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Zeitschrift für christliche Kunst — 8.1895

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Stummel, Friedrich: Ueber alte und neue Mosaiktechnik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4345#0140

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1895. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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gewöhnlich trotz aller übrigen Sorgfalt anrichtet,
wird später erwähnt werden.

Wenn es ein arger Vandalismus war und
ein beklagenswertherVerlust, eines grofsenTheils
der alten Mosaiken sich zu berauben, so war
es andererseits eine interessante Gelegenheit,
die Art der Alten in der Ausführung der Mosaik
bis auf den Grund genau kennen zu lernen.

Es fanden sich die rohen Ziegelwände mit
dem Spitzhammer angehauen und über der
gerauhten Fläche war ein Mörtel von 5 cm
Stärke aufgetragen. Dieser ergab in der Unter-
suchung als Bestandtheile Calce di cogolo-
ciottolo del Piave und Caolino, aufserdem
kleine Stücke Glas und klein geschnittenes
gelbes Stroh. Die Oberfläche war mit dem
Reibbrett sehr gerade abgerieben und zeigte
die Gegenstände und Figuren der Mosaik mit
dem Pinsel in einer rothbraunen Farbe wie
gebrannte Terra di Siena aufgemalt. Auf solch'
einer sorgfältig ausgeführten Unterlage begann
der Mosaizist, wahrscheinlich nach einer kleinen
farbigen Skizze, die Ausführung auf der Wand
folgendermafsen: Er hatte auf dem Gerüst seine
Smalten, denMeifsel im Block und den Hammer,
um die einzelnen schon vorbereiteten Würfel
in die genauere Form zu schlagen, wie die
Zeichnung es erheischte. Der erforderliche
Mörtel war aus dem oben genannten Material
zusammengesetzt, aber ohne Glas- und Stroh-
beimengung und wurde von dem Mosaizisten
jeden Tag in einem kleinen Theil der Zeichnung
z. B. auf einer Stirn innerhalb der Grenzen des
Haares und der Augenbrauen aufgetragen, in
der Stärke von \x\2 cm bis 2 cm. Nachdem auf
diesem so bereiteten kleinen Stücke frischen
Mörtels der Gang der Fugenführung leicht ein-
gedrückt war, begann der Mosaizist die ver-
schiedenen Farbenstifte seiner Smaltenskala ein-
zusetzen. DieGröfse der einzelnen Smaltenwürfel
mafs auf der Oberfläche bei den unteren Wand-
theilen in den Köpfen 2 qmm. In den höher
gelegenen Theilen der Wand und bei den
gröfseren Figuren waren auch die Würfel um
das doppelte gröfser. Die Tiefe der Stifte, mit
der sie theilweise im Mörtel haften, war nicht
mehr wie 3 mm in den Fleischtheilen und
4 mm in den Gewändern. Nur allein die
äufseren Konturen, theils schwarz, theils roth,
waren bedeutend tiefer nämlich G mm und
gaben so bei der Arbeit den Halt für die kleine
Fläche, die man täglich vollendete.

In Bezug auf das Material der alten Arbeiten
ist zu bemerken, dafs die alte Smalte sich von
der heutigen glasartig-glänzenden vortheilhaft
unterscheidet durch eine mehr matte Ober-
fläche. Die Mosaiken waren mit wenigen
Farben und einer beschränkten Zahl von Schat-
tirungen ausgeführt und manche Töne aus
Marmor hinzugenommen und mit der Smalte
abwechselnd gebraucht. Die Köpfe bestanden
mit allen Abschattirungen im Lichte aus Marmor
und waren aus Bianco Cogolo hergestellt, einem
Creme-weifs, und gingen über in ein feines
Rosa. Den Schatten des Fleischtons bildete man
aus Smalte von sehr kühler Nuance und es
wurden nur drei Abschattirungen dazu verwendet.
An den äufseren schwarzen Kontur reihte sich
ein kaffeebrauner Ton, auf welchen dann zwei
Reihen eines dunkleren und helleren grau-
grünen Schattentons folgten. Dort, wo der
Uebergang in den marmornen Fleischton be-
gann, waren die Würfel des letzten Smaltetons
abwechselnd gesetzt mit dem Fleischtone des
Marmors und so durch diese wechselnde Rei-
hung ein feiner Uebergang zwischen den zwei
Tönen erzielt.

Die Gewänder waren nur aus fünf Farben
zusammengesetzt: weifs, blau, grün, roth und
violett und eine jede dieser Farben in ver-
schiedenen Abschattirungen. Aufserdem führte
man Gewänder aus, deren Lichter aus Gold-
smalten und deren Schatten aus den angeführten
Farben gebildet waren. Sollte ein Gewand als
ganz golden erscheinen, so war aufser den
goldenen Lichtern der Lokalton aus gelbem
Marmor hergestellt und in den Schatten jenes
Kaffeebraun der Smalte gebraucht. Das Terrain
war auf grünem Grunde in drei Abschattirungen
mit vielen Blumen geschmückt und einzelne
Goldlinien erhellten besonders hervorzuhebende
Formen. Der Goldgrund war keineswegs aus-
geführt, wie man ihn heute herstellt. Die
einzelnen Smalteplatten waren aus einem sehr
feinen strohgelben durchsichtigen Glas genom-
men, welches in der Dicke wechselte zwischen
6 bis 8 mm. Das aus dem besten Gold der
Zechinen mit sehr wenig Legirung geschlagene
dünne Goldblättchen war auf das heifse Glas

gelegt und mit einer l/j

starken Glashaut

überzogen. Der gelbe Ton der Glasunterlage
unterstüzte die prächtigeGoldwirkung. — Soweit
Antonio Gobbo über die Mosaiken in Torcello
und über deren Erneuerung.
 
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