutzmauern der PopularitLt ein und zogen jubelnd
den österreichischen Coloß in ihr Land. Die liberale Prcffe, eine war-
nende Caffandra, die das darin verborgene Verderbniß prophezeite, wurde
nicht gehört. Als es aber Abend wurde, und der finstere BundeStag an-
brach, da öffnete flch das Roß, und kamen Bewaffnete hervor, und eilten
nach Churheffen, Holstein, Meklenburg u. s. f. Die Verwirrung war so
groß, daß die Trojancr selbst den Feindcn eine Brücke schlugen, um
an'ö Ziel zu gelangen. Die hehre Großmacht Zlion war dahin, und die
Preußen kvnnten mit vollem Rechte singen:

leuimus rrnLs!

Nur der Trcubundr-Aeneas nahm seincn Vater Gerlach auf den Rücken
und sein Kind, die Kreuzzeitung, bei ver Hand und rellete sich nach Rom!
— Sle verzeihen, meine Herren, diese mythologische Abschweifung, und
ich erlaube mir, wiedcr auf obige Leutsche Fahne zurückzukommen. DaS
 
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