Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 8.1895

DOI article:
Firmenich-Richartz, Eduard: Wilhelm von Herle und Hermann Wynrich von Wesel, [1]: Eine Studie zur Geschichte der altkölnischen Malerschule (mit Tafeln III u. IV)
DOI article:
Keppler, Paul Wilhelm von: Gedanken über die moderne Malerei, [3]: Neue Folge
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.4345#0078

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
109

1895. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

110

mal bedeutende Summen zu ähnlichem Zwecke
verausgabt habe. Seit dem Jahr 1370—1381
sind in dem Ausgabebuch der Mittwochs-Rent-
kammer sämmtliche Zahlungen der Stadt re-
gistrirt. Es finden sich hier noch mehrere
gröfsere und kleinere Posten für Malereien18)
jedoch keine weiteren mehr zur Ausschmückung
des Rathhauses.

Wir sind also durchaus dazu befugt die
Prophetenköpfe und die Figur Karl IV. aus
dem Hansesaal für die Ueberreste jener 1370
vollendeten und bezahlten Malereien des Rath-
hauses anzusehen. Mit dieser Annahme ist aber
noch nicht erwiesen, dafs diese Bildreste nun
auch vom Meister Wilhelm herrühren.

Die Bezeichnung „pictor" kann sich ebenso
gut auch auf die Maler Tilman Eckart und
Christian Empgin beziehen, die wir wenigstens
in untergeordneten Arbeiten neben Meister
Wilhelm ebenfalls im Auftrage der Stadt thätig
linden.

Immerhin mufs bei den fraglichen Wand-
gemälden die Möglichkeit der Urheberschaft
des Wilhelm von Heile eingeräumt werden.
Für diese Hypothese liefse sich aufser der be-
vorzugten Stellung unseres Meisters, der in
demselben Jahr auch das neue Eidbuch mit
Miniaturen schmückte, noch der schon berührte

,8) U. a. finden sich die Eintragungen:

1373 August 31. Item pictori pro pictura domus
carnium et ad sanctum Cunibertum pro scutellis ad
candelas 141 mr. Das ehemalige Gewandhaus war
im XIV. Jahrh. zur Fleischhalle umgebaut worden.
. . . vur deine geivanthuse, dat nu ein ßeischhus is.
(Col. Jahrb. XIII, 72.)

1374 Januar 25. Item pictori ad pingendum novam
hallam (neue Tuchhalle) 152 mr. Ennen deutet die
Bezeichnung „pictor" auf den Stadtmaler und legt ein
solches Amt willkürlich dem Wilhelm von Herle bei.

Umstand anführen, dafs sich Wilhelm von
Herle gemäfs den Aufzeichnungen der Schreins-
bücher gerade in jener Zeit 1370—1372 im
Besitz gröfserer Geldsummen befand. Auch der
Lobspruch des Limburger Chronisten geraume
Zeit nach dem Tode des Malers fände durch
solche imposanten Monumentalmalereien die
einfachste Erklärung. Wir begnügen uns mit
der sicher verbürgten Thatsache, in den Male-
reien aus dem sogenannten Hansesaal die Bruch-
stücke einer glänzenden Schöpfung aus jener
Zeit zu besitzen, als die Kunst des Wilhelm
von Herle in reifster Blüthe stand. Wenn uns
auch kein gesichertes Werk von der Hand des
Meister Wilhelm mehr vor Augen steht, so
bieten diese Fragmente die Möglichkeit eines
Rückschlusses auf den Stil seiner gepriesenen
Gemälde.

Die feingeschnittenen Männerköpfe, welche
uns von der ausgedehnten Dekoration des
Rathssaales erhalten blieben, zeigen aber noch
den überkommenen Typus in reifster Aus-
bildung. Eine strengstilisii te Zeichnung begrenzt
alle Formen; die Nasen sind schmal, die Lippen
wulstig gebildet. Dunkele in die Augenwinkel
gestellte Pupillen sollen dem Antlitz Lebhaftig-
keit verleihen. Die innere Beseelung und ein
intimes Gefühlsleben, wie es die vorzüglichsten
Tafelbilder des Clarenaltares und verwandte
Gemälde auszeichnet, fehlt hier noch durchaus.
Eine ganze Reihe von Jahren trennt den Ur-
heber dieser Malereien von den Errungen-
schaften des neuen Stils. Er gehört offenbar
noch einer älteren Generation an; seine Ar-
beiten repräsentiren die Höhe der Leistungs-
kraft kölnischer Kunst vor dem Hervortreten
des bahnbrechenden Meisters. (Forts, folgt.) IzQj

Bonn. Eduard Firmenich-R ichartz.

Gedanken über die

Neue F
III. (SchUifs.)

ie religiöse Malerei — wie mag
es dieser edlen Jungfrau ergehen
in den modernen Ausstellungen, in
dieser seltsam gemischten Gesell-
schaft von Erd- und Feldarbeitern in farben-
verbrämtem Malerkittel, von blöden Bauern
und wilden Sozialdemokraten, von rasenden
Bacchanten und entsprungenen Tollhäuslern,

moderne Malerei.

'olge.

von Centauren und Nixen, von ausgeschämten
Vertreterinnen der Halbwelt?

Liefse man sie wenigstens draufsen aus
diesen Kunsttempeln! Aber sie wird herein-
gezerrt mit Gewalt. Und besonders der neuer-
dings erwachte heifse Drang nach überirdischen
und übersinnlichen Genüssen und Effekten
nöthigt sie, sich zu zeigen und ihren Schleier
zu lüften. Viele Augen und viele Pinsel
 
Annotationen