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Kurz vor dem Krieg wurde in Berlin am Kurfürstendamm ein eigen-
artiges Lichtspielhaus: das Marmorhaus-Kino eröffnet. Ein junger un-
garischer Architekt: Hugo Pal benutzte die Gelegenheit zu allerlei
forschen Experimenten. So zog er für die Innenausstattung den Bild-
hauer Sieburg und als ausgezeichneten Gehilfen für die malerische De-
koration Cesar Klein heran. Was Klein hier gab, besonders in der orna-
mentalen Umrahmung der Projektionsfläche oder in einer ganz mu-
sivischen Glasmalerei war Dekorationsmalerhandwerk von überraschen-
der Modernität, von einer Frische und Unbekümmertheit, die staunen
machen. Cezanne und Matisse, Expressionismus und Kubismus, das alles
war sehr geschickt in dieses Malerhandwerk hineingenommen. Mit Glas-
fenstern und Mosaiken, die von Puhl & Wagner, Heinersdorff, ausgeführt
worden sind, der Ausmalung eines aparten Schlafzimmers bei Fritz Gur-
litt, vielen Theaterdekorationen, die eine Klasse für sich sind, und ähn-
lichen Arbeiten hat Klein öfters noch Bestätigungen für diese Seite seiner
Begabung geliefert. Ein trefflicher Handwerker, der wie wenige das Zeug
hat, dem Malerhandwerk eigene und frische Impulse zu geben und den —
wie das so zu gehen pflegt — zu Zeiten der fatale Ehrgeiz packt, Bilder
malen zu müssen, die nicht mehr Dekoration sein möchten und nicht
Bild werden können.
Diese Bilder sind außerordentlich geschickt gemacht. Es ist in ihnen
alles drin, was man bei sogenannter expressionistischer Malerei voraus-
setzt. Es ist großes Format da, religiöses Motiv, Stilleben nach Cezanne,
Landschaft nach Derain, etwas von Pechsteins Derbheit und schließlich
auch der dekorative Lyrismus von Buchillustrationen oder Tabaks-
packungen. Man kann eigentlich deutschen Expressionismus nicht ge-
schickter und nicht faßlicher demonstrieren, als es in dieser Kollektion
geschehen ist. Künstler von starker Eigenart: die Nolde, Kirchner, Heckel
sind ja wohl niemals imstande, so schulmäßig richtige Bilder zu liefern.
Ihr Schaffen ist doch immer wieder neue und ganz persönliche Ausein-
andersetzung mit immer wieder neuen Problemen, ist kühnes, darum
aber stets wieder auch ungewisses und eigenwilliges Ringen, ist jedesmal,
wenn ein großes Werk gelungen ist, überraschendes Erlebnis. Bei einem

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