DER „ARRIVIERTE ÖLDRUCK“
(Gen. v. Hans Goltz, München)
H. M. Davringhausen: Sonntagmorgen
Auf dem Olymp des
Dachateliers kam eines
Tages die Malei' die
Sehnsucht an nach der
Alltagswelt da unten.
War man nicht wie
abgeschnitten vom Le-
ben? Man stand unter
einer Blockade, die ge-
legentlich nur durch-
brochen wurde von
einem Mann mit Horn-
brille und Kunstwissen-
schaft. Aber von der
Kunstwissenschaft
kann die Malerei nur
flach, nicht fett wer-
den. Die Auszehrung
war schon bedenklich geworden; die Malerei nährte sich fast nur noch
von der substanzlosen Abstraktion der Atelierprobleme. Vielleicht, wenn
man einmal alle Theorie in den Mülleimer schmiß und mit eigenen Augen
zu sehen versuchte, was die Leute unten, ganz unten vom Maler eigent-
lich wollten?!
Die wollten, wie sich herausstellte, von der ganzen Kunst, wie sie auf
dem Olymp zu Hause war, im Grunde überhaupt nichts. 01) Schulte, ob
Sturm, das war so gleichgültig, wenn man überhaupt etwas von Schulte
oder vom Sturm wußte. Was ging das alles den Bürger, den Arbeiter, den
Kommis, den Beamten, das Ladenmädel, die Tausende und Abertausende
an? Das, was sich in den oberen Kunstregionen begab, war Sache der
reichen, feinen Leute; außerdem waren dafür Spezialinstitute da: die
Museen. Gewiß, man ging auch mal ins Museum, und es konnte einem da
auch manches Bild gefallen, aber eigentlich war das doch nur für die, die
sich darauf verstanden. Zu Hause über dem Vertikow hatte man auch
ein Bild, es war bei der Einrichtung mitgekauft worden. Da war dar-
gestellt eine Burgruine am Rhein oder ein von den Hunden gehetzter
172
(Gen. v. Hans Goltz, München)
H. M. Davringhausen: Sonntagmorgen
Auf dem Olymp des
Dachateliers kam eines
Tages die Malei' die
Sehnsucht an nach der
Alltagswelt da unten.
War man nicht wie
abgeschnitten vom Le-
ben? Man stand unter
einer Blockade, die ge-
legentlich nur durch-
brochen wurde von
einem Mann mit Horn-
brille und Kunstwissen-
schaft. Aber von der
Kunstwissenschaft
kann die Malerei nur
flach, nicht fett wer-
den. Die Auszehrung
war schon bedenklich geworden; die Malerei nährte sich fast nur noch
von der substanzlosen Abstraktion der Atelierprobleme. Vielleicht, wenn
man einmal alle Theorie in den Mülleimer schmiß und mit eigenen Augen
zu sehen versuchte, was die Leute unten, ganz unten vom Maler eigent-
lich wollten?!
Die wollten, wie sich herausstellte, von der ganzen Kunst, wie sie auf
dem Olymp zu Hause war, im Grunde überhaupt nichts. 01) Schulte, ob
Sturm, das war so gleichgültig, wenn man überhaupt etwas von Schulte
oder vom Sturm wußte. Was ging das alles den Bürger, den Arbeiter, den
Kommis, den Beamten, das Ladenmädel, die Tausende und Abertausende
an? Das, was sich in den oberen Kunstregionen begab, war Sache der
reichen, feinen Leute; außerdem waren dafür Spezialinstitute da: die
Museen. Gewiß, man ging auch mal ins Museum, und es konnte einem da
auch manches Bild gefallen, aber eigentlich war das doch nur für die, die
sich darauf verstanden. Zu Hause über dem Vertikow hatte man auch
ein Bild, es war bei der Einrichtung mitgekauft worden. Da war dar-
gestellt eine Burgruine am Rhein oder ein von den Hunden gehetzter
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