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Zeitschrift für christliche Kunst — 8.1895

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Schlie, Friedrich: Alterthümer aus Kirche und Kloster des hl. Kreuzes zu Rostock, [1]: Drei Altarschreine. Sakramentshäuschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4345#0115

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Abhandlungen.

Alterthümer aus Kirche und Kloster

des hl. Kreuzes zu Rostock.

I.

Drei Altarschreine. Sakraments-
häus chen.

Mit 3 Abbildungen.

| erhältnifsmäfsig am wenig-
sten von Neuerungen be-
rührt ist die Kirche des
hl. Kreuzes zu Rostock.
Eine Menge hochinter-
essanter Alterthümer
sind in ihr und dem
anstofsenden zugehöri-
gen ehemaligen Cister-
cienser-Nonnenkloster erhalten geblieben und
erregen das Erstaunen der Freunde und Kenner
mittelalterlicher Kunst, die dergleichen hier nicht
mehr erwarten. Zwar macht die schöne alte Kirche
zur Zeit den Eindruck entsetzlicher Verwahr-
losung. Dem Gottesdienst entzogen, mufs sie von
Zeit zu Zeit ihre würdigen alten Räume zu pro-
fanen Kunstausstellungen unserer Tage hergeben,
die in der Regel tief unter dem Niveau unserer
grofsstädtischen deutschen Ausstellungen bleiben.
Sie ist zu diesem Zwecke im Langhause mit einem
Bretterfufsboden bedeckt und von Scherwänden
durchzogen, die mit Leinwand überspannt sind.
Freilich hat diese nichts weniger als schöne
Einrichtung das Gute gehabt, dafs die zahlreichen
Grabsteine des XIII., XIV. und XV. Jahrh.,
womit der Fufsboden belegt ist und die ein
ganzes Archiv werthvollster Dokumente zur
Stadt-Kirchen- und Familiengeschichte Rostocks
enthalten, geschont werden. Aber einen über-
aus traurigen Eindruck macht dennoch die Ge-
ringschätzung und Vernachlässigung alles Uebri-
gen. Wenn wir uns im Interesse der Sache so
und nicht anders ausdrücken, so wollen wir
damit freilich durchaus keinen Vorwurf gegen
diejenigen erheben, welche augenblicklich die
Verwaltung in Händen haben. Ganz im Gegen-
teil. Die Herren haben Verständnifs genug
für diese beklagenswerthen Zustände, schonen

und erhalten alles, was übrig geblieben ist,
auf's Beste und sind bemüht, zu helfen und zu
bessern, wie und wo sie können. Indessen
sind bedeutende Mittel erforderlich, um die
Kirche mit ihren kostbaren Alterthümern wieder
würdig herzustellen, und da mag noch viel
Wasser den Berg hinunterfiiefsen, ehe eine Er-
neuerung erfolgt. Vielleicht schadet es auch
gar nicht, wenn damit noch gewartet wird. Das
Verständnifs bei der Wiederherstellung alter
Kunstwerke hat unterdefs ja Zeit zu wachsen.
Wie nöthig es aber im Allgemeinen ist, dafs
es wachse, das wird man aller Orten alle Tage
an Restaurationen gewahr, die diesen Namen
nicht verdienen, sondern lieber Schlimmbesse-
rungen geheifsen werden sollten.

Die Kirche ist ein prächtiger alter Back-
steinbau von 44,6 m Länge, deren 1G,10 m
langer hoher Chor, sich als einschiffiger Raum
darstellt, der im Osten mit fünf Seiten aus
dem Zwölfeck geschlossen ist. Das 27,6 m lange
Gemeindehaus ist ein dreischiffiger Hallenraum
mit breitem, etwas höherem Mittelschiff und
zwei sehr schmalen Seitenschiffen, in deren
Ausführung manche Anklänge an westfälische
Hallenkirchen auffallen.

Nicht blofs diese Anlage des Ganzen er-
innert an die geschichtlich bekannte Herkunft
unserer deutschen Kolonisten in Mecklenburg,
sondern auch die kräftige Detailbehandlung
aller Theile, z. B. die einfache Profilirung der
Wandpfeiler, Fenster- und Portal-Laibungen,
Nischen, Gewölbegurte und -Rippen, worin
man, wie vielfach in Westfalen, bewufst oder
unbewufst, den Einwirkungen des altern roma-
nischen Stiles folgte, obgleich der Bau der
Kirche und des Klosters in das Ende des
XIII. und den Anfang des XIV. Jahrh. fällt.
Im Uebrigen ist die Kirche trotz starker Schiefe
der Längenachse mit einer in die Augen fallen-
den gewissen Gleichmäfsigkeit ausgebaut und
mit jener Knappheit und Vermeidung reicheren
Schmuckes behandelt, welche die Ordensregeln
der Cistercienser erforderten.

Das Kloster wurde 1270 von der Königin
Margarethe von Dänemark gestiftet. An die




 
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