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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0193

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r8i

dass die Andeutung des Auges und der Brauen eine Weisung für den Bemaler
war, die von den ausführenden Bildhauern nach Belieben gegeben oder weg-
gelassen wurde. Man kann darin wohl nur einen verschwindenden Brauch älterer
Bildhauerpraxis erkennen.

Wo das Eigenartige der persönlichen Gesichtsbildung so hintangehalten
wurde, findet der Wunsch, bestimmte Personen zu erkennen, geringen Boden.
Außer Augustus selbst wird man niemanden sicher benennen können. Und doch
wird man den Typus dieser Gesichter römisch, nicht etwa griechisch nennen
müssen, mag auch ihre ideale Haltung, die Abstreifung alles Individuellen der
griechischen Kunst des fünften und selbst noch des vierten Jahrhunderts nach-
geahmt sein. Sogar eine gewisse Familienähnlichkeit wird man Köpfen wie
R. 26, 31, 37 (Taf. VI) nicht absprechen, zumal wenn man sie mit solchen von
Cultusdienern oder generellen Festzugstheilnehmern oder gar von Göttern ver-
gleicht, bei denen der Künstler sich unverkennbar freiere Hand nahm.

Hier nämlich treffen wir wieder auf ausgesprochenes Studium griechischer
Vorbilder, und zwar keineswegs nur eines Stiles und einer Zeit, wie ja auch für
die Composition des Frieses neben dem Parthenons- der Telephosfries als Muster
gedient hatte. Musste die Beschreibung z. B. an L. 29 (Taf. V) den strengen
Parthenonsstil anerkennen, so erinnern andere Köpfe noch entschiedener an
Skopas und Praxiteles, wie z. B. der jugendliche, vornehmere Opferdiener auf VIII
(Taf. III) oder der Beilträger auf Taf. VII links oder selbst der Kniende ebenda
rechts. Das kurze krause Haar, die aufstrebenden Löckchen um die Stirn, die
Eintiefung des Auges, der ganze Kopf- und Wangenumriss sind ebenso ver-
schieden von jenem Phidiassischen Typus wie von dem römischen. Ja in dem
Beilträger verbindet sich mit der Skopasischen Kopfbildung die Polykletische
Haltung des Körpers. Am unwidersprechlichsten tritt diese Stilwahl in den Götter-
köpfen, dem Bonus Eventus (Taf. VII links und Fig. 38) und dem Mars (Taf. VII
rechts und Taf. VIII) entgegen, und es würde wenig oder nichts an unserer Auf-
fassung vom eklektischen Charakter der Augusteischen Kunst ändern, wenn sich
erweisen ließe, dass hier Werke verschiedener griechischer Meister aus ver-
schiedenen Epochen, etwa die Cultusbilder jener Götter zugrunde lägen. Schon
der erste vergleichende Blick auf beide Götterköpfe muss ihren ganz verschiedenen
Stil erkennen.

Der Bonus Eventus (Fig. 38) konnte hier, wo er, soviel zu ermitteln war,
außerhalb des Friedenshofes und der ihn umgebenden Säulenhalle stand, nicht wie
sonst im Acte des Libierens erscheinen; er führt auch nicht Ähren und Mohn wie
 
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