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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

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Heft 6-7
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Witte, Fritz: Die Madonna mit der Ebsenblüte, ihre Echtheit und Herkunft
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0102

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 6/7

unmöglich; irgendwo im Bilde müßte der Verräter auftauchen in einer unge-
wollten Abirrung von des Meisters ausgeprägtem Stil. Ich finde beim besten
Willen keine einzige. Wird man die Wickenblüte überhaupt noch von dem
Namen Konrad von Soest trennen können?

Konrad war der große Maler mit bedeutendem Namen, den die reiche
Hansastadt des Nordens, Lübeck, zu sich rief, der in dem damals bedeu-
tenden Lüneburg arbeitete, der aus dem kölnischen Soest stammte, wo im
XIII. Jahrh. die Malerei in so hoher Blüte gestanden hatte, wo kurz vorher,
um die Mitte des XIV. Jahrh. ein bedeutender Meister das glänzend illu-
strierte Nequambuch geschaffen hat. Über Kölner Meister des beginnen-
den XV. Jahrh. wissen wir sozusagen nichts; nur eine Reihe von Arbeiten
nicht alle hoher Qualität erblühten aus der Schule des Meisters Wilhelm,
Stephan Lochner war im Anzüge. Es steht ja nicht fest, ob Wallraf die
Wickenblüte aus altem kölnischen Besitze erworben hat.

Eines erscheint mir aber gewiß: Der Meister des Veronikabildes in
München, den Firmemch-Richartz seinerzeit den „Meister von St. Laurenz"
taufte13, steht zum mindesten völlig auf den Schultern des Meisters Konrad
von Soest. Das Veronikabild scheint weicher, flüssiger vielleicht, der Kopf-
typ abgerundeter, die Hände nicht mehr so maninert wie bei den sicheren
früheren Arbeiten Konrads. Aber vieles geht doch direkt auf ihn zurück.
Man vergleiche nur einmal die Maske Christi mit den Christusköpfen der
Kreuzigungen Konrads. Es ist der gleiche Typ, nur — ich sage weniger
wahr und lebendig, mehr erstarrt. Die Kopfbildung dagegen ist die gleiche;
vor allem der Bart, der nur sehr dünn auf dem Kinn aufliegt, dagegen
unter dem Kinn packartig gelockt erscheint, ist der Bart der Kruzifixe
Konrads. Der Kölner Typ der Zeit vorher ist länger, schmaler, der Bart
hegt nicht unter, sondern auf dem Kinn. Rein äußerlich stimmen auch über-
ein die Gottheitsstrahlen, die aus der Maske hervorschießen. Sie finden
sich so ja auch auf der Konrad zum mindesten sehr nahestehenden Kreu-
zigung des Wallraf-Museums, auf der Veronika aus dem Bilde heraus das
Schweißtuch uns entgegenhält.

Solche Übereinstimmungen aber gar, wie die Engelgruppen in den Ge-
mälden Konrads sie aufzeigen, mit denen auf den Bildern, die man bislang
dem sogenannten Veronikameister zuschrieb, sind m. E. nur durch einen
sehr innigen persönlichen Zusammenhang mit Konrad zu deuten. Die Ab-
bildungen mögen da allein sprechen (Abb. 3, 5, 6, 8).

Das Veronikabild in München liegt unmittelbar bei Konrad,
bedeutet m. E. die konsequente Fortführung seiner Kunst. Nur nach dejn
Soester Meister, oder als letzter Ausläufer seiner eigenen Kunst ist das
Veronikabild in München zu erklären, keinesfalls also vor der Mitte des
vierten Jahrzehntes des XV. Jahrh. anzusetzen. Ist der Meister ein anderer,
so steht er ganz zweifellos auf Konrads Schultern; das Werk zeigt einen
verfeinerten, nur weniger manirierten Stil.

Auch kompositionell sowie durch Herübernahme einzelner Figuren oder
ganzer Gruppen lehnen sich die Bilder um den Veronikameister an Konrad

13 „Der Meister von St. Laurenz" in Zeitschr. für christl. Kunst. 1910. Sp. 323 ff.
 
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