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Grothe, Hugo [Bearb.]
Orientalisches Archiv: illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kulturgeschichte u. Völkerkunde der Länder des Ostens — 3.1912/​1913

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Fischer, Adolf: Einiges über die Ausstellung alter ostasiatischer Kunst in der Berliner Königlichen Akademie der Künste
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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.69722#0135

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sehbarer Zeit würde die so empfindliche Malfläche der
Bilder (alte Seide oder oft brüchiges Papier) von neugierigen,
ungeschickten, wenn nicht gar boshaften Händen beschädigt
sein, auch Schmutz und andere zersetzende Einflüsse würden
das ihrige tun, und so muß ein Museum, das ostasiatische
Gemälde und empfindliche Holzskulpturen zur Schau stellt,
bei aller Erkenntnis der Schattenseiten des Glases im Inte-
resse der Konservierung der Kunstwerke, wenngleich mit
tiefem Bedauern, doch zu dem leidigen Glas greifen.
Ideale Forderungen und reale Möglichkeiten sind schwer
in Einklang zu bringen!
Das Museum of Fine Arts in Boston, wo sich außer-
halb Ostasiens die reichsten und wertvollsten Sammlungen
ostasiatischer Kunst befinden — chinesisches Porzellan ist
in New-York, London und Paris bedeutender vertreten —
hat jahrelang experimentiert, um den ostasiatischen Kunst-
werken, bei deren Aufstellung sich ungeahnte Schwierig-
keiten herausstellten, gerecht zu werden. Sehr vieles ist
den auf museumstechnischem Gebiet erfahrenen Leitern
vortrefflich gelungen, manche Fragen blieben bisher unge-
löst, aber die Überzeugung hat man gewonnen, daß man

Kleine Mitteilungen.
ostasiatische Gemälde und empfindsame Holzstatuen auf
die Dauer nicht ungestraft ohne Glas aufstellen kann.
In Anlehnung an die japanische Bildnische hat die
Ausstellungsleitung in der Akademie in Saal III längs der
Wände eine lange Reihe aneinanderstoßender Nischen ge-
schaffen, in denen je ein altbuddhistisches Bild über einem
ca. 4‘ tiefen, altartischartigen Vorbau leider viel zu hoch
hing und zu weit von dem Beschauer entfernt, so daß es
unmöglich war, die delikate Technik und feine Linienführung
der Bilder genießen zu können.
Einseitige, all zu orthodoxe Japanomanen stellen die
Behauptung auf, man könne ein Kakemono nur in einem
Tokonoma, also in einer Bildnische, genießen.
Wie unrichtig diese Anschauung ist, der sich ein Kenner
Chinas und Koreas nie anschließen wird, beweist die Tat-
sache, daß weder das chinesische, noch das koreanische
Haus eine Bildnische kennt, die nur eine Eigenart des
japanischen Hauses ist.
Es heißt der ostasiatischen Kunst Gewalt antun, wenn
man sie nur von dem japanischen Standpunkt, oder gar
nur von dem der japanischen Teezeremonie beurteilt!

Kleine Mitteilungen.

Ausstellungen.
Das Rijks Ethnographische Museum zu Leiden
veranstaltete im Jahre 1912 eine Reihe von Ausstellungen
japanischer Farbenholzschnitte. Als siebente solcher
Sonderausstellungen ist die des Farbenholzschnittkünstlers
Kaisai Yeisen (bis 1. Febr. 1913), als achte die von Toyo-
haru, Toyohisa und Toyokuni eingesetzt. In ähnlicher
Weise soll in Teilausstellungen im Jahre 1913 die japa-
nische Malerei zur Veranschaulichung gebracht werden.
Museen.
Im Isabellensaale des Gürzenichs hielt Professor Adolf
Fischer einen durch Lichtbilder erläuterten Vortrag über
das seiner Obhut anvertraute städtische Museum für
ostasiatische Kunst, das, sobald die sehr mühsame und
zeitraubende Einordnung vollendet ist, dem Publikum seine
Pforten öffnen wird. Nach einem kurzen Überblick über
die Schwierigkeiten, die sich Fischer gegenüberstellten, als
er vor 20 Jahren seine erste Forschungsreise nach dem
Osten unternahm, und über die raschen Fortschritte, die
seitdem die Kenntnis der chinesischen und japanischen
Kultur gemacht hat, besprach der Redner den Bau und
die Einrichtung des Kölner Museums, Ausführungen,
die allgemeines Interesse beanspruchen. Der Gedanke lag
nahe, dem neuen Museum eine an ostasiatische Bauten
anklingende Gestalt zu geben, aber Fischer wies an der

Hand von Photographien nach, daß diese Architektur für
ein Museum keine geeigneten Vorbilder liefere und daß
es außerdem sinnwidrig sei, in das Bild einer europäischen
Stadt ganz fremdartige Stilelemente hineinzutragen. Von
grundsätzlicher Bedeutung waren auch die Ausführungen
Fischers über die innere Ausgestaltung des Museums; sie
sind doppelt beherzigenswert, weil hier ein gewiegter Sach-
kenner einer starken Modeströmung, der kritiklosen Verall-
gemeinerung eines nur unter besonderen Umständen richtigen
Gedankens entgegentritt. Die Einrichtung ist ganz schlicht,
ohne ausgesprochenen Stil; der Hauptwert ist auf gute
Beleuchtung gelegt, sonst soll die Umgebung hinter den
ausgestellten Gegenständen gewissermaßen verschwinden.
Namentlich Laien fordern heute oft, daß Kunstwerke in ein
ihrer Zeit und ihrem Charakter entsprechendes „Milieu“ ein-
gewickelt würden. In vielen Fällen läuft dies darauf hinaus,
daß das Kunstwerk, auf das es ankommt, zur Nebensache
wird, z. B. wenn Kirchengerät und Altarbilder in Räumen
ausgestellt werden, die sich in ein weihevolles Dunkel
hüllen und dadurch die genaue Besichtigung erschweren,
ohne doch den gewünschten Stimmungsreiz erzielen zu
können. Als Beispiel nannte Fischer das Museum of Fine
Arts in Boston, das eine ausgezeichnete Sammlung ost-
asiatischer Kunstwerke enthält. Gegen den ausgesprochenen
Willen der wissenschaftlichen Leiter haben dort die Archi-
tekten es durchgesetzt, daß ein Lichthof nach vermeintlich
japanischer Art angelegt wurde; dabei waren grobe Stil-
fehler fast unvermeidlich, die das Urteil des Publikums ver-

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