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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0298

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282

Ausführlicher, umständlicher und authentiöser Bericht
über die fortgesetzten Huldigungsfeierlichkeiteu auf der
Stammesburg Hohenzollern.

Nachdem am 23. August die 400 Deputirten im Namen der Men-
schen dieseS LandeS ihrem neu angestammtcn Herrn die Versicherung ih rer
nnbeugsamen und doch unzerbrechlichen Treue zu Fuffen geleckt haben,
wurde am folgcnden Tage auch die Huldigung des in diesem Lande bestnd-
lichen Thierreichcs entgegengenommen, und zwar von dem durch Kabale
und Liebe bekanntcn Herrn Hofmarschall Kalb.

Schon am frühen Morgen sah man fröhliche Ochsen, Schaase, Pferde,
Fächse, Hunve, Vögel — kurz Thiere jedes Standes und Alters den Berg
hinauf wandeln, und im Hofraum der Bnrg Platz nehmen. Nachdem zu-
vor ein Fuchs den Gänsen gepredigt hatte, kam um 10 Uhr der Herr Hof-
marschall Kalb, stellte stch auf einen erhöhten Platz, und sprach zur ver-
sammelten Menge: „Nachdem nicht nnr die Menschen, sondern auch die
Thiere dem Staate angehören, und sogar als Mitglieder des Nährstandes
und deS Wehrstandes wichtig sind, und die weise Sorgfalt der Regiernng
gerade in den unvernünftigen Staatsangehörigen eine mächtige Stütze des
vffentlichen Wohles erblickt, so bin ich beaustragt, anch Jhre Huldigung
entgegen zu nehmen. — Wollen Sic zuerst die Vögel huldigen laffen, und
zwar die Raubvögel, denn so sei es Sitte, daß zuerst die gcadlerten
huldigen, und dann die übrigen."

(Ein Habicht und ein MauSgeier treten hervor.)

Hofmarschall: Meine Herren, die Uhrahnen Jhres Geschlechtes
haus'ten als edle, aber gefürchtete Ranbthiere, als Geier und Adler in diesen
Gegenden, und von den hohen Schlöffern, auf denen fie ihre Nester hat-
ten, schoffen sie oft herab auf einen friedlichen Hasen oder eine ländliche
Taube. Die Zeiten haben fich geändert; jene riestgen Generationen sind
ansgestorben, und eristiren nur mehr auf Wappen und Schildern, und die
sanftern Nachkommen und Abarten sehen es ohne Mißgunst, wenn der
Landmann felbst seine Beute macht. So geloben Sie denn, auch unter
der neuen Regierung trcue und gnte Thiere zu sein, ihr Vaterland zu lie-
ben, und nicht verrätherisch in fremdeReviere überzulaufen.

(Habicht und Mausgeier bieten ihm gerührt die rechte Kralle.)

Hofmarschall: Jch danke Jhnen für Jhre Ergebenheit. Jch
drücke Jhnen die biedern Fänge.
 
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