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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 4.1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.21527#0346

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steht; eine Mythologie mit der alten Geschichte, daß MarS und Venus
einander gern haben; eine Naturgeschichte, worin sedoch nicht erklärt ist,
auS welcher Ursache Madame Birchpfeiffer so viele Stücke hervorbringt;
„Wien und die Wiener" sauber gebunden; und noch viele andere Werke.

— An der nächsten Wand steht der Ofen mit der Statue der Bavaria;
also der Ofen als baperische Ruhmeshalle; Tom friert! — An der drit-
ten Wand ein Sopha, mir selbst täglich von 2 Uhr bis 5 Uhr „zur
kurzen Ruh bestimmt", daneben eine Commode mit einer Uhr, warauf
Faust's Gretchen, alle vierzehn Tage aufzuziehen. An der vierten Wand
Spiegel und Fenster zum hinein- und hinaussehen, ncbst Barometer, Ther-
mometer und Compaß. Wenn ich beim Schreiben um einen Ausdruck
verlegen bin, so nehme ich den Compaß, um zu erfahren, wo ich bin; die
Magnetnadel zeigt direkt nach Norden, dem Hort ves AbsolutismuS; noch
weiter rechts davon befindet fich der churhesfische Treubund, am linkesten
Ende aber das Comits' der revolutionären Schneider und Handschuhmacher;
mein Ausdruck liegt also in etwas schiefer Richtung zum Nordpol zwischen
dcn churhesfischen Treubündlcrn und den revolutionären Handschuhmachern.

— Der Thermometer zeigt, wie viel Grade Metternich wir haben, und gibt
den Dunstdruck der Pariser Linie an; vom Dunstdruck der Pariser Natio-
nalgarde stcht auf meinem Thermometer nichts. Der Barometer endlich
prophezeit daS Wetter für den vorhergegangenen Tag: bayerischer Land-
tag — heiter; preußische Diplomatie — Wind; Fürst Schwarzenberg —
bewölkt; Lord Palmerston — angenehm. Der Leser hat fich hoffcntlich
die Szenerie klar gemacht. Jch fitze an meinem Tisch, und suche etwas
zu schreiben, was nicht gegen das Preßgesetz verstoßt. Es klopft.

I ch. Herein!

(Sovhokles tritt ein.)

Sophokles. Jch bin der Literat SophokleS, den Sie vielleicht dem
Namen nach kennen, und wollte mir die Ehre geben, Sie zu be-
suchen.

Jch. Sehr erfreut! — Darf ich bitten, Platz zu nehmen? — (So-
phokles setzt fich.) Nun, wie gefällt es Zhnen hier?

Sophokles. Sehr gut, nur daS Wetter ist so schlecht.

Jch. Ja wohl, scheußlich!

Sophokles. Ja wohl, sehr.

(Pause. Die Unterhaltung stockt.)

Jch. Wo wohnen Sie?

Sophokles. Jm grünen Baum, zu dienen.

Jch. Ah! Sehr hübsch, gntes Bier »nd gute Kost.

Sophokles. Ja wohl, und sehr gut gelegen; man hat nicht weit
 
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