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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 3.1912/​1913

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Pudor, Heinrich: Zu der Frage des Ursprungs einiger japanischer symbolischer Motive
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https://doi.org/10.11588/diglit.69722#0128

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Zu der Frage des Ursprungs einiger japanischer
symbolischer Motive.
Von Heinrich Pu do r-Leipzig.

dem Aufsatz des Herrn F. O. Müller-
Beeck in Heft 2, II des Orientalischen
Archiv seien mir einige ergänzende Be-
merkungen gestattet. So schätzenswert die Aus-
führungen desselben sind, so übersieht der Ver-
fasser, glaube ich, daß das Drehkreuz, die „Svastika“,
das Urbild außerordentlich vieler Motive und Orna-
mente, im Orient sowohl als im Occident, wie auch
einiger der von ihm besprochenen und abgebildeten
bildet Zunächst sei darauf aufmerksam gemacht,
daß man, wenn man vom Drehkreuz die vier
äußeren Schenkel fortnimmt, zum Ursprung des
Gammadion gelangt Vor allem aber hat sich
das lamaistische Zeichen für lang und die ent-
sprechenden japanischen Wappenzeichen unver-
kennbar aus dem Drehkreuz entwickelt — beim
lamaistischen Zeichen, indem der Linienzug der
Svastika fortgesetzt und die Ecken abgerundet
wurden. Herr Müller-Beeck sagt, daß eine ganze
Reihe von japanischen Wappen (Tafel XVI, 3, 4,
6 und 8) ihren Ursprung direkt aus diesem la-
maistischen Zeichen abgeleitet haben. Aber es
verhält sich wohl eher umgekehrt, oder aber
beide Gruppen haben sich selbständig aus der
Svastika entwickelt. Am deutlichsten ist dies
bei Nr. 6 zu ersehen: dieses Zeichen besteht un-
zweideutig aus ineinandergesteckten Drehkreuzen,
wobei nur die eine Änderung der ursprünglichen
Form der Drehkreuze Platz gegriffen hat, daß
nämlich die äußeren Schenkel verkürzt sind. Bei-
läufig erwähnt sei, daß dieses selbe Motiv sich
unzählige Male in unserem heutigen Ornamenten-
schatz, z. B. bei Fliesenmustern, Mosaiken und
vor allem bei allen möglichen Flechtarbeiten (hier
besonders naheliegend, weil es sich um inein-
andergeflochtene Drehkreuze handelt) wieder-
findet. Ganz ähnlich liegt die Sache bei Figur 3
der Tafel XVI, während bei Nr. 4 und 6 die Ecken
abgerundet sind, wie beim lamaistischen Zeichen.

— Daß endlich auch die Tomoe (Tafel XVI,
Abb. 16, 17, 18) aus dem Drehkreuz entstanden
sind und die quirlartige Bewegung des Feuer-
bohrers besonders deutlich zum Ausdruck brin-
gen, darauf habe ich schon früher hingewiesen.
Im Anschluß an das Vorstehende aber möge
es mir gestattet sein, einiges Weitere über die
Svastika und deren Beziehungen zu den Runen
und zu den Hausmarken, Steinmetzzeichen, Ver-
legerzeichen usw. zu sagen. Der Feuervogel ist
Phönix. Auf Phönix deutet das Wort Phönizier,
Punier. Die Punier sind die Verbreiter des nor-
dischen Feuerkultus. Sie benutzten die heiligen
Runen, um ihre Schiffe, Waffen usw. zu schützen
und Werte zu bezeichnen. Aus dem phönizischen
Alphabet entwickelte sich im 10. bis 8. Jahr-
hundert vor Christi das griechische und latei-
nische Alphabet. Wenn das phönizische Alpha-
bet sehr verwandt ist mit dem altsemitischen, so
wollen wir daraus nicht etwa schließen, daß alle
Schriftzeichen auf das altsemitische Alphabet
zurückgehen, sondern in Übereinstimmung mit
den neuen ethnographischen Forschungen können
wir sagen, daß eben das altnordische Alphabet
maßgebend auch für das altsemitische Alphabet
gewesen ist.
Tacitus berichtet („Germania“, 10), daß die
Germanen Reiser von Fruchtbäumen brachen, in
Stäbchen schnitten, in diese Runenzeichen ritzten
und sie auf ein weißes Tuch fallen ließen. Wie
die Stäbchen zu liegen kamen, welches Bild sie
zeigten, danach befragte man das Schicksal.
Schon Müllenhof hat bestritten, daß man drei-
mal je ein Stäbchen aufnahm und die so er-
haltenen Zeichen auslegte. Nein, gerade so, wie
die Stäbchen auf dem Boden durch eigene
Fügung zu liegen kamen, und welches Zeichen
sie hier von selbst bildeten, war maßgebend.
Noch heute schütten, wie Fischbach anführte,

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