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in einen Turm der Innſtadtbefestigung oder in ein kleines Gefängnis, das den
bezeichnenden Namen ,das Kastl“ hatte. Auch die Ilzstadt hatte zu gleichem
Zweck ihr „Amtshaus“. Verbrecher gegen die Religion oder die „Herrschaft“
wurden in das Oberhaus verbracht und dort verhandelt. Der Stadtrat hatte
im Laufe der Zeit eine bevorzugte Behandlung seiner Bürger erreicht, daher
mußte einem solchen wegen eines mit Todes- oder Leibesstrafe oder Aechtung
zu ahndenden Malefizverbrechens vor der Verhandlung beim Stadt- oder Land-
gericht immer das Burgrecht aufgeſagt werden. Er setzte es auch durch, die
Bürger in eigene ,fangkliche Verwahrung“ zu nehmen, die im Rathausturm
geſchah. Da die Einsperrung meist mit einer Prangerſtellung verbunden war,
erhielt dies Gefängnis ebenfalls den Namen „roter Hut“ und ein solcher war
auch mit dem Spruch:

Wer die Obrigkeit nit fürchten thuet

Der wird bedeckt mit disſem Huet

über der Tür angemalt. Später wurde dieſer Bürger- Arreſt ganz. milde ge-
handhabt, dauerte auch meiſt bloß drei Tage. 1546 baute man im Ergeſchoß
des Rathauſes ein beſonderes Frauengefängnis; nach der bildſamen Art jener
Zeit malte man an die Tür ein altes Weib mit einem Horn am Mund, da-
runter den Spruch :

Diß Gemach zur Hörnolin genannt
Ist den bösen Weibern wohl bekannt,
Die stets wöllen seyn Herr im Haus
Und immer zehren nach der Paus,
Der Obrigkeit nit gehorsam seyn,
Die kehren hier zur Hörndlin ein.

Und nach diesem Namen der ersten Arresſtantin wurde das finstere Gemach auch
weiterhin in den amtlichen Strafverfügungen benannt. Für Betrunkene, die im
16. Jahrhundert in ganz Deutschland und in allen Ständen nicht selten waren,
wurde 1537 das „Narrenhäusl‘ am Rathaus errichtet.

Jeder der drei Richter in der Stadt hatte seinen Fronboten, später Gerichts-
diener, auch Am t m ann geheißen. Sie erhielten von der Stadt unter der Be-
zeichnung „Opfergeld“ zu Weihnachten eine Verehrung von je 1 Fl. Der Nach-
richter, „Züchtiger“ oder Henker war hinter der Stadtmauer behauſt (heute
Führergasse). Die öffentliche Polizei seitens des Stadtrichters wurde ausgeübt
durch die Sta dt diener, die seit dem 17. Iahrhundert im Haus Nr. 2 oberer
Sand ihr Amtshaus hatten; hiezu tam ſeit 1552 noch der sog. Bettl-
richter des Bruderhauſes. Für die Hanowerks- und Lebensmittelpolizei waren
vom Stadtrat und den Zünften die Besch auer beſtellt.

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