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Hans Poelzig: Entwurf zu einem Bürohaus in Chemnitz


POELZIG
Für die architektonische Reformbewegung in Deutschland, die um die
Jahrhundertwende einsetzte, war die Parole: Sachlichkeit. Man wollte
statt gekünstelter Kunstform, zu der der Historizismus des 19. Jahr-
hunderts geführt hatte, Vernunft. Das Haus sollte nicht mehr in dem bis-
herigen Sinne „Architektur“ sein, worunter gemeinhin „Fassaden-
architektur“ gemeint war, man wollte einfach, zweckmäßig, vernünftig
bauen. Gesichtspunkt war der: alles vermeiden, was nicht logisch und
nützlich, bequem und brauchbar, gediegen und materialgerecht wäre. Bei
der Aufteilung des Geländes sollten ausschlaggebend sein Licht-, Luft-
uncl Verkehrsverhältnisse. Im Innern ging man aus vom Wohn- und Ge-
brauchszweck, der so klug und zweckmäßig wie möglich organisiert
werden sollte. Der Bau selbst, im Innern wie im Äußern, sollte im Grunde
nur die Umkleidung dieses organisierten Wohnbetriebs sein. Man sprach
weniger von Form als von Ethik. Es war — zunächst wenigstens — eine
Sache des Anstands, so zu wohnen und so zu bauen, eine Sache der an-
ständigen Gesinnung. Gewissermaßen eine Art architektonischer Hygiene.
Das Baugewerbe war von der Pest der Stilarchitektur befallen worden,

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