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Zeitschrift für christliche Kunst — 8.1895

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Effmann, Wilhelm: Die St. Luciuskirche zu Chur, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4345#0226

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349

1895.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 11.

350

Gottes geweihten Kathedralkirche zugeschrieben
wird, weist darauf hin, dafs er seine Residenz
nach dem Kastell verlegte, welches dann auch
für die Folgezeit, als die beiden Gewalten
wieder getrennt waren, den Bischöfen dauernd
verblieben ist. St. Lucius war damit zu einer
Nebenkirche geworden. Die Priestergenossen-
schaft dortselbst wird sich dann allmählich auf-
gelöst haben, wenigstens erscheint in einer,
allerdings nicht ganz sicheren, Urkunde von
99812) das monaste-
rium b. Valentiniani
prope castra Martiola
im Besitze der Bene-
diktinerabtei Pfäffers.
In der ersten Hälfte
des XII. Jahrb., um
1140, wurde das Klo-
ster von Bischof Kon-
rad den Prämonstra-
tensern übergeben.
Aus dem Ende des
XIII. Jahrh. wird von
einer Kirchenweihe in
Ausdrücken berichtet,
die auf einen bedeu-
tenden Neubau schlie-
fsen lassen. Nos Ema-
nuel . . . episcopus Cre-
monensis . . . consecra-
vimus ecclesiam Rcligio-
soritm virorum Praepo-
siti et capituli s. Litcii
extra muros Curienses
otdinis Praemonstraten-
sis in honorem et me-
moriam ss. Andreae
apostoli, Luch' regis et
confessoria et Emerithae
sororis ejusdem, virginis et martyris ac omnium
Sanctorum, nee non altare infra ecclesiam ipsam
sitam in honorem et memoria?/! gloriosissimae virgi-
nis Mariae et ... so heifst es in der Einweihungs-
urkunde vom 15. Oktober 1295.18) Restau-
rationen erfuhr die Kirche 1639 bis l(i(il und
1717 bis 1725;u) am tiefgreifendsten aber

12) Abgedruckt bei v. Mohr, «Codex diplomaticus
ad historiam Kaeticam, Cur., 1843—1881», I, Nr. 73.

la) Einweihungsurkunde vollständig bei Mayer
a.a.O. Vgl. Beilage Nr. IV, S. 172.

u) Vgl. Rahn im .Anzeiger für Schweizerische
Alterthumskunde, 15. Jahrgang. Zürich 1882, S. 281.

waren die baulichen Eingriffe, die zu Anfang
des gegenwärtigen Jahrhunderts stattfanden.
Die politischen Ereignisse jener Zeit hatten
dem Kloster ein Ende gemacht. Durch den
Frieden von Luneville (1801) seines in Deutsch-
land belegenen Besitzes ohne Entschädigung
beraubt und dadurch im Weiterbestand be-
hindert, wurden Kirche und Kloster dem in
Meran befindlichen Priesterseminar des Bischofs
von Chur und von diesem noch in dem gleichen
Jahre dem Redemp-
toristenorden über-
tragen. Aber schon
im Jahre darauf wur-
den die Redempto-
risten durch die Re-
gierung von Grau-
bünden ausgewiesen.
Diese Ausweisung traf
zusammen mit der von
der bayerischen Re-
gierung, der im Jahre
L805 Tyrol zugefallen
war, verfügten Auf-
hebung des Priester-
seminars in Meran,
das nun sofort in
die frei gewordenen
Räume des Lucius-
klosters verlegt wurde
und dieselben seitdem
nicht wieder verlassen
hat.

Dies in kurz ge-
drängten Zügen die
Geschichte von St. Lu-
cius, soweit sie für den
vorliegenden Zweck in
Betracht kommt.
Durch nichts verräth das Aeufsere der
St. Luciuskirche, wie sie hier unter Fig. 1 in
einer von Südost genommenen Ansicht sich
darstellt, eine Geschichte von so viel Jahr-
hunderten; kaum dafs das Glockenthürmchen
auf dem Westgiebel des Gebäudes und der
Wechsel in der Fensterordnung es vermuthen
lafsen, dafs in den unteren Parthieen sich ein
kirchlicher Raum versteckt. Aber auch das
Innere, wie es in Fig. 2 zur Anschauung ge-
bracht ist, zeigt keine Merkmale mehr eines
hohen Alters. (Schlufs folgt.)

Freiburg, Schw. W. Effmann.

Innere Ansicht der St. Luciuskirche.
 
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