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II. Entstehung und Herleitung
aufgegeben, jedoch 1512 von den 21 Bildfeldern
mit der geistlichen Pflege der gedechtnus er-
setzt. Er ist als sogenannte »Andachtspforte« in
der Innsbrucker Zeichnung noch greifbar54.
3. Die drei hochrechteckigen Bildfelder mit dem
Kernprogramm der Ehrenpforte sollten über
alle einschneidenden späteren Veränderungen
hinweg ihre Herkunft aus dem sepulkralen Zu-
sammenhang auf persönlichen Wunsch des
Kaisers sichtbar repräsentieren.
Bevor im weiteren Verlauf der Erörterung ver-
sucht werden soll, die Gestalt der ersten Bildre-
daktion durch Kölderer zu rekonstruieren, seien
die wichtigsten Gründe für die vorstehenden Be-
hauptungen aus den beiden letzten Abschnitten
noch einmal kurz zusammengefaßt.
Ins Auge fiel zunächst die Anordnung der pro-
grammatischen Hauptakzente der Ehrenpforte in
drei gleichgroßen Bildfeldern. Auf der Suche nach
einem plausiblen funktionalen Bezugspunkt für
eine solche Disposition bot sich aus dem Kreise
der maximilianischen Kunstunternehmungen ein-
zig das dreiteilige Freskenprogramm von 1512 mit
dem Stiftergedächtnis für die Grabeskirche an.
Daß aber auch Stammbaum, Wappen, Historien
und Herrscherfolgen im sepulkralen Zusammen-
hang denkbar sind, sollte der wiederholte Blick auf
die Grabmäler Marias von Burgund, Friedrichs
III. und schließlich Maximilians selbst andeuten.
Denn erst die - möglicherweise 1508 erfolgte -
Aufgabe einer ursprünglich geplanten Tumba ließ
hier offensichtlich den Gedanken an ein Fresken-
programm dieses Inhalts aufkommen, als dessen
Nachfolger dann die Skizze mit dem fälschlicher-
weise »Andachtspforte« genannten Programm an-
zusehen wäre. Dabei ist der einzige greifbare
archivalische Hinweis auf eine direkte program-
matische Verbindung zwischen Grabmal und Eh-
renpforte in der 1510 erstellten Inventarnotiz von
Schloß Finkenstein zu sehen, denn jene Folge von
24 Bildern auf das grab weist in der maximiliani-
schen Kunst ansonsten nur die Ehrenpforte mit
ihren Historien auf. Daß die viel späteren Reliefs
an der Innsbrucker Tumba dann tatsächlich auf
diese Historien - und damit möglicherweise auf
ein erhaltenes älteres Programm - zurückgreifen,
kann diese Tatsache post festum bestätigen.
»Andachts«-Motive an der Ehrenpforte
In seinen Untersuchungen zum Maximiliansgrab
hat Karl Oettinger mit Nachdruck auf dessen
grundlegende Bedeutung für die memoriale Kon-
zeption auch der übrigen Kunstunternehmungen
des Kaisers hingewiesen55; daß also in den drei
gleichgroßen Bildfeldern der Ehrenpforte dieser
Zusammenhang erkennbar bestehen blieb, scheint
ihren Ursprung als Freskenprogramm für die
Apsis der Grabkirche sichtbar dokumentieren zu
sollen. Angesichts der Tatsache, daß sich Maximi-
lian in seinen späteren Lebensjahren mehr und
mehr mit der Undurchführbarkeit eines an-
spruchsvollen Grabkirchenbaues konfrontiert se-
hen mußte, mochte ihm an einer solchen Bewah-
rung der bildlichen gedechtnus durch die Ehren-
pforte um so mehr gelegen sein. Diese Vermutung
54 Zu fragen wäre allerdings auch, ob für die Grabkirche Ma-
ximilians der Plan eines pendanthaften Gegenüber oder
Nebeneinander der beiden Programme denkbar wäre. Dies
bedürfte jedoch einer gesonderten, stark architekturhisto-
risch geprägten Untersuchung, die den Rahmen dieser Ar-
beit hinter sich ließe. Der Gedanke einer doppelchörigen
Grabkirche, die beide Freskenprogramme einander ge-
genüberstellte, ist vor diesem Hintergrund zwar reizvoll,
jedoch ohne quellenkundlichen Anhaltspunkt.
55 »Gewiß besteht zwischen den drei Unternehmen des Grab-
mals, des Triumphzugs und der Ehrenpforte ein inniger Zu-
sammenhang; es verschlingen sich die Motive. Aber dem
Grabmal gebürt dabei Priorität« (Oettinger, Grabmalkon-
zeptionen 1965, S. 178).
»Wenn also die Schlachtentaten am Triumphzug (auf Stan-
gen als Bilder mitgetragen) und an der Ehrenpforte (als Re-
liefs) auch wieder erscheinen, dann sind sie doch wohl beide
Male vom Grabmal übernommen ...« (ebd.).
II. Entstehung und Herleitung
aufgegeben, jedoch 1512 von den 21 Bildfeldern
mit der geistlichen Pflege der gedechtnus er-
setzt. Er ist als sogenannte »Andachtspforte« in
der Innsbrucker Zeichnung noch greifbar54.
3. Die drei hochrechteckigen Bildfelder mit dem
Kernprogramm der Ehrenpforte sollten über
alle einschneidenden späteren Veränderungen
hinweg ihre Herkunft aus dem sepulkralen Zu-
sammenhang auf persönlichen Wunsch des
Kaisers sichtbar repräsentieren.
Bevor im weiteren Verlauf der Erörterung ver-
sucht werden soll, die Gestalt der ersten Bildre-
daktion durch Kölderer zu rekonstruieren, seien
die wichtigsten Gründe für die vorstehenden Be-
hauptungen aus den beiden letzten Abschnitten
noch einmal kurz zusammengefaßt.
Ins Auge fiel zunächst die Anordnung der pro-
grammatischen Hauptakzente der Ehrenpforte in
drei gleichgroßen Bildfeldern. Auf der Suche nach
einem plausiblen funktionalen Bezugspunkt für
eine solche Disposition bot sich aus dem Kreise
der maximilianischen Kunstunternehmungen ein-
zig das dreiteilige Freskenprogramm von 1512 mit
dem Stiftergedächtnis für die Grabeskirche an.
Daß aber auch Stammbaum, Wappen, Historien
und Herrscherfolgen im sepulkralen Zusammen-
hang denkbar sind, sollte der wiederholte Blick auf
die Grabmäler Marias von Burgund, Friedrichs
III. und schließlich Maximilians selbst andeuten.
Denn erst die - möglicherweise 1508 erfolgte -
Aufgabe einer ursprünglich geplanten Tumba ließ
hier offensichtlich den Gedanken an ein Fresken-
programm dieses Inhalts aufkommen, als dessen
Nachfolger dann die Skizze mit dem fälschlicher-
weise »Andachtspforte« genannten Programm an-
zusehen wäre. Dabei ist der einzige greifbare
archivalische Hinweis auf eine direkte program-
matische Verbindung zwischen Grabmal und Eh-
renpforte in der 1510 erstellten Inventarnotiz von
Schloß Finkenstein zu sehen, denn jene Folge von
24 Bildern auf das grab weist in der maximiliani-
schen Kunst ansonsten nur die Ehrenpforte mit
ihren Historien auf. Daß die viel späteren Reliefs
an der Innsbrucker Tumba dann tatsächlich auf
diese Historien - und damit möglicherweise auf
ein erhaltenes älteres Programm - zurückgreifen,
kann diese Tatsache post festum bestätigen.
»Andachts«-Motive an der Ehrenpforte
In seinen Untersuchungen zum Maximiliansgrab
hat Karl Oettinger mit Nachdruck auf dessen
grundlegende Bedeutung für die memoriale Kon-
zeption auch der übrigen Kunstunternehmungen
des Kaisers hingewiesen55; daß also in den drei
gleichgroßen Bildfeldern der Ehrenpforte dieser
Zusammenhang erkennbar bestehen blieb, scheint
ihren Ursprung als Freskenprogramm für die
Apsis der Grabkirche sichtbar dokumentieren zu
sollen. Angesichts der Tatsache, daß sich Maximi-
lian in seinen späteren Lebensjahren mehr und
mehr mit der Undurchführbarkeit eines an-
spruchsvollen Grabkirchenbaues konfrontiert se-
hen mußte, mochte ihm an einer solchen Bewah-
rung der bildlichen gedechtnus durch die Ehren-
pforte um so mehr gelegen sein. Diese Vermutung
54 Zu fragen wäre allerdings auch, ob für die Grabkirche Ma-
ximilians der Plan eines pendanthaften Gegenüber oder
Nebeneinander der beiden Programme denkbar wäre. Dies
bedürfte jedoch einer gesonderten, stark architekturhisto-
risch geprägten Untersuchung, die den Rahmen dieser Ar-
beit hinter sich ließe. Der Gedanke einer doppelchörigen
Grabkirche, die beide Freskenprogramme einander ge-
genüberstellte, ist vor diesem Hintergrund zwar reizvoll,
jedoch ohne quellenkundlichen Anhaltspunkt.
55 »Gewiß besteht zwischen den drei Unternehmen des Grab-
mals, des Triumphzugs und der Ehrenpforte ein inniger Zu-
sammenhang; es verschlingen sich die Motive. Aber dem
Grabmal gebürt dabei Priorität« (Oettinger, Grabmalkon-
zeptionen 1965, S. 178).
»Wenn also die Schlachtentaten am Triumphzug (auf Stan-
gen als Bilder mitgetragen) und an der Ehrenpforte (als Re-
liefs) auch wieder erscheinen, dann sind sie doch wohl beide
Male vom Grabmal übernommen ...« (ebd.).