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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0189

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Ob nun das Original hiermit abschloss? An den Seiten noch Weiteres voraus-
zusetzen haben wir keinen Grund. Oben aber bietet K noch die Fackelträgerin.
Oder wäre diese etwa aus der Schwanenjungfrau zurechtgemacht? Nach dem,
was in K aus dem Triton und der Nereide geworden ist; wird man solche Um-
bildung nicht für unmöglich erklären dürfen. Auf der linken Seite wäre das
tragende Geschöpf unterdrückt, wie auf der rechten das getragene; statt des fast
in gerader Linie den Oberkörper abschneidenden Schwanenflügels hätte der
Künstler die Wolken- oder Felsschicht eingelegt, den Oberkörper ein wenig mehr
in die Vorderansicht gedreht, in die Linke statt des Mantelendes die Fackel
gelegt, daneben den geblähten Mantel gelassen. Den Oberkörper würde er mit
Absicht verhüllt haben, weil dies für Selene gerade so üblich ist, wie für Wasser-
frauen und Nymphen das Gegentheil. Möglich also würde man eine solche Um-
wandlung nennen dürfen. Aber nicht minder möglich und doch näherliegend ist,
dass die Fackelgöttin dem Urbilde gehört, und dass in K — von R später —
wie unten links die Göttin des Quells, so oben rechts der Gott des Tageslichtes
ausgelassen wurde, weil zur Vergegenwärtigung der beiden anderen Naturreiche
neben der Erde, des Himmels und des Wassers je ein Vertreter genügend schien.

Das Original wäre dann eine Darstellung des stofflich zugdeich und persönlich
aufg-efassten Kosmos gewesen. Es braucht nur der Panzer des Augustus von
Primaporta genannt zu werden, und jedem steht ein solches Natur- oder Weltbild
römischer Kunst vor der Seele: Tellus unten, Coelus oben, unter diesem vorüber-
ziehend der Sonnengott auf seinem Wagen und vor ihm her Morgenroth und
Morgenthau.1) Ein alexandrinisches Werk, das zwar nicht das Vorbild ist, aber
ähnlich genug, um hellenistische Vorbilder jenes römischen ahnen zu lassen, ist
die berühmte tazza Farnese?) auf deren innerem Rande man unten die ägyptische
Tellus, Isis, auf einem Sphinx gelagert sieht; zur Seite links, an einen Baum3)
gelehnt, sitzt der bärtige majestätische Nilgott mit dem Füllhorn; rechts zwei
wenig bekleidete Mädchen, die sich durch Horn und Schale in den Händen und
sprießende Ähren neben ihnen als Fruchtbarkeit fördernde Göttinnen darstellen,4)
mag man sie nun Hören oder Thaugöttinnen, Aurae nennen; oben aber im Luftraum
schweben die der Nilschwelle günstigen Etesien. Die wichtigste Ubereinstimmung

J) Jahn, Arch. Beitr. S. 75, 77 verglich sehr
gut einen von Varro L. L. V 24 angeführten Vers
des Pacuvius (fr. XI inc. R.) terra exalat auram
alque auroram umidam.

2) Furtwängler, Gemmen Taf. 53.

3) Dessen Darstellung ist nicht minder charak-

Petersen, Ära Pacis Augustae.

teristisch als die Ähren, beides zu Theilen des Ära
Pacis-Frieses zu vergleichen.

4) Vgl. die zwei Knaben mit Horn und sogar
ganz ebenso gehaltener Schale neben zwei Aurae auf
einem Londoner Thonrelief, das Jahn verglich, Arch.
Zeitung 1858 Taf. CXX 3.

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