Das Grabmal Maximilians
39
richsgrab und später am Innsbrucker Kenotaph
der Fall war.50 Daraus ergibt sich im Umkehr-
schluß, daß die 24 Historien der Ehrenpforte dem
ursprünglichen Grabmalskonzept mit Tumba ent-
stammen.
Die nächste Frage muß also dahingehend lau-
ten, inwieweit auch der übrige Inhalt der drei gro-
ßen Bildfelder an der Ehrenpforte - Stammbaum,
Wappensuite und Herrscherfolgen - als Aus-
schmückung einer ursprünglich geplanten Tumba
Maximilians denkbar wäre. Bei der Beantwortung
dieser Frage treten erneut die Tumben Marias von
Burgund (Abb. 5) und Friedrichs III. (Abb. 6) mit
ihrem bildlichen und skulpturalen Bestand in das
Blickfeld, da sie ein weites Spektrum sepulkraler
Bildprogrammatik umfassen und Maximilian be-
stens vertraut gewesen sein müssen. Im Falle der
1482 verstorbenen ersten Gemahlin Maximilians
ist hervorzuheben, daß alle vier Tumbenflanken
von burgundischen Stammbäumen geziert wer-
den, was deren Verwendung im sepulkralen Zu-
sammenhang auch für die geplante Tumba ihres
Gemahls nicht abwegig erscheinen läßt.51 Das
reichhaltige heraldische Programm, das beide
Tumben aufweisen, scheint zwar eher den Ge-
pflogenheiten der Zeit zu entsprechen, als daß
es ein habsburgisch-burgundisches Spezifikum
darstellte, doch darf um so mehr ein reicher Wap-
penschmuck auch für die Tumba Maximilians an-
genommen werden32. Für die figurale Ausstattung
- möglicherweise als eine Vorstufe der späteren
Bronzestatuen - ist zumindest in formaler Hin-
aus nicht im Dom, sondern wahrscheinlich in der Kapelle
des Johanniterhofes in Speyer befand, wo Rudolf gestorben
war (S. 912).
49 Nach den im Salzburger Museum Carolino-Augusteum
aufbewahrten Fragmenten und der Rekonstruktion von
Halm (Halm, Philipp Maria, Hans Valkenauer und die Salz-
burger Marmorplastik, in: ders., Studien zur süddeutschen
Plastik, 2 Bde., Augsburg 1926/27, Bd. 1, S. 179 u. Abb.
S. 224) ergibt sich für das Monument eines von zwölf Säu-
len gestützten Kronreifs ein Durchmesser von etwa sechs
Metern. Da jedoch Kubach/Haas 1972 allein für das östliche
der beiden Grabfelder Maße von mindestens 5,30 x 2,70 m
annehmen (S. 904), hätte sich das geplante Monument ohne
eine völlige Neuanordnung der Gräber definitiv nicht über
diesen erheben können.
sicht der Blick auf die insgesamt 77 Figuren des
Friedrichsgrabes zu richten, wenn auch deren
Programmatik andere Schwerpunkte setzt, als sie
die Ehrenpforte und die Figurenreihen des Grab-
mals aufweisen: Während hier dynastische und
imperiale Aspekte in Gestalt der 40 geplanten
Großfiguren des Grabes bzw. der Herrscherrei-
hen der Ehrenpforte im Vordergrund stehen, liegt
der Hauptakzent beim Friedrichsgrab vor allem
auf den bevorzugten Heiligen des Kaisers, zu de-
nen einige mit dem Seelamt betraute Geistliche
und zehn fürstliche Repräsentanten hinzutreten53.
Dennoch ist hier exemplarisch vorgeprägt, in wel-
cher Form Reliefs mit Stammbaum und Historien
an einer geplanten Tumba für Maximilian von ei-
nem Figurenzyklus hätten ergänzt werden kön-
nen. Mit dem für das Jahr 1508 denkbaren Verzicht
des Kaisers auf eine Tumba wäre dieses Programm
vakant geworden, ohne daß man zugleich für die
Ausgestaltung von Grab und Grabkirche auf sei-
nen Inhalt hätte verzichten können. Es seien daher
folgende Hypothesen formuliert:
1. Für die Ausmalung des Chores der Kapelle auf
dem Falkenstein war zunächst der Inhalt des
ursprünglichen, später jedoch aufgegebenen
Tumbenprogramms - also Stammbaum, Wap-
pen, Herrscher und Historien - bestimmt. Er
ist in den drei Hauptbildfeldern der Ehren-
pforte noch präsent.
2. Dieser anfängliche Freskenplan wurde zugun-
sten der Umwidmung dieses Bildmaterials für
das neue Projekt »Ehrenpforte« alsbald wieder
50 Exakt diese Argumentation - der späte Rückgriff Ferdi-
nands auf eine verschollene Tumbenkonzeption mit Reliefs
und Figuren in Anlehnung an das Friedrichsgrab - verfolgt
Oettinger, Grabmalkonzeption 1965 (S. 176f.), ohne aller-
dings die Aktennotiz von Schloß Finkenstein zu kennen.
51 Es fällt auch das verwendete Material Bronze ins Auge, das
offenbar von Anfang an auch für das Maximiliansgrab fest-
stand.
52 Zu dessen Trägern werden dann in den ausgeführten Teilen
des späteren tumbenlosen Grabmals folgerichtig die bron-
zenen Großfiguren, denen jeweils ein Wappenschild beige-
geben ist.
53 Vgl. das beschreibende Verzeichnis bei Wimmer/Klebl 1924,
S. 23 ff.
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richsgrab und später am Innsbrucker Kenotaph
der Fall war.50 Daraus ergibt sich im Umkehr-
schluß, daß die 24 Historien der Ehrenpforte dem
ursprünglichen Grabmalskonzept mit Tumba ent-
stammen.
Die nächste Frage muß also dahingehend lau-
ten, inwieweit auch der übrige Inhalt der drei gro-
ßen Bildfelder an der Ehrenpforte - Stammbaum,
Wappensuite und Herrscherfolgen - als Aus-
schmückung einer ursprünglich geplanten Tumba
Maximilians denkbar wäre. Bei der Beantwortung
dieser Frage treten erneut die Tumben Marias von
Burgund (Abb. 5) und Friedrichs III. (Abb. 6) mit
ihrem bildlichen und skulpturalen Bestand in das
Blickfeld, da sie ein weites Spektrum sepulkraler
Bildprogrammatik umfassen und Maximilian be-
stens vertraut gewesen sein müssen. Im Falle der
1482 verstorbenen ersten Gemahlin Maximilians
ist hervorzuheben, daß alle vier Tumbenflanken
von burgundischen Stammbäumen geziert wer-
den, was deren Verwendung im sepulkralen Zu-
sammenhang auch für die geplante Tumba ihres
Gemahls nicht abwegig erscheinen läßt.51 Das
reichhaltige heraldische Programm, das beide
Tumben aufweisen, scheint zwar eher den Ge-
pflogenheiten der Zeit zu entsprechen, als daß
es ein habsburgisch-burgundisches Spezifikum
darstellte, doch darf um so mehr ein reicher Wap-
penschmuck auch für die Tumba Maximilians an-
genommen werden32. Für die figurale Ausstattung
- möglicherweise als eine Vorstufe der späteren
Bronzestatuen - ist zumindest in formaler Hin-
aus nicht im Dom, sondern wahrscheinlich in der Kapelle
des Johanniterhofes in Speyer befand, wo Rudolf gestorben
war (S. 912).
49 Nach den im Salzburger Museum Carolino-Augusteum
aufbewahrten Fragmenten und der Rekonstruktion von
Halm (Halm, Philipp Maria, Hans Valkenauer und die Salz-
burger Marmorplastik, in: ders., Studien zur süddeutschen
Plastik, 2 Bde., Augsburg 1926/27, Bd. 1, S. 179 u. Abb.
S. 224) ergibt sich für das Monument eines von zwölf Säu-
len gestützten Kronreifs ein Durchmesser von etwa sechs
Metern. Da jedoch Kubach/Haas 1972 allein für das östliche
der beiden Grabfelder Maße von mindestens 5,30 x 2,70 m
annehmen (S. 904), hätte sich das geplante Monument ohne
eine völlige Neuanordnung der Gräber definitiv nicht über
diesen erheben können.
sicht der Blick auf die insgesamt 77 Figuren des
Friedrichsgrabes zu richten, wenn auch deren
Programmatik andere Schwerpunkte setzt, als sie
die Ehrenpforte und die Figurenreihen des Grab-
mals aufweisen: Während hier dynastische und
imperiale Aspekte in Gestalt der 40 geplanten
Großfiguren des Grabes bzw. der Herrscherrei-
hen der Ehrenpforte im Vordergrund stehen, liegt
der Hauptakzent beim Friedrichsgrab vor allem
auf den bevorzugten Heiligen des Kaisers, zu de-
nen einige mit dem Seelamt betraute Geistliche
und zehn fürstliche Repräsentanten hinzutreten53.
Dennoch ist hier exemplarisch vorgeprägt, in wel-
cher Form Reliefs mit Stammbaum und Historien
an einer geplanten Tumba für Maximilian von ei-
nem Figurenzyklus hätten ergänzt werden kön-
nen. Mit dem für das Jahr 1508 denkbaren Verzicht
des Kaisers auf eine Tumba wäre dieses Programm
vakant geworden, ohne daß man zugleich für die
Ausgestaltung von Grab und Grabkirche auf sei-
nen Inhalt hätte verzichten können. Es seien daher
folgende Hypothesen formuliert:
1. Für die Ausmalung des Chores der Kapelle auf
dem Falkenstein war zunächst der Inhalt des
ursprünglichen, später jedoch aufgegebenen
Tumbenprogramms - also Stammbaum, Wap-
pen, Herrscher und Historien - bestimmt. Er
ist in den drei Hauptbildfeldern der Ehren-
pforte noch präsent.
2. Dieser anfängliche Freskenplan wurde zugun-
sten der Umwidmung dieses Bildmaterials für
das neue Projekt »Ehrenpforte« alsbald wieder
50 Exakt diese Argumentation - der späte Rückgriff Ferdi-
nands auf eine verschollene Tumbenkonzeption mit Reliefs
und Figuren in Anlehnung an das Friedrichsgrab - verfolgt
Oettinger, Grabmalkonzeption 1965 (S. 176f.), ohne aller-
dings die Aktennotiz von Schloß Finkenstein zu kennen.
51 Es fällt auch das verwendete Material Bronze ins Auge, das
offenbar von Anfang an auch für das Maximiliansgrab fest-
stand.
52 Zu dessen Trägern werden dann in den ausgeführten Teilen
des späteren tumbenlosen Grabmals folgerichtig die bron-
zenen Großfiguren, denen jeweils ein Wappenschild beige-
geben ist.
53 Vgl. das beschreibende Verzeichnis bei Wimmer/Klebl 1924,
S. 23 ff.