Die Metopen der Nordostecke des Parthenon
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Tracht betrifft, so ist mir allerdings keine direkte Analogie für sie bekannt,
denn Helios trägt, falls er überhaupt bekleidet erscheint, in der Regel das
geschlossene Wagenlenkergewand. Aber es kann wenigstens darauf hingewiesen
werden, daß eine Zeit, die auch andere Götter, wie Apollo, mit dem damals be-
liebten dorischen Peplos ausgestattet hat, dies auch bei dem mit ihm verwandten
Helios getan haben mag.
Malmberg hat dann sein Gegenstück in Metope XXIX, Fig. 138 (Michaelis
T. 4; Collignon, Parthenon PI. 39; Smith, Sculptures S. 43 Fig. 84) gefunden.
Soviel sich von unten aus sehen läßt, war hier tatsächlich eine bekleidete, auf
einem vorsichtigbergabsteigenden Pferde
oder Maultier sitzende Figur dargestellt,
die wahrscheinlich als weiblich aufzufas-
sen ist. Denn links von ihr sind im Grunde
noch ziemlich reichliche Reste von Ge-
wandung stehen geblieben. Auch deutet
die breite Bruchfläche an dem Pferde-
leib darauf hin, daß die Figur seitlich
auf dem Tiere saß. Unter diesen Um-
ständen scheint mir Malmbergs Deutung
auf Selene richtig zu sein. Viele Vasen-
bilder zeigen sie so auf ihrem Tiere
reitend und wiederholt hält sie in diesen
138: Metope Nord XXIX.
mit der erhobenen Hand, sei es verhüllend oder entschleiernd, das Gewand seit-
wärts vom Kopfe ab (Mon. d. Inst. II T. XXXI; Arch. Zeit. XXV 1867 T. 224, 1
usw.). Ähnlich wäre auch hier nach den erwähnten Gewandresten ihre Bewegung
zu rekonstruieren.
Malmberg denkt sich nun zwischen den Darstellungen dieser zwei Gottheiten,
von ihnen eingerahmt, eine Reihe von Einzelszenen aus dem Trojanischen Kriege
als Gegenstand der Nordmetopen, eine Annahme, die kürzlich von Katterfeld
(a. a. O. S. 43) Ablehnung erfahren hat. In der Tat müssen wir uns fragen, ob
es wahrscheinlich ist, daß eine Reihe von zeitlich und räumlich so auseinander
liegenden Szenen, wie die Abschieds- und Rüstungsszene am Anfänge, dann das
Pferd des Rhesos, die Rückführung der Brise’is und schließlich das Wiederfinden
des Menelaos und der Helena durch die Darstellung von Helios und Selene
einerseits begonnen, anderseits abgeschlossen werden können.
Die ganze Kompositionsweise ist die Erfindung einer dem Parthenon nahe
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Tracht betrifft, so ist mir allerdings keine direkte Analogie für sie bekannt,
denn Helios trägt, falls er überhaupt bekleidet erscheint, in der Regel das
geschlossene Wagenlenkergewand. Aber es kann wenigstens darauf hingewiesen
werden, daß eine Zeit, die auch andere Götter, wie Apollo, mit dem damals be-
liebten dorischen Peplos ausgestattet hat, dies auch bei dem mit ihm verwandten
Helios getan haben mag.
Malmberg hat dann sein Gegenstück in Metope XXIX, Fig. 138 (Michaelis
T. 4; Collignon, Parthenon PI. 39; Smith, Sculptures S. 43 Fig. 84) gefunden.
Soviel sich von unten aus sehen läßt, war hier tatsächlich eine bekleidete, auf
einem vorsichtigbergabsteigenden Pferde
oder Maultier sitzende Figur dargestellt,
die wahrscheinlich als weiblich aufzufas-
sen ist. Denn links von ihr sind im Grunde
noch ziemlich reichliche Reste von Ge-
wandung stehen geblieben. Auch deutet
die breite Bruchfläche an dem Pferde-
leib darauf hin, daß die Figur seitlich
auf dem Tiere saß. Unter diesen Um-
ständen scheint mir Malmbergs Deutung
auf Selene richtig zu sein. Viele Vasen-
bilder zeigen sie so auf ihrem Tiere
reitend und wiederholt hält sie in diesen
138: Metope Nord XXIX.
mit der erhobenen Hand, sei es verhüllend oder entschleiernd, das Gewand seit-
wärts vom Kopfe ab (Mon. d. Inst. II T. XXXI; Arch. Zeit. XXV 1867 T. 224, 1
usw.). Ähnlich wäre auch hier nach den erwähnten Gewandresten ihre Bewegung
zu rekonstruieren.
Malmberg denkt sich nun zwischen den Darstellungen dieser zwei Gottheiten,
von ihnen eingerahmt, eine Reihe von Einzelszenen aus dem Trojanischen Kriege
als Gegenstand der Nordmetopen, eine Annahme, die kürzlich von Katterfeld
(a. a. O. S. 43) Ablehnung erfahren hat. In der Tat müssen wir uns fragen, ob
es wahrscheinlich ist, daß eine Reihe von zeitlich und räumlich so auseinander
liegenden Szenen, wie die Abschieds- und Rüstungsszene am Anfänge, dann das
Pferd des Rhesos, die Rückführung der Brise’is und schließlich das Wiederfinden
des Menelaos und der Helena durch die Darstellung von Helios und Selene
einerseits begonnen, anderseits abgeschlossen werden können.
Die ganze Kompositionsweise ist die Erfindung einer dem Parthenon nahe
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