Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 3.1912/​1913

DOI Artikel:
Wening, A. v.; Heimann, William [Mitarb.]: Das Nestorianer-Denkmal von Sian-fu: ("Der Stein himmlischer Verehrung") und die Holm'sche Expedition von 1907 und 1908
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69722#0039

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das Nestorianer-Denkmal von Sian-fu

(„Der Stein himmlischer Verehrung“) und die
Holm’sche Expedition von 1907 und 1908.
Von A. von Wening und William Heimann.
Mit 11 Abbildungen auf 3 Tafeln (VI—VIII).

|®§jeit dem Jahre 1625 ist es bekannt, daß im
fernen Inneren Chinas ein eigenartiges
Monument mit einer religionsgeschicht-
lich und philologisch wertvollen zwei-sprachigen
Inschrift vorhanden ist, das sogenannte Nesto-
rianer-Denkmal.
Zwischen den Jahren 1625 und 1907 wurde
das Monument von einigen wissenschaftlichen
Expeditionen besucht, diese aber waren nicht der
Stele wegen nach Sian-fu gekommen. Die Außen-
welt stand nie mit dem Nestorianer-Steine in
Berührung, außer durch das Medium einiger
weniger Photographien und einiger Abdrücke
(decalques) der Syro - chinesischen Inschrift.
Die allgemeine Gestalt und die große Schön-
heit des Steines war im Ganzen ebenso un-
bekannt, als ob dieser nie entdeckt worden
wäre.
In den Jahren 1907 und 1908 hat nun ein
junger dänischer Forscher die verdienstliche Ar-
beit vollbracht, die Lücken unseres Wissens durch
eine Reise nach dem Standort des Denkmals und
durch Anfertigung einer vorzüglichen Vervielfäl-
tigung ausgefüllt zu haben.
Vier Steinmonumente gibt es, welche an
archäologischem Werte besonders hervorragen,
der Rosettestein in London, der Moabiterstein
in Paris, der Kalenderstein der Azteken in der
Stadt Mexico und das Nestorianer-Denkmal in
Sian-fu.
„Tching-tchiaopei“ oder frei übersetzt „Stein
himmlischer Verehrung“ wurde in Sian-fu (Provinz
Schensi) am Sonntag, dem 7. Tage im ersten
Monat des Jahres 781 p. Chr. n. (im zweiten
Jahre der Herrschaft Kien - tschungs) von der
Tang-Dynastie errichtet. Obgleich die Chronik
nichts Näheres darüber berichtet, so ist doch
anzunehmen, daß dieses große Ereignis der
Steinsetzung im Beisein einer großen Anzahl

staatlicher und kirchlicher Würdenträger vor sich
gegangen ist. Die Inschrift des Steines näm-
lich ist von 67 syrischen und 61 chinesischen
Priestern und verschiedenen Staatsmandarinen
unterschrieben worden. Die Inschrift selbst ist
von Tsching-Tsing, einem Hohenpriester der syri-
schen Kirche, verfaßt worden und setzt sich aus
einem Vorwort, das die Fortpflanzung der er-
lauchten nestorianischen Religion in China ver-
herrlicht, und einer 16 Strophen langen Ode —
Gott, die Wunder der Schöpfung und die Edel-
taten der verschiedenen Herrscher preisend —
zusammen. Außer dem chinesischen Texte ent-
hält das Monument auch einen syrischen Teil
und darüber ein Kreuz. Wahrscheinlich, sagt
Holm, ist der syrische Teil zuletzt eingemeißelt
worden, wie auch das Kreuz, denn die Arbeit
läßt schon eine andere Hand vermuten. Weder
die syrischen Schriftzeichen noch das Kreuz
sind so tief gemeißelt als die ca. 200 chine-
sischen Schriftzeichen. Die Namen von 67
syrischen Priestern, welche auf beiden schmalen
Seiten des Steines eingegraben sind, dürften
ebenfalls erst nachträglich angebracht worden
sein.
Auf der rechten, schmalen Seite des Monu-
mentes befindet sich auch noch eine über den
originalen Missionar-Namen angebrachte Inschrift,
welche ein Chinese namens Han Tai-hwa im
Jahre 1859 ohne Rücksichtnahme auf die Original-
schrift fertigen ließ, um die Welt wissen zu lassen,
daß er sich um die Erhaltung des Steines verdient
machte.
Es ist verschiedentlich versucht worden, den
Wortlaut genau zu übersetzen. So berichtet
Professor Wells Williams in „The Middle King-
dom“ von dem zuerst gemachten Versuche durch
Boime, veröffentlicht zusammen mit dem Original
durch den Holländer Kircher. Kircher selbst schuf

3*

19
 
Annotationen