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Zeitschrift für christliche Kunst — 8.1895

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Beissel, Stephan: Das Reliquiar des hl. Oswald im Domschatz zu Hildesheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.4345#0201

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307

1895.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

308

Das Reliquiar des hl. Oswald im Domschatz zu Hildesheim.

Mit Abbildung.

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I. Beschreibung.

ie hier abgebildete, 44 cm hohe Re-
liquienbüste besteht aus vier Thei-
len: einem achteckigen Unterbau,
einem kuppeiförmigen Abschlufs,
einem in Silber getriebenen Haupt und einer
kostbaren Krone.

Der Unterbau beginnt und schliefst mit
einem vorstehenden, aus Platte und Schräge
bestehenden Glied, jede seiner acht Seiten ist
unten 12, am Kern aber 8,5 cm breit. Die untere
Schräge trägt Theile der in gothischen Buch-
staben gravirten Verse 4 und 6 des 20. Psalmes:
posuisti | domine \ super ca | pul e(j)us \ coro-
nam \ de lapide \ presioso \ magna est g(loria)
e(jus). Nun folgen acht sitzende Königsbilder,
die abwechselnd a) in Vergoldung vom silbernen
emaillirten Grunde sich abheben, oder b) silbern
blieben, aber schwarze Konturen und unge-
musterten Goldgrund haben: la. S. OSWALD'
2b. SCS AEDWARD' 3a. SCS. ELFRED'
4b. AEDELWOLD' 5a. S CANVT 6b. S.
AEDELBERT' 7 a. S EDMVNDVS 8b. SIGE-
MVNDVS. Alle E und G sind rund, A ist
oben geschwänzt, AE sind contrahirt in 2 und 6,
ebenso AR in 2. W besteht aus zwei in ein-
andergeschobenen V. M und N sind eckig.
Sanctus ist theils nur zu S, theils zu SCS ab-
gekürzt, in 4 und 8 fehlt es. Punkte finden
sich nur in 1 und 3. Das VS am Schlufs ist
nur in 7 und 8 ausgeschrieben, bei den übrigen
Bildern durch eine Schleife ersetzt. Nur 1 und 6
haben einen Nimbus; alle Könige aber tragen
Krone, Scepter und Reichsapfel. Auf die obere
Platte sind zwei über 1 beginnende und schlie-
fsende Verse gravirt:

REX ■ P IVS ■ OSWA [ LDUS • SE • SE • | DE-
D1T • ET ■ SV | A • XPO (Christo).

LICT j ORI • Q(ue) • CAPVT . ; QVOD • I(n)
AVR ; O • CONDITV(r) • ; IVS(islo.)

Die Inschrift steht auf einem fortlaufenden,
um die Ecken gebogenem Bande. Nur OR in
Lictorique sind contrahirt. Die Form der Buch-
staben ist im Allgemeinen dieselbe wie bei den
Königsnamen, aber breiter gravirt. Punkte
stehen zwischen den einzelnen Wörtern. Kratz,
»Der Dom zu Hildesheim«, Hildesheim, Gersten-
berg, 1840, II, 147 übersetzt die Verse also:

„König Oswald, der Fromme, gab sich und das

Seinige Christus,
Bog dem Henker sein Haupt, das hier ist im
Golde verborgen."

Der kuppeiförmige Abschlufs des
Unterbaues beginnt mit acht halbkreisförmigen
Nischen, deren Grund mit kleinen gravirten
Platten gefüllt ist, worin der Künstler a) die
vier Evangelisten in Silber auf Goldgrund (9,
11, 13, 15) und b) die Personifikationen der
Paradiesesflusse in Gold auf silbernem Grund
(10, 12, 14, 16] dargestellt hat. Dann bilden
acht kegelförmige, abwechselnd mit rauten-
förmigen oder schuppenartigen Verzierungen
versehene Gewölbetheile eine Art Kuppel.

Ein vergoldeter Kopf bildet den Schlufs
des Reliquiars. Die silbernen Augen haben als
Pupillen dunkelblaue Edelsteine. Seine Krone
besteht aus acht trapezförmigen Platten. Die
1., 3., 5. und 7. Platte trägt in der Mitte einen
grossen Edelstein, der von kleinern Steinen und
Perlen umgeben ist, die 1. Platte hat 9 Edel-
steine und 4 Perlen, die 3. und 7. je 11 Edel-
steine, die 5. dagegen 10 Edelsteine und 1 Perle.
Geschnitten sind im Ganzen 6 Steine, die schönste
Kamee ziert die Mitte der 1. Platte und ist auf
unserer Abbildung erkennbar. Wichtiger sind
die 2., 6. und 8. Platte; denn in jede derselben
stehen im Rande 16 Perlen und Edelsteine, im
Innern aber waren 4 kostbare viereckige Plätt-
chen mit Zellenemail angebracht, zwischen denen
in kreuzförmiger Anordnung 5 weitere Perlen
und Edelsteine befestigt sind. Leider sind zwei
Emailstücke verloren und durch rohe Nach-
ahmungen ersetzt. In der 2. und 8. Platte sind
die Emailstücke besser als in der 6. Die ganze
4. Platte ist später in Nachahmung der 2., 6.
und 8. gefertigt. Technisch ist sie so behandelt,
wie die vier kleeblattförmigen Aufsätze der
Krone, worin je 5 Perlen und Edelsteine einen
gröfseren Stein umgeben. In allen Platten ist
der Grund mit kleinen, an Würmchen erinnern-
den Filigranstückchen verziert. Doch ist das
Filigran in den mit Steinen ausgestatteten Platten
1, 3, 5 und 7 gröber. Die Krone ist 48 mm
hoch. Die Breite der Phtten wechselt. Sie be-
trägt bei der

1. 2. 3. 5. 6. 7. 8. Platte
oben 45 46 36 | 35 45 36 46 mm
unten 30 57 26 ; 25 52 26 57 mm
 
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