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Zeitschrift für christliche Kunst — 8.1895

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Prill, Joseph: Ein neuer Leuchter für die Osterkerze
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https://doi.org/10.11588/diglit.4345#0184

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i283

I8!»5. —ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. H.

284

Ein neuer Leuchter für die Osterkerze

Mit Abbildung.

ei den vielen anerkennenswerthen
und erfolgreichen Bestrebungen,
nicht nur die Gotteshäuser selbst,
sondern auch das zum Gottesdienst

erforderliche grofse und kleine Geräthe seinem
hohen Zwecke entsprechend schön und kunst-
voll zu gestalten, sind doch einzelne in der
Kirche zu verwendende Gegenstände ganz oder
fast ganz unberücksichtigt geblieben. Vor allem
müssen wir unter letztere den Leuchter für
die Osterkerze, den sogenannten Osterleuchter,
rechnen. Tritt man in der Osterzeit in die
Pfarrkirchen, so findet man häufig genug statt
des Osterleuchters ein Gestell, das man kaum
an der Tumba würde aufstellen dürfen, in an-
deren Fällen ist es wenigstens ein Leuchter,
wenn er sich auch in nichts vor anderen Leuch-
tern auszeichnet. Um so auffallender ist diese
Vernachlässigung des Osterleuchters, wenn sich
auf demselben Chore am Eingang grofse Kan-
delaber breit machen, die nur den Zweck haben,
da zu stehen. Während die Leuchter auf dem
Altare nicht selten eine Höhe erreichen, welche
das Kerzenlicht dem Auge des celebrirenden
Priesters völlig entrückt, ist der Osterleuchter
für den Celebrans unsichtbar, weil er zu klein
ist, und kaum guckt die Flamme der Oster-
kerze über den Altartisch hinüber. Das ist
keine würdige Behandlung der Osterkerze.

Die Osterkerze soll doch den nach Leiden
und Tod siegreich wieder auferstandenen Heiland
versinnbilden. Darum wird im Praeconium
paschale so vielfach und in so ungemein poeti-
schen Wendungen ihr Lob gesungen, darum
werden ihr fünf Weihrauchkörner als Bild der
Wundmale eingefügt, darum von ihrem Lichte
alle anderen Lichter in der Kirche angezündet,
darum hat sie ihren Platz an der Ehrenseite
des Altars vom Auferstehungstag bis zum Feste
der Himmelfahrt, wo sie nach Verlesung des
Berichtes über den Abschied Jesu von der
Erde ausgelöscht wird. Sie wird verglichen
mit der Feuersäule, die den Israeliten aus
Aegyptens Knechtschaft Führer und Retter war,
sie wird selbst eine Säule genannt: tarn cohtmnae
liuius pracconia novimus.

An der Bedeutung und Wichtigkeit der
Kerze selbst nimmt aber auch der Ständer
für dieselbe, gewissermafsen die Verlängerung

derselben, theil, und darum verlangt auch er
eine entsprechende Grofse und künstlerische
Ausstattung. Der Umstand, dafs er nur den
achten Theil des Jahres gebraucht wird, min-
dert seine Bedeutung nicht und darf nicht zur
Vernachlässigung eines so sinnvollen Gegen-
standes führen.

Der kirchlichen Vorschrift gemäfs soll der
Osterleuchter an der Evangelienseite des Altars
und zwar auf dem Boden stehen; es ist nicht
gestattet, die Osterkerze auf einen aus der
Wand hervorragenden Arm zu stellen.

Manche werthvolle Osterleuchter haben
uns die vergangenen Jahrhunderte hinterlassen.
Berühmt ist der grofse romanische, aus weifsem
Marmor gefertigte, mit Bildwerk rings bedeckte
Leuchter der St. Paulskirche bei Rom, eine
wirkliche columna. Eine schöne weifse Marmor-
säule mit reichen Mosaikeinlagen steht in
S. Clemente, andere in S. Maria in Cosmedin
u. s. w. Sie stehen fest an ihrem Platz und
bleiben das ganze Jahr. Schmiedeeiserne, zum
Theil einfache, zum Theil reiche sind in den
nördlichen Ländern noch vorhanden, ein
grofser Renaissanceleuchter von Holz mit präch-
tigen Schnitzereien steht in S. Maria in Organo
zu Verona, ein gothischer, geistvoll erdachter
in der Kirche zu Le'au in Belgien. Dafs auch
das für Leuchter so hervorragend geeignete
Metall, Bronze und Messing, zur Herstellung
von Osterleuchtern gedient hat, darf wohl kaum
bezweifelt werden. An fast allen noch vor-
handenen Osterleuchtern aber finden wir in
irgend einer Weise einen Hinweis auf das Lei-
den und den Sieg des Erlösers oder auf Christus
als das Licht der Welt.

Aus diesen Anschauungen heraus ist im
verflossenen Jahre für die Marienkirche in Bonn
ein schmiedeeiserner Osterleuchter hergestellt
worden, von dem die nebenstehende Zeichnung
ein wenn auch unvollkommenes, so doch immer-
hin hinreichend deutliches Bild gibt.

Dem Leuchter durfte eine bedeutende Grofse
gegeben werden. Der Hauptaltar der Marien-
kirche, ein Flügelaltar, hat ohne die Fialen-
aufsätze eine Höhe von etwa bl/„ in, \lj„ m
davon kommen auf die Stufen und den Tisch,
1 m auf Leuchterbank und Predella. Die Pre-
della enthält auf jeder Seite des Altars je drei
 
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