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Petersen, Eugen; Niemann, George [Hrsg.]
Ara Pacis Augustae: [Textband] — Wien, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.9308#0204

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ig2

römischen Senats zu Ehren des Augustus und zur Weihe seines Friedenswerkes
noch vollgültigeren Anspruch erheben, voran zu stehen, wo es sich um neuattische
Kunst in Rom handelt. Es leuchtet ein, dass es die Größe historischer Aufgaben war,
durch welche die nach Rom übersiedelte hellenistische Kunst über sich selbst
hinausgehoben wurde. Hier hat sie, nicht für private Liebhaberei arbeitend, sondern
in den Dienst des römischen Staates gestellt, berufen, die Herren der Welt nicht
kämpfend, sondern feierlicher Friedensweihe hingegeben vorzuführen, ein Werk
geschaffen, in welchem die hellenistische Kunst sich in römische Kunst um-
setzt. Man braucht nur die von Furtwängler1) glücklich verbundenen Friese von
München und Paris zu vergleichen, um inne zu werden, wieviel weniger römisch,
wie viel mehr hellenistisch jene Friese sind als die der Ära Pacis. Durchaus nicht
etwa bloß die Nereiden und Tritonen, sondern vielleicht noch fühlbarer, weil mit
Römischem gleichen Inhalts zu vergleichen, die Opferscene: die natürlich freie
Bewegung, der mannigfache Wechsel der .Stellung, wie die Figuren sich von vorn,
von der Seite und echt hellenistisch auch von der Rückseite zeigen, in gleicher
Lebendigkeit die sitzenden Civilbeamten links, wie die stehenden Krieger rechts.
Jede Figur stellt sich anders, jede in eigentümlicher Weise dar. Man kann Furt-
wängler nicht ganz Unrecht geben, wenn er in seinem allzu lebhaften Tone
sagt: ,,Wie sehr sticht dieser lebendige Fries von der tödlichen Langeweile der
Augusteischen Denkmäler ab (man vergleiche die Ära Pacis'').2) Aber charakteri-
stischer für Rom ist ohne Zweifel die Ära Pacis. Ihr Fries zeigt uns Römer,
der Pariser Griechen. Man sehe nur die beiden Hauptpersonen, den lässig zugleich
und herausfordernd dastehenden Krieger links am Altar und den Opferer in der
Toga rechts. Da ist keine Spur von dem ceremoniösen Pomp, der bis heute in
Rom seinen Lieblingssitz hat: ohnegleichen in den zahlreichen römischen Opfer-
scenen ist dieser Opferer, der, während er schon die Schale über den Altar
hält, sich in so lebhafter Weise umsieht, nicht auf die heilige Handlung bedacht,
sondern dem bewegten und offenbar lauten Treiben der Opferdiener zugewandt.
Selbst Furtwängler wird den trajanischen Reliefs kaum „tödliche Langeweile"
vorwerfen, aber ihre Opferdarstellung'en gleichen mehr den Opfern der Ära
Pacis als des Pariser Frieses. Der Geist der Klarheit, vornehmer Ruhe, wohl-
abgewogener und gemessener Ordnung, der das Ganze wie das Einzelne des
Friedensheiligthums durchdringt, ist eben römisch-augusteischer Geist. Künst-
lerischer Gestaltung kam griechisches Wesen unstreitig gefälliger, lockender
entgegen. Aber der unbekannte Meister, der das Augusteische Denkmal zu

*) Intermezzi 3 S. 33 ff. 2) Vgl. Furtwängler a. a. O. S. 48.
 
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