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Sander, Jochen; Holbein, Hans
Hans Holbein d. J.: Tafelmaler in Basel ; 1515 - 1532 — München, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.19342#0050

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Dies führte Konrad 1990, S. 256, dazu, mit Wüthrich nur in der Kinderschule ein Werk
Herbsts sehen zu wollen. Demgegenüber hielt er an der traditionellen Zuschreibung der
Gesellenschule an Hans Holbein d. J. fest.
Wüthrich 1990, S. 202f; siehe auch S. 85f.
Inv. Nr. 323; siehe auch S. 224-232, 441 f.

Die ikonographische Bestimmung der Venus mit Amor hatte schon Amerbach Pro-
bleme bereitet, der sie als ein Bildnis einer Offenburgerin bezeichnet, »... die... hat ein
kindlin by sich«. Patin 1676, o. S., und Vertue/Walpole 1762, S.71, sowie Beck 1775,
S. 2, Kat. Nr. 4, die bei Patin abschrieben, machten daraus »Effigies nobilis matronae
AJsatas cum puero ludentis«, »A lady of Alsace, with a boy« bzw. »Bildnis einer Weibs-
person bey welchem ein nackendes Kind so einen Pfeil in der Hand hat«.
Inv. Nr. 322; siehe auch S. 215f, 224-232, 441 f.

Für die Vermittlung der Kenntnisse um die korinthische Hetäre Lais an Hans Holbein
wies Dölling 1957, S. 211-213, auf eine von Beatus Rhenanus redigierte, 1519 in Basel
erschienene Ausgabe von des Aulus Gellius »Noctes atticae« aufmerksam, ferner auf eine
in Baseler Humanistenkreisen mutmaßlich bekannte Edition von des Athenaios von
Naukratis »Deipnosophistai«, die schon 1514 bei Aldus Manutius in Venedig verlegt
worden war (vgl. Aulus Gellius, Attische Nächte. Aus einem Lesebuch der Zeit des Kai-
sers Marc Aurel. Herausgegeben und aus dem Lateinischen übertragen von Heinz Bert-
hold. Mit Erläuterungen und einem Nachwort, Frankfurt a.M. 1988, S. 155f; Athe-
naeus, The Deipnosophists. Books XIII-XIV, 653b. With an English translation by
Charles Burton Gulick, Bd.6, London 61993, S.78-83 [Buch 13, Kap.569], 172-177
[Buch 12, Kap. 588]).

Direkte bildliche Vorlagen für Holbeins Lais konnten bislang nicht nachgewiesen wer-
den. Meyer zur Capellen 1984, S.31, Anm.42, verwies auf Alciatis allerdings erst im
Jahre 1542 in Paris erschienenen »Emblematum Libellus«, S. 66f, der den Leichnam der
Lais »in transi« als Sinnbild der Vergänglichkeit zeigt. Siehe aber auch S. 215f sowie die
Magisterarbeit von Vera Mamerow, Hans Holbeins d.J. »Lais Corinthiaca«, Ruhr-Uni-
versität Bochum, 2004.

Die Lais läßt sich über das »Inventar D« hinaus nicht weiter zurückverfolgen, während
Venus und Amor nachweislich erst zu Anfang der 1580er Jahre in Basilius' Besitz kam,
siehe S. 39.

Hegner 1827, S. 162-165.

So wurde im Modell beider Bilder wiederholt die Geliebte des Auftraggebers oder gar des
Malers gesehen, der mit der zweiten Darstellung als Lais an dieser Rache für verschmähte
Liebe habe nehmen wollen; da die Lais von Korinth als Geliebte des antiken Malers Apel-
les galt, schien es verschiedenen Autoren denkbar, daß sich Holbein über die Darstellung
der Lais seinerseits als »neuen Apelles« habe inszenieren wollen; vgl. etwa Woltmann
1865, S. 29; ders. 1866, S. 351 f; ders., Holbein's »Lais Corinthiaca«; in: Kunst-Chronik.
Beiblatt der Zeitschrift für bildende Kunst 2 (1867), S. 138; ders. 1874, S. 293; Fortescue
1904, S. 105f; Paul Ganz (Hg.), Handzeichnungen schweizerischer Meister des
XV.-XVni. Jahrhunderts, Bd. 3, Basel o.J. (1904/08), o. S., Nr. 11; ders. 1912, S.XXX;
ders. 1937, S. 35; de Wyzewa 1912, S.465,468; Knackfuss 1914, S. 108f; Bernhart 1922,
S. 38; Koegler 1933, S. 65f; Waetzoldt 1938, S. 55; Rowlands 1985, S. 63,131; Wilson
1996, S. 118f; Bätschmann/Griener 1997, S. 27, 160; J. Müller 1998, S. 227-236.
Im Zusammenhang mit dieser Interpretation von Lais und Venus wies Fretz 1923,
S. 208, Anm. 16, auf die Zeugenaussage des Malers Hans Asper (1499-1571) in einem
Züricher Ehescheidungsprozess vom März 1543 hin (siehe auch S. 27). Hier berichtete
Asper, er habe eine Reihe von Bildnissen stadtbekannter Persönlichkeiten - darunter
auch Bildnisse von Frauen zweifelhaften Lebenswandels - z. T. jahrelang in seiner Werk-
statt stehen gehabt, um sie Interessenten anzubieten. Offenbar waren dies keine unbe-
zahlten und daher beim Künstler verbliebenen Auftragswerke, sondern von vornherein
für den »freien Markt« angefertigte Gemälde, denn wie Asper weiter aussagte, beabsich-
tigte er, weitere derartige Bildnisse für den freien Verkauf anzufertigen. Fretz warf die
Frage auf, ob nicht auch Holbeins Lais und Venus unter entsprechenden Bedingungen
in Basel entstanden sein könnten.

Nur in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, kennzeichnenderweise zu genau jener
Zeit, in der die junge Disziplin der Kunstgeschichte ihr methodisches Rüstzeug erprobte,
wurden vereinzelt Zweifel an der Holbein-Zuschreibung geäußert, die von konkreten
Beobachtungen an beiden Bildern ausgingen. So wollte von Rumohr 1837, S. 130-137,
angesichts ihres an Werke Leonardo da Vincis gemahnenden Charakters (und in Beach-
tung der apodiktischen Feststellung Karel van Manders, Holbein sei nie in Italien gewe-
sen) beide Bilder einem unter italienischem Einfluß stehenden niederländischen Künst-
ler zuschreiben, der nach einer Holbein-Zeichnung gearbeitet haben sollte. Auch
Wornum 1867, S. 162-164, vermerkte den »Italian character« der in ihrer Zuschreibung
an Holbein »very questionable« Gemälde. Davies 1903, S. 100-103, 224, schließlich
brachte einen »... Lombard artist who had come under the influence of the later work of
Raphael« in der Art des Cesare da Sesto (1477-1523) in Vorschlag.
Bei Beobachtung gleicher Stilphänomene wollte demgegenüber Kugler 1854, S. 518f,
Holbeins Autorschaft retten, glaubte deshalb aber den Künstler auf eine Reise nach Ita-
lien schicken zu müssen. Auch Waagen 1845, S. 276f, hatte an der Zuschreibung an Hol-
bein festgehalten. Er konstatierte aber anstelle eines Leonardo-Einflusses die nachhaltige

Einwirkung des niederländischen Künstlers Quentin Massys und wollte die Bilder daher
während Holbeins Aufenthalt in Antwerpen auf der Durchreise nach England entstan-
den sehen. Woltmann versuchte zunächst (1865), S.28f, Waagens und Kuglers Positio-
nen miteinander zu versöhnen, indem er beide Gemälde in Antwerpen unter Massys-
Einfluß bei gleichzeitiger »Erinnerung« an die Eindrücke seiner mutmaßlichen frühen
Italienreise entstanden glaubte.

106 Woltmann 1866, S.332, 349-353; ders. 1867, S. 136-138; ders. 1868, S.443f,
Kat. Nr. 22f; ders. 1874, S. 291-293; ders. 1876, S. 100, Kat. Nr. 17 f.
Zur Biographie der beiden Damen Offenburg vgl. His 1870, S. 161-163.

10/ Meyer zur Capellen 1984, S. 22-34; J. Müller 1998, S. 227-236. Meyer zur Capellens
Überlegungen ergänzend, wies Marianne S. Meier, Die Wahrheit der Legende. Die kon-
struierte »femme fatale« der Holbein-Forscher; in: Femme fatale. Einwürfe; in: Frauen
Kunstwissenschaft 19 (Mai 1995), S. 12-18, darauf hin, wie sehr Woltmanns und His'
Lesung der Mutter und Tochter Offenburg betreffenden Dokumente vom zeitgenössi-
schen Frauenbild des 19. Jahrhunderts bestimmt war.

In einem wortwörtlichen Verständnis der Eintragung im Amerbach-Inventar wurden
lange in beiden Gemälden eigentliche Bildnisse der »Offenburgerin« gesehen (die lang-
wierige Diskussion, ob eher Magdalena oder ihre Tochter Dorothea gemeint sei, kann
hier außer acht gelassen werden). Das unbedingte Vertrauen auf die Inventaraussage
führte etwa Grimm 1867, S. 250f, zu der Konsequenz, die Deutung der Lais als »leichte
Dame« der Inschrift ungeachtet abzulehnen, da dies mit dem Rang der Porträtierten
innerhalb der Baseler Gesellschaft keinesfalls in Einklang zu bringen sei. Koegler 1933,
S.66, hingegen erwog die Möglichkeit, Amerbachs Bezeichnung der Dargestellten als
»ein offenburgerin« könnte auch ein Wortspiel auf eine »Öffentliche«, d.h. eine Dirne,
gewesen sein. Demgegenüber hatte schon Grossmann 1951b, S.112, physiognomische
Unterschiede zwischen Lais und Venus erkannt und daraus geschlossen, die »Offenbur-
gerin« (Grossmann vermutete die jüngere Dorothea) könne nur bei einem der beiden
Bilder Modell gestanden haben.

Amiet 1879, S. 15-17, schließlich brachte eine weitere »Offenburgerin« als Modell von
Lais und Venus ins Spiel, fand hierfür aber keine Zustimmung - die uneheliche Tochter
des Henmann Offenburger (t 1557) nämlich, die 1522 zur Frau des Humanisten Hein-
rich Loriti, genannt Glarean, wurde. Wegen ihrer Herkunft wurde ihr nachgesagt, sie sei
eine Dirne.

108 Hatte Woltmann den leonardesken Einfluß auf die Gestaltung beider Bilder noch mit
einer hypothetischen (zweiten) Oberitalienreise kurz vor der Mitte der 1520er Jahren
begründen wollen, so brachte Grimm 1867, S. 250f, Holbeins Kenntnis der Kunst Leo-
nardos und seines Kreises mit dessen tatsächlich unternommener Frankreich-Reise im
Jahre 1523/24 in Zusammenhang - eine bis heute allgemein akzeptierte Annahme.

109 His 1870, S. 161-163; Schmid 1897, S. 226f; ders. 1900, S. 54; ders. 1924, S. 340f; ders.
1930, S. 53f; ders. 1945, S.25; ders. 1948, S.81, 143, 206f. In pointiertem Widerspruch
hierzu jüngst J. Müller 1998, S. 227-236.

110 Klemm 1980, S. 24-27.

111 Siehe S. 19 und 191-223. Zu einer Zusammenstellung der mutmaßlichen künstlerischen
Reflexe der Frankreichreise vgl. Reinhardt 1982, S. 259f; sowie jüngst Bätschmann/
Griener 1997, S. 134-148.

lu Inv. Nr. 318; siehe unten S. 132-140,437f.

113 Solothurn, Kunstmuseum, Inv. Nr. A 134; siehe auch S. 58-61,148-162,465f.

114 Zu den Ergebnissen der gemäldetechnologischen Untersuchungen, die die hier vorge-
tragenen Beobachtungen und Schlußfolgerungen im Detail bestätigen, siehe S. 224-232.

115 Nur wenige Überlegungen sind zum Zustand bzw. zur Bildgenese der beiden Gemälde
angestellt worden: Von der Annahme ausgehend, Holbein habe die beiden Bilder als
Pendants und kontrastierende Liebesallegorien gemalt, vermuteten Schmid 1897, S. 226,
Anm. 1; ders. 1930a, S. 54; ders. 1948, S. 206f; Ganz 1950, S. 215; Grohn 1955, S. 20f, und
Salvini/Grohn 1971, S. 94f, Kat. Nr. 43, daß die Venus-Tafel ursprünglich auch eine -
heute abgeschnittene - Inschrift besessen hätte. Erst Boerlin 1991, S. 23, Kat. Nr. 34, wies
daraufhin, daß das Bild weder beschnitten ist, noch daß es je eine Inschrift gegeben hat.
Er machte zugleich darauf aufmerksam, daß die Vorderkante der Brüstung bei Venus
und Amor zwar untermalt, dann aber in der Farbausführung des Bildes nicht berück-
sichtigt worden ist. Anders als der Bildträger der Lais ist der der Venus und Amor rÜCk-
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seitig auch nicht allseits abgefast, zudem dünner. Grohn 1955, S. 20f, und Salvini/
Grohn 1971, S. 94f, Kat. Nr. 43, wiesen als erste auf den »höchstwahrscheinlich verputz-
ten« Zustand der Venus hin, die »... wohl auch ursprünglich weniger tein und sorgfältig
gemalt gewesen (ist) als ihr Gegenstück«.

Davies 1903, S. 102, hatte zwar in Lais und Venus Werke des Cesare da Sesto gesehen,
glaubte aber im Amorknaben eine nachträgliche Ergänzung von Holbeins Hand erken-
nen zu können. Reinhardt 1966, S. 69f, griff teilweise auf Davies zurück, wenn auch er
im Amor eine nachträgliche Zutat Holbeins zur Venus-Darstellung sehen wollte. Auch
hier konnte erst Boerlin 1991, S. 23, Kat. Nr. 34, unter Hinweis auf die Unterzeichnung
nachweisen, daß beide Figuren, Venus und Amor, von Anfang an zur Komposition die-
ses Gemäldes gehört haben.

116 Gleiches gilt auch für die ockerfarbenen, weiten Überärmel: Auch hier ist der Kontur
nachträglich über dem Grün des Vorhangs erweitert worden.

»Holbein-Bilder«. Entstehung und Kritik
 
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