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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0187

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175

blähter Mantel noch an Resten kenntlich ist, und das im linken Arm eine Fackel
hält; kann nur eine Lichtgöttin sein: Fackeln, so wie hier gehalten, dienen ja
nur zum Leuchten. Also Lima, Selene, allenfalls die Nacht, Nyx.1)

Was hat sich nun aber der Künstler bei dieser Zusammenstellung- der Erd-
göttin mit dem Wassergott und Selene oder Nyx gedacht? Da die letztere nicht
wohl als Luftgöttin zu verstehen ist, kann von drei Elementen nicht die Rede
sein. Eher von den drei Reichen: Himmel, Erde, Meer, und diese Auffassung
scheint sich dadurch zu empfehlen, dass die Fackelgöttin so hoch, der Wassergott
so tief angebracht ist. Aber wie viele Anstöße bleiben selbst dann noch, die uns
zeigen, dass K nicht eine originale Schöpfung ist, für die wir eine klare einheit-
liche Idee voraussetzen dürfen, sondern vielmehr eine durch Abkürzung unklar
gewordene Nachbildung.

Denn was hat der so liebevoll dargestellte' Quell mit der Mond- oder Nacht-
göttin zu thun? Ist es sodann nicht ein empfindlicher Mangel an Gleichgewicht
in der Composition, dass dem Süßwasser sein dämonischer Bewohner fehlt,
während das Salzmeer ihn hat? Was ist aber ferner dieser Meergott für ein
abnormes Geschöpf, ohne Fischleib und Beine, also ohne die Extremitäten,
die ihn zum Schwimmen befähigen? Statt dessen hier ein dürftiger Meerdrache,
der nur eine weitere Abnormität bildet. Denn solcher Reitthiere, wenn die unklare
Darstellung so zu verstehen ist, bedienen sich wohl die weiblichen, nicht aber
die männlichen Meergötter.2) Das Seltsamste ist aber die Umhüllung, die, für
einen männlichen Seedämon überhaupt ungehörig, mit seiner energischen Bewe-
gung unvereinbar ist. Hier endlich löst sich glücklicherweise der Wirrwarr: es
sind Theile von zwei verschiedenen Figuren zu einer einzigen zusammengearbeitet.
Das eine ist ein Triton in energischem wohlbekannten Bewegungsschema,3) wie
ihn z. B. eine jetzt isolierte Figur in Parma, besser eine Gruppe des Münchener
Nereidenfrieses (Fig. 55) mit einer Nereide verbunden zeigt.4) Beidemale ist er
jugendlich, wie er allem Anschein nach auch in K war, und ohne jenes sonderbare

der Trajanssäule (Cich. Taf. XIX), wo er seine Blitze
gegen die Daker schleudert; auch bei Zeus und Hera
bei Hephaistos Fall aus dem Himmel (Berliner Sculpt.
912). Das andere muss zweimal verstanden werden
auf einem Ince-Blundelrelief (Arch. Zeitung 1877
Taf. 12, 2). Es kommt aber auch vor, dass die ganze
Figur über solchem Felsstreif sichtbar wird, wie auf
dem Lateranischen Relief, Roscher Lex. II Sp. 2127.

1) Die Nacht an der Trajanssäule, in der Scene,
wo die Söhne des Decebalus gefangen genommen
werden (Cich. Taf. CX), ist ohne Fackel; aber Philo-

stratus d. J., freilich ein unzuverlässiger Zeuge, schil-
dert c. 5 Ende ^s^poiTizcu y.a.1 ^ vüg 4v Taut«, X<x\x-
7ta5£(p %aTaXd)j,Tcoüaa lautvjv.

2) Weder auf Orontes wird man sich wegen des
fehlenden Fischleibes berufen, noch auf den alten
Delphinreiter wegen des Reitdrachen. Dass das Ver-
hältnis des Drachen zum Wassergott in K so unklar
ist, schwächt den Einwurf kaum ab.

3) Über dieses Schema s. Rom. Mitth. 1897 S. 270,3.

4) Furtwängler, Intermezzi S. 36 b. Die Bronze
von Parma Moni. ined. d. inst. III 15, I.
 
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