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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 3.1912/​1913

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Wirth, Albrecht: Ursprung der Albaner
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https://doi.org/10.11588/diglit.69722#0021

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Ursprung der Albaner.

die übrigens viel gleichmäßiger als die von Gau
zu Gau wechselnde der Frauen ist, hat zwar
ebenfalls Eigenart, doch wüßte ich vorläufig keine
ausgesprochene, sonderlich zwingende Analogie.
Daß die Hosen den Hosen der Skythen und Perser
und Japaner entsprechen, besagt zu wenig. Viel-
fach sind Motive, so namentlich bei der Weste,
von Serben entlehnt. Schade, daß so gar nichts
über Bewaffnung bekannt ist. Jetzt haben natürlich
alle Revolver und Gewehr. Aber die Skipetaren,
die in der späteren Kreuzzugszeit in Hellas ein-
wanderten, und viele Genossen Skanderbegs
werden noch keine Feuerwaffen gehabt haben.
Ich bin überzeugt, daß ein emsiger Forscher
hierüber noch wertvolles bei den Byzantinern
finden könnte.
Auf den Befund an Glauben, Aberglauben,
Mythologie und Sitte will ich mich hier nicht
einlassen. Einmal sind diese Dinge in Albanien
erst wenig gesammelt, sodann sind ethnologische
Schlüsse daraus ungemein unsicher. Höchstens
wäre hervorzuheben, daß Blutrache sonst noch
in Korsika und Hochschottland ähnlich beliebt
war. Sowie bei den Tscherkessen. Seltsam
ist, daß selbst bei schweren Bergwanderungen
nie ein Stock gebraucht wird; wer einen nimmt,
wird als schwaches Weib verachtet. Rodeln
können die Älpler trotz einem modernen Hoch-
touristen und ebenso Stufen hacken. Schnee-
reifen, wie sie Strabo vom Westkaukasus kennt,
habe ich nirgends getroffen.
Nun zur Sprache! Es kann heute als aus-
gemacht gelten, daß den Albanern, Bulgaren,
Rumänen der Gegenwart eine gemeinsame Ur-
schicht anhaftet. Das zeigt u. a. der nachgestellte
Artikel. Die Urschicht ist die illyrisch-make-
donische. Was aber waren die Illyrier? Die
Antwort lautet fast immer: Indogermanen. Ich
glaube, das ist grundfalsch.
Mehrfach habe ich die Theorie zu begründen
gesucht, daß vom Jenissei und den Hängen des
Hindukusch bis zu den Pyrenäen und dem Atlas
die große Völkergruppe der Kas wohnte, deren
Reste heutzutage in den khadschu-na Dardistans,
den Tscherkessen und Verwandten, den Basken
und Berbern fortleben. Zu der ausgebreiteten
Rasse gehörten die Jazyger (jazyche nennen sich
selbst die Tscherkessen), die Ligurer, die Raetier,
die Etrusker und Iberer. Der Geschichtsschreiber

kann Wanderungen der Jazyger bis Italien, der
Ligurer vom Kaukasus bis Großbritannien, der
Etrusker von der Krim bis Tarragona, der Iberer
von Iberien oder Georgien im Südkaukasus bis
Korsika, Spanien und Irland verfolgen. Ähnlich
noch einige 30 bis 40 Völker und Stämme kasischer
Herkunft, vom 3. Jahrtausend vor Chr. bis zum
Avarensturm und dem Zug der Madjaren, bei denen
ein Hauptstamm Kabar hieß, genau wie sich der
Kern der Tscherkessen selber nennt. Von solchen
Völkern möchte ich nur noch die Sikuler nennen.
Sie treten als Zakal-scha im Land der Pharaonen
auf, als Sakali in Indien, als Sikuler im Nord-
westen des Balkans — ein Gebirge Zakali ist
zwischen Skutari und Schlaku, Syrakus und
Ochrida (vgl. Achradina) ist am Südsaum Albaniens
— in Nord-, Mittel-, Süditalien und auf Sizilien.
Es wäre nicht unmöglich, selbst die Szekler
Ungarn hier vorzuziehen und die Saka oder
Skythen. Ein Skythengetränk, der kumys, hat
sich als kjamst noch heute bei den Skipetaren
erhalten.
In die Reihe der Kas sind nun auch die
Albaner zu stellen. Wie die Iberer, Abasgen und
Ligyes des Kaukasus in Iberern, Basken und
Ligures, Liburni, Libyes1 des Abendlandes wieder
auftauchen, so die lesgischen Albaner des Ost-
kaukasus in den Albanern Illyriens, Italiens und
Hochschottlands. Ich hielte es nicht für aus-
geschlossen, auch die Skipetaren als Saka mit
südkaukasischen Pluralsuffixen pe-tar zu deuten.
Der Überschuß an Suffixen ist gerade ein Haupt-
zeichen kaukasischer Sprachen. Der Name Illyrer
lebt noch heute in der Lurja und im Flusse Luros,
unweit der akarnanischen Grenze, fort. Vettern
sind die Luren in der Nähe des Kusch Dinar
(vgl. Dinarische Alpen) in Persien.
Die Kas wurden in Syrien semitisiert, in Persien
iranisiert, am Ural finnisiert; in Nordafrika erlebten
sie semitische und negroide Einflüsse, in Europa
indogermanische Umbildung der verschiedensten
Art. Auch die Albaner wurden arisiert — ich denke,
etwa seit dem Keltensturm, nicht früher — aber bis
zum heutigen Tage ist die Arisierung nicht ganz
durchgedrungen. 7 und 8 sind offenbar anarisch.
Ebenso viele Wörter des gewöhnlichen Lebens.

1 Diese Gleichung hat schon Pais, Storia di Roma,
vollzogen.

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