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Zeitschrift für christliche Kunst — 8.1895

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Beissel, Stephan: Spätgothische Skulpturen und Malereien zu Lendersdorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.4345#0136

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203

1895.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

204

Spätgothische Skulpturen und Malereien zu Lendersdorf.

Mit 3 Abbildungen.

er spätgothische, dem Beginn des

XVI. Jahrh. angehörende Hochaltar

von Lendersdorf bei Düren mufste

vor etwa hundert Jahren einem

Aufsatz weichen, wurde aber in der

neuen

neben dem Thurm befindlichen Hubertuskapelle
aufgestellt. In den vierziger Jahren stürzte ein
Theil der Thurmmauer ein und zertrümmerte
den Altar. Die nicht ganz zerschmetterten Fi-
guren, Gruppen und Tafelgemälde wurden auf
den Speicher verbannt.
Pfarrer Teller sandte
im Jahre 1882 zwei
Gruppen nach Aachen,
wo Herr Graf die alten
Farbreste und den
Kreidegrund entfernte
und durch den Bild-
hauer Lorenz Opree
die fehlenden Theile
ergänzen liefs. Das
Ganze wurde mit neu-
em Kreidegrund über-
zogen, geschliffen, mit
Bolus bearbeitet, ver-
goldet, polirt und hie
und da mit Lasurfarben
genau so übermalt, wie
es ehedem gewesen
war. Ein Gutachten
des Pfarrers J. Schulz
zu Aachen trat ent-
schieden für die Re-
stauration der übrigen
Theile ein. Seine Vor-
schläge wurden angenommen. Der eben ge-
nannte Lendersdorfer Pfarrer war verstorben,
aber sein am 28. Januar 1887 ernannter Nach-
folger, Herr J. G. Steven, setzte alle Mittel in
Bewegung und erreichte, dafs jene Reste zu
zwei Seitenaltären zusammengestellt wurden.
Zum einen liefs er die vorhandenen Skulpturen,
zum andern die Flügelbilder verwenden.

Der erste Aufsatz hat in der Mitte ein
Tabernakel und eine Nische, worin die schöne,
etwa 85 cm hohe Figur des Erzengels Michael
gestellt wurde. Auf jede Seite kamen neben
das Tabernakel zwei Gruppen, über letztern,
neben jener Figur, je eine Gruppe. Als Krö-

Abb. 1.

nung des Werkes dienten drei alte Figuren.
Oben thront auf einem Sockel der Welten-
richter, neben ihn knieen etwas tiefer Maria
und Johannes der Täufer. Offenbar gehörten
von Anfang an die vier genannten Figuren und
die beiden neben dem Tabernakel unterge-
brachten Gruppen des Einzuges der Seligen in
den Himmel und der Verdammung der Bösen
in einen und denselben Schrein. Ob die übrigen
vier Gruppen und die Malereien ursprünglich Be-
standteile desselben
Flügelaltars waren oder
einen eigenen Aufsatz
bildeten, ist jetzt nicht
mehr mit Sicherheit zu
entscheiden. Da aber
alle alten Theile der-
selben Zeit und der-
selben Schule zuzu-
weisen sind, dürfte eine
bejahende Antwort die
richtigere sein.

Wohl erinnert jene
Gruppe der Seligen an
das dem Meister Ste-
phan zugeschriebene
jüngste Gericht des
Kölner Museums, aber
alles ist in ihr, den
Anforderungen einer
Skulptur entsprechend,
einfacher und packen-
der geworden. Unten,
am Fufse einer Treppe,

DieAbwd.ungJo.chim.. habgn ^ unbekle;_

dete Personen in ihrem Grabe sich erhoben,
oder es bereits verlassen. Zwei weitere steigen
die Treppe hinan. Eine achte ist oben an-
gelangt. Dort steht der hl. Petrus und reicht
jedem Kommenden ein Gewand; ein Engel aber
hilft es anlegen. Eine neunte Person ist be-
reits bekleidet und wird vom Himmelspförtner
in's Paradies eingelassen. Die entsprechende
Skulptur der linken Seite hat nur eine Er-
stehende. Dagegen werden fünf Erstandene
trotz energischer Gegenwehr mit Ketten ge-
fesselt und von drei Teufeln in die Hölle ge-
zerrt. Die Teufelsgestalten sind vergoldet und
dann mit grün-brauner Farbe lasirt. Im Hinter-
 
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