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38

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. io.

Ueber das Malerhandwerk im Altertum.
Römische Wanderungen.
Von E. B.
(Schluss.)
Der Italiener verneinte zunächst die Möglichkeit,
dass die Malereien im langen Korridor in Freskotech-
nik ausdeführt seien und bezeichnete die Manier als
„Encausto", und auf meine dahingehend geäusserten
Zweifel meinte er, es sei wohl eine Malerei mit „al-
bumino" (Eiklar) oder mit einem Leim, der früher aus
den Knorpeln der Stiere bereitet worden sei, jetzt
diene zu gleichem Zwecke Fisch- oder Hasenleim
(colla di pesce o coniglia). Die Malerei habe man
dann mit einer Wachslösung überzogen. Das war mir
sehr interessant zu hören, und ich notierte mir seine
Worte gleich nach Verlassen der Ausgrabungsstelle.
Später wurde mir von anderer Seite das Bekannt-
sein dieser auf frischem Stuckbewurf üblichen Tech-
nik bestätigt, und dieser Gewährsmann bezeichnete
die gebräuchliche Leimsorte mit „cartilagine", d. h.
sovie 1 wie Knorpelleim. Um der Sache weiter nach-
zugehen, suchte ich in einem grossen Buchtaden nach
einem Handbuch für Kunst- oder Dekorationsmaler,
worin doch meist die Materialien beschrieben sind,
und ich fand sogar einige ganz neueren Datums, dar-
unter eines, das betitelt war: L'Imbianchino e il De-
coratore, d. h. der Tüncher und Dekorationsmaler,
Verfasser ist Thomaso Frazzoni (Manuali Hoepli, Mi-
lano 1911). In dem Kapitel über Freskomalen (Delle
tinteggiature a fresco), S. 92, findet sich bezüglich der
Freskotechnik eine Variante, die wenigstens bei uns
und in allen einschlägigen Büchern ganz unbekannt
ist; da heisst es, nachdem als Anreibemittel für Fresko
nur reines Wasser genannt ist, man könne auch nach
einem anderen System arbeiten, wodurch die Tonver-
änderung vermeidbar sei, der dazu geeignete Grund
bestehe aus gleichen Teilen von Weisskalk und kohlen-
saurem Kalk (d. i. Marmorsand), zum Anreiben der
Farben nehme man ein wenig „colla d'ovo", d. h. das
Eigelb und Eikiar, gemischt mit 5 Teilen Wasser,
oder „colla di gelatina, come colla di pesce, colla
di coniglia etc.", gemischt mit Seifenwasser (acqua di
sapone), oder ein paar Tropfen Leinöl. Das sind ja
zum grössten Teil die nämlichen Angaben, wie sie
mir der italienische Arbeiter machte! Und jetzt
kommt das Interessanteste in dem Buche: Bei Be-
schreibung der Technik glatter und glänzender Flächen
(Superücie liscia e lucida), also der Stucco-lustro-Ma-
nier, findet sich S. 153 die Bemerkung, die nötigen
Farbentöne würden in der nämlichen unter „Fresko"
bezeichneten Weise (S. 92) bereitet. Solche Mischungen
vertrügen, abgesehen von ihren sonstigen Eigen-
schaften, aufs beste die Glättung mit dem heissen
Eisen, falls man die Imitierung glanzenden Marmors
beabsichtige. Da haben wir ja die Tradition der an-
tiken Wandtechnik, fortgesetzt im Handwerksbetrieb
bis auf die heutige Zeit und beschrieben in einem
Werkbuch neueren Ursprungs!!
Aber die „Katze lässt das Mausen nicht" und der
italienische Arbeiter nicht seine Hinterhältigkeit. Ob-
wohl in dem obigen Buch nämlich die Stucco-lustro-
Technik mit allen Einzelheiten, dem Ueberstreichen
mit Marseiller Seife, dem Glätten mit kalten und mit
heissen Eisen, beschrieben wird, verschweigt er (ab-
sichtlich oder nicht?) ganz und gar die Schlussopera-
tionen des Abpolierens mit Wachs, ohne die eine ab-
solute Gleichmässigkeit unmöglich ist. Aber abge-
sehen davon sehen wir, dass Frazzoni eine Fresko-
technik mit organischen Bindemitteln beschreibt, die
jede gewünschte Glättung zulässt, eine Technik, die
in Italien bekannt und ausgeübt wird und durch eine
Art Werkstattradition von Geschlecht zu Geschlecht

weitervererbt worden sein mag. So erklärte es sich
auch, dass ein Stukkateur (natürlich Italiener, wie die
meisten ihres Faches in Deutschland) einmal auf die
Frage des Prof. Furtwängler, ob er imstande sei, eine
ebenso glänzende Wanddekoration zu liefern, wie sie
in Rom und Pompeji zu finden sei, kurzerhand zur
Antwort gab: „O ja! Dass kann ich schon machen,
wenn — Sie bezahlen." Und mir gab der nämliche
Stukkateur auf eine ähnliche Frage (er behauptete,
eine Enkausto-Manier ohne Wachs zu kennen) zur
Antwort: „Ich mache, wenn Sie bestellen, aber ich
sage nicht wie, sonst machen Sie gleich Patent
daraus."
Aus diesen wenigen Details, die zu sammeln ich
mir angelegen sein liess, wird man ersehen, was die
Italiener als Werkstätten-Geheimnisse bewahren und
wie schwer es ist, ihnen hinter ihre Kniffe zu kommen.
Vielleicht gelingt es einem anderen Kollegen, den sein
Weg in den sonnigen Süden führt, weiter zu forschen,
um die Schleier, die immer noch die antiken Maltech-
niken umgeben, zum allgemeinen Besten zu lüften.
Das würde der Wissenschaft und dem Malergewerbe
nur förderlich sein.
Linoleum- und Zelluloidschnitte iür
Reklameplakat- und Illustrationsdrucke.
Von J. Mai.
Zur Anfertigung von gedruckten Plakaten, Reklamen,
einfachen Illustrationen usw. werden jetzt vielfach die
sogenannten Linoleum-, Zelluloid- und Bleischnitte statt
der Holzschnitte verwendet. Denn dieses Platten-
material stellt sich erstens weit billiger als das Holz,
und die Bearbeitung geht wesentlich leichter von der
Hand, so dass man nicht gerade perfekt im Holz-
schnitt zu sein braucht, um einwandfreie und sauber
ausgeführte Druckplatten herstellen zu können.
Der weitere Vorteil, den die Linoleum- und Zellu-
loidplatten bieten, ist der, dass sie bei grossen, flächig
gehaltenen, vollen gedeckten Schriften, Zeichnungen,
Bändern und dergleichen im positiven und negativen
Druck sogar sehr gut ausdrucken, was bei den Holz-
platten nicht immer der Fall ist, während die Blei-
platten gewöhnlich dazu neigen, dass die hellen Druck-
farben zum Teil vom Blei stark beeinflusst, also ganz
wesentlich verfärbt werden.
Wenn man sich also mit dem Schnitt solcher
Druckplatten befassen will, da kann nach dem hier
gesagten die Wahl nur auf das Linoleum oder das
Zelluloid fallen, umsomehr, als das Schneiden dieses
Materials die Hände bei weiten nicht so ermüdet, da-
gegen geht das Arbeiten nach einiger Uebung und
der erforderlichen Sicherheit und Festigkeit der Hand
sogar ziemlich rasch und flott vonstatten, weshalb
ich Versuche mit diesem Plattenmaterial nur empfehlen
kann.
Es ist ganz selbstverständlich, dass nur ein gut
schneid- und druckfähiges Linoleum von absolut
glatter Fläche allein verwendbar ist, und man kann
ein solches überall käuflich erhalten. Ein wirklich in
jeder Beziehung befriedigendes Linoleum ist das, wel-
ches lange Zeit an einem trockenen Orte gelagert
hat, denn frische Sorten sind fast unbrauchbar, weil
sie beim Schneiden fasern oder leichter abbröckeln.
Das im Vorrat zu haltende Linoleum soll man liegend
verwahren, damit es seine ebene Lage beibehält und
leichter aufgeleimt werden kann, und soll es selbst-
verständlich gut in trockenes Papier eingeschlagen
werden.
Im Durchschnitt soll man stets nur auf den auf
Holzfuss aufgeleimten Platten den Schnitt ausführen,
und ist die ganze Dicke des fertigen Druckstockes etwa
 
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