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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0104

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92

gehängte Bulla hat er mit dem Brüderchen gemein, aber er allein von allen
Kindern trug auch ursprünglich1) einen Lorbeerkranz wie die Erwachsenen und
sogar eine Rolle in der Linken und Ring am vierten Finger, die vom Zeichner
bezeugt sind; jenes auch vom Ergänzer nicht übersehen. Im Vollgefühl seiner
Würde scheint er sich umzusehen, und mit einem Lächeln bestätigt das ältere
Mädchen, mit fingiertem Erstaunen der junge Mann den Eindruck seiner Er-
scheinung. Dem Mädchen 35 hängt an einer Halskette ein Amulet in Form
einer Mondsichel auf die Brust. Auch bei ihr ähnelt der Umwurf der Palla fast
mehr einer Toga, namentlich durch den unten vorhängenden Zipfel, dessen Er-
gänzung kaum verfehlt sein kann, während Füße und Kleiderschleppe, wie bei
den meisten Figuren hier, sehr missrathen sind. Bei beiden Knaben, namentlich
dem kleineren, ist dagegen der Togazipfel übel ergänzt.

Sehen wir, was sonst noch von familiären Beziehungen einer ganz vor-
urtheilsfreien Betrachtung sich offenbaren mag, um darauf eine bei dem Mangel
individueller Gesichtsbildung freilich nicht zureichende Grundlage für etwaige
Namengebung zu haben.

Die matronal verhüllte Frau 34, welche mit der Rechten die Schulter des
kleinen Togatus berührte, hält mit der Linken nur den um den Arm gewickelten
Mantel. Etwas vor sie schiebt sich ein zwischen beiden Ehepaaren stehendes
jüngeres Weib 32, dessen vorn gescheiteltes, hinten lose, nicht lang in den
Nacken hängendes Haar nur vom Kranze bedeckt ist. Zwischen den einander
zugewandten Köpfen des vorderen Paares blickt ein anderes weibliches Antlitz,
30, fast in reiner Vorderansicht heraus, ähnlich wie 38 im linken Zuge, aber
nicht gealtert. Ihr verleiht die Einhüllung des Kopfes einen eigenthümlichen
Reiz, zumal sie den Kopf ein wenig zur Seite neigt und den Zeigefinger der
völlig eingehüllten Hand auf den Mund legt. Obgleich sie keinen der beiden
jungen Leute anblickt, kann man doch hier nicht, wie bei der oben Verglichenen
L. 38, an Abwehr kalter Luft denken, sondern nur mit v. Duhn ein favete Unguis,
eine Mahnung zu andächtiger Stille darin erkennen. Schreiten doch auch weitaus
die meisten Theilnehmer beider Züge offenbar schweigend dahin. Hier aber mag
eine Mahnung berechtigt scheinen, da nirgendwo sonst die menschlich persön-
liche Beziehung zwischen zwei Theilnehmern am Zuge so lebendig und aus-
drucksvoll hervortritt, wie zwischen diesen beiden, die man, wenn nicht für Ehe-
gatten, für im Stillen Einverstandene halten müsste, obgleich nur die Blicke zu

1) Der moderne Kopf entspricht ziemlich genau diese kannte, wird durch das Folgende (vgl. besonders
der Zeichnung des Ursinianus. Dass der Ergänzer zu Fig. 22) noch gewisser.
 
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