Im Jahre 1913 war es wohl, da tauchte in einer Kollektivausstellung
bei Gurlitt ein junger, damals gerade 25jähriger Maler auf, der von der
Breslauer Akademie herkam, von der Akademie her ein großes mate-
rielles Können, erstaunliche technische Fertigkeiten mitbrachte, zugleich
aber auch, im Atelierjargon zu reden, einen „Schmiß“ an sich hatte, der
wie Temperament erscheinen mußte. Einige Zeit darauf wurde dieser
Jaeckel auch von Neumann entdeckt, ausgestellt, verlegt, und da die Ber-
liner Sezession, die sich als sogenannte Corinth-Gruppe neu konstituiert
hatte und deren Geschäftsführer Neumann damals war, schon um ihrer
Existenz den Anschein der Berechtigung zu geben, nach irgendwie
neuem Talent auslugen mußte, fand sich sozusagen als Glücksfall für die
Gruppe, für die, wie man weiß, sogar bescheidenes Talent eine Rarität
war und — geblieben ist, Jaeckel, der, fast ebenso produktiv wie Corinth,
zum Mittelpunkt ihrer Ausstellungen gemacht wurde. Aus der gesell-
schaftlichen Atmosphäre heraus, die die Corinth-Gruppe meisterlich um
ihren Verein zu spannen wußte, kam schließlich für Jaeckel auch noch
der Monumentalauftrag. Bahlsen, der Gründer der Hannoverschen Keks-
fabrik, ließ für einen Kantinenraum seines Unternehmens Jaeckel vier
große Wandbilder malen, ein Auftrag, wie er an Ausmaß, von Hodler ab-
gesehen, in Deutschland nur noch einem der nachimpressionistischen
Maler: Heckel (im Erfurter Museum), zuteil geworden ist. Als endlich 1919
im ersten Revolutionsschreck die Berliner Akademie das Bedürfnis
empfand, etwas Rot aufzulegen, aus allen Lagern Künstler und mit Vor-
liebe natürlich jüngere Künstler heranzuziehen, wurde Jaeckel zum
Akademiemitglied berufen.
Karriere und Erfolg, wie sie den besten Malern aller Zeiten kaum je
zuteil geworden und wie sie, rein menschlich, wohl niemand mehr als
diesem Jaeckel zu vergönnen wären. Jaeckel ist einer der sympathisch-
sten Menschen, die je die Malerei als Metier betrieben haben. Ein liebens-
würdiger, netter, bescheidener Bursch, der gar kein Wesens aus sich zu
machen versteht, den sogar der Kurfürstendamm-Erfolg nicht aufge-
blasen machte. Etwas Ehrliches, treuherzig Kindhaftes hat er im Charak-
ter, und wenn es an dem Bild dieser Tugend auch einen Fleck gibt, dann
ist es — die Malerei, die er betreibt. Ich muß gestehen, nie habe ich die
Pflicht des Kritikers, die reine Wahrheit zu sagen und gegen Schein-
et
bei Gurlitt ein junger, damals gerade 25jähriger Maler auf, der von der
Breslauer Akademie herkam, von der Akademie her ein großes mate-
rielles Können, erstaunliche technische Fertigkeiten mitbrachte, zugleich
aber auch, im Atelierjargon zu reden, einen „Schmiß“ an sich hatte, der
wie Temperament erscheinen mußte. Einige Zeit darauf wurde dieser
Jaeckel auch von Neumann entdeckt, ausgestellt, verlegt, und da die Ber-
liner Sezession, die sich als sogenannte Corinth-Gruppe neu konstituiert
hatte und deren Geschäftsführer Neumann damals war, schon um ihrer
Existenz den Anschein der Berechtigung zu geben, nach irgendwie
neuem Talent auslugen mußte, fand sich sozusagen als Glücksfall für die
Gruppe, für die, wie man weiß, sogar bescheidenes Talent eine Rarität
war und — geblieben ist, Jaeckel, der, fast ebenso produktiv wie Corinth,
zum Mittelpunkt ihrer Ausstellungen gemacht wurde. Aus der gesell-
schaftlichen Atmosphäre heraus, die die Corinth-Gruppe meisterlich um
ihren Verein zu spannen wußte, kam schließlich für Jaeckel auch noch
der Monumentalauftrag. Bahlsen, der Gründer der Hannoverschen Keks-
fabrik, ließ für einen Kantinenraum seines Unternehmens Jaeckel vier
große Wandbilder malen, ein Auftrag, wie er an Ausmaß, von Hodler ab-
gesehen, in Deutschland nur noch einem der nachimpressionistischen
Maler: Heckel (im Erfurter Museum), zuteil geworden ist. Als endlich 1919
im ersten Revolutionsschreck die Berliner Akademie das Bedürfnis
empfand, etwas Rot aufzulegen, aus allen Lagern Künstler und mit Vor-
liebe natürlich jüngere Künstler heranzuziehen, wurde Jaeckel zum
Akademiemitglied berufen.
Karriere und Erfolg, wie sie den besten Malern aller Zeiten kaum je
zuteil geworden und wie sie, rein menschlich, wohl niemand mehr als
diesem Jaeckel zu vergönnen wären. Jaeckel ist einer der sympathisch-
sten Menschen, die je die Malerei als Metier betrieben haben. Ein liebens-
würdiger, netter, bescheidener Bursch, der gar kein Wesens aus sich zu
machen versteht, den sogar der Kurfürstendamm-Erfolg nicht aufge-
blasen machte. Etwas Ehrliches, treuherzig Kindhaftes hat er im Charak-
ter, und wenn es an dem Bild dieser Tugend auch einen Fleck gibt, dann
ist es — die Malerei, die er betreibt. Ich muß gestehen, nie habe ich die
Pflicht des Kritikers, die reine Wahrheit zu sagen und gegen Schein-
et